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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als sich das Autogeräusch entfernte. »Ist er verheiratet?«
    »Er war es.«
    »Witwer?«
    »Nein. Seine Frau Louise lief ihm vor vier Jahren weg. Brannte durch mit einem indischen Seidenfabrikanten, der hier Urlaub gemacht hatte. Damals war Coulbet völlig verstört. Er hatte seine Frau lieb, tat alles für sie, soweit es sein Gehalt als Beamter zuließ, war ihr treu … und sie brennt ihm durch! Vier Monate später ist der Inder gestorben, im fernen Kalkutta. Ein ganz dummer Insektenstich, das Bein schwillt an, man amputiert es ihm, weil es schwarz wird, aber zu spät. Er stirbt an dem Gift. Louise ist in Kalkutta geblieben. Sie hat jetzt genug Geld. Coulbet erwähnt nie mehr ihren Namen. Er hat sich vorgenommen, diese Zeit zu vergessen.«
    »Wir sollten ihn öfter zu uns einladen, René«, sagte Petra und beugte den Kopf in den Nacken, damit er sie besser küssen konnte. »Was meinst du?«
    »Aber ja! Sofort einverstanden!« René war froh über diese Entwicklung. Wenn Robert jetzt öfter kam, fiele es nicht weiter auf. Petra aber hatte, ohne es zu wissen, eine Art Polizeischutz.
    »Hast du ihm von der Puppe erzählt oder sie ihm gezeigt?« fragte sie plötzlich. René zuckte unwillkürlich zusammen.
    »Nein! Sollte ich das?«
    »Wo hast du die Puppe?«
    »Durchgebrochen und weggeworfen.«
    »Schade.« Sie zeigte sich ein wenig enttäuscht. »Warum denn? Es war eine so lustige Puppe.«
    »Sie war häßlich, Petra.« Seine Stimme klang belegt. »Wenn dir diese Schnitzereien so gut gefallen, kaufen wir in Fort de France so viele, wie du haben willst.«
    Auf halbem Wege nach Le Précheur kam Coulbet der Wagen von Josephine entgegen. Coulbet blinkte sie an, sie reagierte wider Erwarten, fuhr rechts an den Straßenrand und stieg aus. An ihren Wagen gelehnt, wartete sie, bis Coulbet bei ihr war.
    »Ist sie da?« fragte sie ohne Einleitung, obwohl sie genau wußte, daß es so war.
    »Das war die dümmste Frage, die je gestellt wurde!« sagte Coulbet denn auch. »Wo willst du denn hin, Josephine?«
    »Wohin wohl? In mein Haus.«
    »Jetzt immer noch?«
    »Ich habe meine Arbeit, ich muß Geld verdienen, ich liebe mein Haus … Warum soll eine fremde Frau mir die Freude an meinem Haus nehmen?!«
    Coulbet nickte mehrmals. »Du hast wirklich ein schönes Haus«, sagte er plötzlich.
    Josephine sah ihn lauernd an. Wie immer, wenn er sie sah, war Coulbet von ihrer wilden Schönheit fasziniert. Vor allem dann, wenn ihre schwarzen Augen funkelten wie jetzt. »Woher kennen Sie es, Monsieur?!«
    »Ich war vorhin drin.« Coulbet sagte es lässig und lächelte dabei. »Ich hatte geklopft, nichts. Ich greife an die Klinke, da geht die Tür auf. Unverschlossen …«
    »Ich schließe nie die Tür ab.«
    »Das ist es! Ich nahm das als Einladung und bin ins Haus gegangen. ›Hallo, Josephine!‹ habe ich gerufen. Aber da war keine Josephine.« Coulbet kratzte sich den Nasenrücken. »Wirklich ein interessantes Haus. Eine Frage nur: Warum zerstörst du alte Fotos und läßt sie an der Wand hängen, anstatt sie wegzuwerfen?«
    Sie wußte sofort, was Coulbet meinte und zeigte ihre weißen Zähne wie ein gereiztes Raubtier. »Ich will sein Gesicht immer sehen …«
    »Ein Gesicht ohne Augen?!«
    »Ja! Sie sollen nicht mehr mich ansehen! Aber ich sehe ihn, den blinden Verräter.«
    »Wo kommst du jetzt her?«
    »Aus Fort de France. Im Café habe ich gesessen. Der Betrieb hat heute frei, alle sollen feiern und die neue Madame empfangen. Das kann man nun wirklich nicht von mir verlangen. Aber jetzt ist ja oben alles vorbei, nicht wahr? Die Speichellecker haben Saison!«
    »Und wie soll das weitergehen, Josephine?«
    »Ich bin Leiterin der Fabrik. Ich habe meine Arbeit.«
    »Madame Birot wird dich auch sehen und sprechen wollen.«
    »Noch ist sie nicht Madame Birot!«
    »In sechs Wochen soll die Hochzeit sein.«
    »Soll, Monsieur Coulbet, soll!«
    »Du hast die Hoffnung, daß sie nicht stattfindet?«
    Hatte Coulbet gehofft, Josephine laufe in diese Fangfrage hinein, hatte er sich getäuscht. Sie war ein kluges Mädchen, da gab es keinen Zweifel.
    »Wer kann ohne Hoffnung leben, Monsieur? Was wären wir ohne Wünsche?«
    »Das stimmt.« Coulbet klopfte Josephine wie einem Kumpel auf die Schulter. »Man soll mit seinen Wünschen aber immer im Erfüllbaren bleiben, meine Schöne. Wir werden noch oft darüber sprechen. Ich werde jetzt viel oben im Haus sein.«
    Das war eine Warnung. Josephine glaubte, sie zu verstehen und lächelte gefährlich.

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