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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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seit dem Streit um den Tod von Gunther von Kirchow nicht mehr gesehen. War ihr etwas zugestoßen?
    Der Maler lächelte ganz jungenhaft zu ihr herunter. »Das wäre Euch also recht?«
    »Nein«, murmelte Marike, noch ganz in Gedanken. »Das darf nicht sein!« Sie sah auf und sah in ein erschrockenes Gesicht.
    »Manchmal verstehe ich Euch nicht …«, bekannte er verwirrt.
    Marike sah Bernt fragend an. Dann rief sie sich seine letzten Worte in Erinnerung und biss sich auf die Unterlippe. »Ich bitte um Vergebung«, meinte sie dann zerknirscht. »Ich habe mit mir selbst geredet, nicht mit Euch.« Sie musste lächeln. »Natürlich wäre mir recht, wenn Ihr mit meinem Vater sprächt, Herr Maler. Immerhin scheint Ihr ja doch nicht so viel weniger dumm zu sein als ich.«
    »Ich weiß nicht ganz, was Ihr mir sagen wollt …«
    Trotz ihrer Sorgen hellte sich Marikes Gemüt vor Freude auf. »Ihr seid ein Dummkopf, wenn Ihr glaubt, dass ich Euch das Werben um meine Hand verwehren wollte. Wenn das alles vorbei ist.«
    Einen Augenblick lang betrachtete Notke sie nur. Dann nickte er. »Ihr seid eine merkwürdige Frau«, schmunzelte er. Er hob die Hand, um die Strähne hinter ihr Ohr zu streichen, die sich aus ihrem grob zurückgeflochtenen Haar gelöst hatte. Diesmal führte er die Bewegung aus und streifte kurz ihre Wange. Für einen Augenblick verloren ihre Sorgen an Bedeutung. Dann runzelte er die Stirn. »Aber irgendetwas hat Euch doch gerade beunruhigt, Jungfrau. Es klang wichtig.«
    Marike dämpfte ihre Stimme. »Lyseke Oldesloe. Ich habe sie seit einer Woche nicht gesehen. Seit ihr Verlobter tot ist.« Ihr Blick wanderte in Richtung der Wendeltreppe, auf deren Stufen die Magd Alberte saß. Nun wusste sie auch, warum Oldesloe sie dort hinbefohlen hatte. Offenbar war der Ratsherr entschlossen, sie, Marike, von seiner Tochter fernzuhalten. Und warum war sie nicht hier?
    »Meint Ihr etwa, Oldesloe würde so weit gehen …?« Marike schüttelte wild den Kopf. »Nein, um Gottes willen, er könnte Lyseke niemals etwas antun. Er vergöttert sie. Nein, er hat mir den Umgang mit ihr verboten, und umgekehrt bestimmt auch. Er will sicher bloß nicht, dass ich seine eigene Tochter mit meinen wirren Gedanken gegen ihn aufbringe.«
    »Er will nicht, dass sie die Wahrheit über ihn erfährt«, stimmte Notke zu. »Wenn ich beinahe ein Dutzend Leute auf dem Gewissen hätte, würde ich das auch nicht wollen.«
    Marike beobachtete die Magd. Sie kannte Alberte ein bisschen und wusste, dass die sie mochte. Doch den Befehlen ihres Herrn zuwiderhandeln würde sie trotzdem keinesfalls. Zu oft war Alberte für geringere Fehler mit einem blauen Fleck auf der Wange oder Striemen von Prügeln herumgelaufen. »Ich muss hinauf zu ihr. Ich muss sie sprechen.«
    »Und was wollt Ihr ihr sagen?«
    »Die Wahrheit.«
    »Und sie wird Euch das alles glauben, ohne an Euch zu zweifeln?«
    Damit hatte Notke recht. »Jetzt, da Nikolaus tot ist, haben wir nichts mehr in der Hand, wo wir anfangen können.«
    »Vielleicht kommen wir bei diesem Schausteller weiter, dem zotteligen Kerl mit der Flöte. Ich glaube, er wollte etwas von Nikolaus, als ich nach Pater Martin gesucht habe.«
    Doch Marike schüttelte den Kopf. »Wir brauchen erst Beweise. Etwas Handfestes. Etwas, das Oldesloe mit diesen finsteren Untaten in Verbindung bringt.«
    Bernt Notke strich sich das Haar aus der Stirn und drehte sich herum. Er ging kurz auf und ab, dann betrachtete er das Wandgemälde erneut. Er studierte den Judas eingehender. »Vielleicht gibt es da etwas.«
    »Was?«, fragte Marike erfreut.
    »Es gibt ein Buch, das die Bruderschaft als heilig ansieht. Darin waren unheilige Figuren abgebildet, die sicherlich jeder Kirchenmann als Darstellungen von Götzen oder Dämonen ansehen wird.«
    »Aber … so ein Buch ist doch genau das, was wir suchen! Es wird jedermann zeigen, dass Oldesloe in finstere Kulte verwickelt ist. Warum habt Ihr davon nicht längst etwas gesagt?«
    Notke wich ihrem Blick aus. »Als ich in die Bruderschaft aufgenommen wurde, habe ich einen heiligen Eid auf das Buch geleistet, nicht darüber zu sprechen.«
    Die Kaufmannstochter blinzelte entsetzt. »Aber wie konntet Ihr das nur tun? Ein solcher Schwur …«
    »… kann mich das Seelenheil kosten, ich weiß. Aber ich habe es damals nicht gewusst. Sie hatten mir die Augen verbunden.«
    »Das Buch – wie sah es aus?«, fragte sie. »Wir müssen es finden.«
    »Es war aus dunklem Holz. Beinahe schwarz. Zuletzt sah ich es in

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