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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    »Das weiß ich. Wir müssen sehr vorsichtig sein. Und wir können nichts tun. Diese Ohnmacht, ein Unglück zu verhindern, ist grauenhaft! Du weißt das wie ich: Josephine ist zu allem fähig! Mit dem Fetisch fing es schon an.«
    »Es gibt einen Weg, Monsieur«, sagte Babou dunkel.
    »Ich sehe keinen. Mit Geld ist nichts zu machen. Sie läßt sich nicht kaufen.«
    »Aber sie ist sterblich, Monsieur.«
    »Babou!« rief René entsetzt. »Vergiß das sofort!«
    »Wirkliche Ruhe kennt nur der Tod. Wir müssen daran denken, Monsieur, ehe Madame das Opfer wird. Ich bin bereit, für Madame alles zu tun.«
    Mit einem Gefühl des Schauderns lief René ins Haus zurück. Was kann man wirklich tun, dachte er, als er Petra im Sessel sitzen sah, in einem tief ausgeschnittenen Kaminkleid, unwirklich schön und unendlich glücklich. Was bleibt mir als Mittel gegen den tödlichen Haß einer Frau? Auch Coulbet hätte keine Möglichkeiten, es gab nichts, was Josephine abschrecken könnte.
    René beugte sich wieder über Petra und küßte sie. Der Champagner war getrunken, die erste Nacht in der neuen Heimat, in dem für sie umgebauten und ummöblierten Haus, brach an. René verriegelte die großen Terrassentüren und klappte zum ersten Mal seit Jahren die dicken Holzläden davor. Das letzte Mal hatten sie es vor zweiundzwanzig Jahren gemacht, als sein Vater noch lebte und es eine Art Arbeiteraufstand gegeben hatte. René war damals 16 Jahre alt, stand mit einer Maschinenpistole oben auf dem Dach und wartete auf den Sturm der Arbeiter. Sein Vater saß im Salon, eine Kiste Handgranaten um sich, ebenfalls eine Maschinenpistole auf den Knien, und vier seiner kreolischen Geliebten hockten um ihn herum und klagten laut voller Todesangst.
    Aber es kam bei den Birots zu keinem Sturm wie auf anderen weißen Farmen oder Fabriken – Birot war zu beliebt bei seinen Leuten, und als fremde Trupps von Morne-Rouge herüberzogen, kam es zu einer Schlacht zwischen den Eingeborenen. Birots Arbeiter verteidigten ihre Fabrik und schützten ihren Patron!
    René legte den Arm um Petras Schulter und zog sie aus dem Sessel hoch. »Komm«, sagte er leise und drückte sie an sich.
    Sie nickte stumm, atmete tief auf und folgte ihm durch das stille Haus hinüber in den Schlaftrakt. Vor allen Fenstern waren die Läden geschlossen. Einbruchsicher und schußfest.
    Sie sah es nicht, sie hätte auch nie begriffen, daß sie wie in einer Festung lebte … sie war zu glücklich darüber, René zu lieben und ein Paradies gefunden zu haben.
    Eine Hölle sieht anders aus, denkt man. Und eben das ist das Teuflische.
    Am frühen Vormittag bremste Kommissar Coulbet mit seinem Jeep vor dem rosa Haus von Jules Tsologou Totagan in den Bergen bei Ste. Croix und Pain de Sucre. Es war immer eine abenteuerliche Fahrt hier hinauf in den Regenwald zum Grande Rivière. Bis Anse Bagasse war die Straße gut ausgebaut, aber dann mußte man auf herausgehauenen Wegen hinein in das Vulkangebirge in ein Gebiet von Martinique, das praktisch unbesiedelt war, weil es nicht erschlossen worden ist. Das Roden des Urwaldes und der Straßenbau – die Voraussetzung aller Kolonisierung – lohnten sich nicht. Der Lavaboden gab keine Nahrung für Zuckerrohr oder Ananas her. Hier konnte nur jemand wohnen wie Totagan, der große alte Mann und Meister der Naturheilkunde, der Pflanzen kannte, die in keinem Botaniklexikon standen. Trotzdem wunderte sich Coulbet jedesmal, wenn er bei Totagan vorbeischaute, daß der Alte noch lebte und nicht von irgendwelchen Viechern aufgefressen worden war.
    Onkel Jules, wie ihn viele nannten, hatte schon längst gehört, daß sich der Jeep der Polizei seinem Haus näherte. Er kam aus der Tür, als Coulbet bremste, setzte sich auf eine Holzbank, die unter dem Vorbau der Veranda stand, und steckte sich eine gute Zigarre an.
    »Welch ein Tag, Monsieur le Commissair –« sagte Jules, als Coulbet die zwei Holzstufen zur Veranda hinaufkam. »Keine Wolke am Himmel. Das ist selten.« Er sog an seiner Zigarre und stieß eine dicke Rauchwolke aus. Coulbet betrachtete andächtig den Qualm, der einen ganzen langen Augenblick vor Jules schweben blieb. Kein Lüftchen regte sich hier, die feuchte Hitze war erdrückend, atemnehmend. Der Kerl muß ein Herz aus Eisen haben, um hier dauernd leben zu können, dachte Coulbet bewundernd. Rostfreier Stahl. Laut sagte er:
    »Das duftet köstlich, Monsieur Totagan. So ein Kraut habe ich bei Ihnen noch nicht gerochen. Wo haben Sie die

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