Das Maedchen und der Magier
„Niemanden."
„Dreizehn." Er sah sie vor sich, jung und hübsch und allein in einer Welt, die Unschuld zerstörte.
„Pflegefamilien", beantwortete sie die Frage in seinem Blick. „Mehr, als ich zählen konnte."
„Haben deine Eltern dich geliebt?" Nur jemand, der eine unglückliche Kindheit kannte, konnte diese Frage stellen.
„Ja", wisperte sie. „Das machte es noch schwerer."
„Wenigstens warst du geliebt worden. Meine Mutter verließ mich. Mein Vater hat ihr nie verziehen."
„Aber du hattest einen Vater. Ich hätte meine Seele verkauft, wenn ich dafür wenigstens einen Elternteil bekommen hätte."
„Ich auch."
„Aber du ..."
„Für meinen Vater bin ich schon verdammt lange unsichtbar."
Jenna fühlte seinen Schmerz wie ihren eigenen. Sie dachte an all die Jahre, in denen er in ihrer Seele gewütet hatte, bis kein Platz mehr für etwas anderes war. Doch jetzt meldeten sich in ihr Instinkte, die verschüttet gewesen waren. Die Sexualität, die Heilkraft eines Triebs, den sie nicht zu benennen wagte, aber stärker denn je verspürte. Dies war der Mann, auf den sie ihr ganzes Leben gewartet hatte, und zusammen mit den Armen öffnete sie ihm auch ihr Herz.
Chase liebte keine großen Gesten, es sei denn, auf der Bühne vor einem bewundernden Publikum. Man hatte ihm gesagt, dass er vollkommen unromantisch war. Dass seine einzig wahre Zauberkunst darin bestand, Menschen vorzugaukeln, er habe ein Herz.
Er hatte nie protestiert. Er wusste, dass er nicht wie andere Männer war, dass er keine tieferen Gefühle besaß.
Doch in diesem Moment wurde ihm klar, dass er sich geirrt hatte. Nur wer ein Herz besaß, konnte den Schmerz empfinden, den er empfand, als er Jenna in die Augen schaute.
„Du verdienst etwas Besseres als das hier", sagte er und kämpfte ge gen den Wunsch, sich in ihren Armen zu verlieren.
„Überlass es mir, das zu beurteilen."
Er wusste nicht, worauf er wartete. Er wusste nicht, ob er richtig oder falsch handelte. Er wusste nur, dass er zu Schwach war, um Jenna wieder gehen zu lassen.
„Nichts ist von Dauer", sagte er und küsste ihren Hals. „Nicht einmal das hier."
Jenna schloss die Augen und genoss die Wärme, die sie plötzlich durchströmte. „Das Risiko gehe ich ein."
Chase zog sie an sich, und sie schlang die Arme um ihn, als er sie durch das dunkle Haus zu ihrem Schlafzimmer trug. Sie legte den Kopf an seine Schulter und atmete den Duft ein, den sie so gut kannte und für den Rest ihres Lebens nicht vergessen würde. Nie wieder würde sie diesen würzigen Geruch wahrnehmen, ohne an diesen Mann und diesen Moment zu denken.
Und wenn dir sonst nichts von ihm bleibt, Jenna?
Ein milder Hauch ihres Parfüms lag in der Luft, als er mit ihr das Schlafzimmer betrat. Eine kleine Lampe warf ihren Schein auf eine Kommode und das Bett. Die Decke war zerwühlt, als hätte Jenna keine Ruhe gefunden. Die Kissen waren gegen das Kopfteil gestopft. All das registrierte Chase, als er Jenna behutsam auf das Bett legte.
Ihr Haar lag wie ein Fächer um ihr anmutiges Gesicht, und die Augen, mit denen sie zu ihm hochsah, waren voller Verlangen. Nach ihm. Ihr Blick ließ ihn an Wunder glauben.
Alles in dem kleinen Raum war in dieser Nacht wie ein Wunder. Das Klopfen ihres Herzens, als er sein Hemd auszog. Die Art, wie er sie betrachtete, während er langsam das Nachthemd von ihren Schultern streifte. Die Erwartungen, die sich erfüllten. Die Träume, die endlich wahr wurden.
Zusammen lagen sie auf dem Bett, und die Welt um sie herum schien zu verblassen. Jenna kannte seinen Körper so gut wie ihren eigenen, doch nicht einmal die wochenlange Arbeit an der Statue hatte sie auf die Erotik dieses Moments vorbereitet.
Sie schrie leise auf, als er eine Brust mit seiner Zaubererhand umfasste, und als sie seine Lippen an der Knospe fühlte, wurde ihr schwindlig vo r Lust.
Chase hörte Jennas Herzschlag und spürte ihre Anspannung, während er seinen Mund über ihren faszinierenden Körper gleiten ließ. Er vergrub das Gesicht in den weichen Locken, und als sein Atem warm über die seidige Haut strich, erbebte Jenna und bog sich ihm entgegen. Er legte die Hände an ihre Hüften und schenkte ihr die Zärtlichkeit, von der sie nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Sie bäumte sich unter ihm auf und hielt ihn zugleich mit den Schenkeln fest. Beides zusammen raubte ihm fast den ohnehin kleinen Rest an Selbstbeherrschung. Doch er gab dem Verlangen nicht nach, denn er wollte ihre Lust miterleben und
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