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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stengel gekauft?«
    Jules überlief ein leichtes Kribbeln, als er merkte, welchen Fehler er begangen hatte. Mit größter Freundlichkeit lachte er Coulbet an und drehte die Zigarre schnuppernd unter seiner Nase.
    »Von Verbière in der Rue Blénac«, sagte er. »Dort kauft man am besten seine Zigarren.«
    Coulbet nickte. Natürlich kannte er Verbière, und er war sich sicher, daß auch Jules sich dort mit Tabak und Zigarren eindeckte. Die kleinste Ahnung einer Spur verwehte wieder.
    »Ich habe da einen Fall«, sagte Coulbet, »da brauche ich wieder Ihre Hilfe, Jules.«
    »Ein neuer Mord?«
    »Noch nicht. Er ist geplant, aber vielleicht können wir ihn gemeinsam verhindern.«
    Totagan sog wieder an seiner köstlichen Zigarre und wartete, bis der duftende Qualm sich träge verzogen hatte. Wovon spricht er, dachte er angestrengt. Wohin tastet er sich vor? Unmöglich kann er wissen, daß ich in San Juan war. Und Mord? Welch ein böses Wort! Der Voodoo wird diese blonde Deutsche treffen. Das ist Götterkraft, aber kein Mord. Es ist ein Wunsch, den die Geister ausführen oder auch nicht. Man muß es ihnen überlassen.
    »Kennt man den Täter?« fragte Jules leichthin.
    »Nein!«
    »Wie wollen Sie es dann verhindern, Monsieur Coulbet?«
    »Mit deiner Hilfe.« Coulbet setzte sich neben Totagan auf die Bank. Er nahm die Zigarrenkiste hoch, betrachtete sie und nickte. Ambassadeur hieß die Marke, wirklich ein Botschafter des guten Tabaks. »Ich werde mir auch so ein Kistchen kaufen«, sagte er. »Teuer?«
    »Nicht für einen Mann wie Sie, Monsieur.« – Jules blickte hinauf in den wolkenlosen, heißen Himmel. »Es wird schwer sein, zu helfen.«
    »Ich denke da an den dreifachen Kindesmörder in den Sümpfen von Pointe Melon. Sie haben einen Fetisch gemacht, eine stinkende Flüssigkeit über die Puppe gegossen …«
    »Stinkend!« sagte Jules strafend. »Es war der Wurzelsaft der Mondwurzel.«
    »… dann schnupperten sie an der Puppe herum und nannten mir den Ort, wo sich der Mörder versteckte. Sogar sein Äußeres haben Sie genau beschrieben.« Coulbet sah Jules von der Seite an. »Wenn das auch jetzt möglich wäre?«
    »Ich müßte mehr wissen, Monsieur. Wer wird bedroht? Woher weiß die Polizei, daß es einen Mord geben wird? Wohin soll ich meine Gedanken schicken? Um uns ist ein unendlicher Raum –«
    Coulbet nickte. Du alter Gauner, dachte er. Du willst hören, was ich weiß. Und plötzlich sagte er: »Jules, als Sie von Bord des Schiffes aus San Juan gingen …« Aber die Überrumpelung mißlang. Totagan zuckte mit keinem Nerv, er sog an seiner Zigarre und blickte durch die Qualmwolke Coulbet mit deutlicher Verwunderung an.
    »Was ist San Juan?«
    »Eine Hafenstadt auf Puerto Rico.«
    »Und von da ist ein Schiff gekommen?!« Jules kniff die Augen zusammen. »Ihr Verdacht richtet sich auf das Schiff?«
    »Ja.«
    »Der – Mörder war an Bord?«
    »Vielleicht.« Coulbet öffnete die Kiste, nahm eine Zigarre heraus, biß die Spitze ab und riß ein Zündholz an. Während er die ersten Züge tat, sah ihm Totagan wortlos zu. »Es war jemand an Bord, der etwas vom Voodoo versteht. Ein wahrer Künstler! Dieses Beilchen im Herzen – sehr eindrucksvoll. Aber der Zauber versagte. Immerhin war es eine Morddrohung, das darf man nicht vergessen.« Coulbet drehte die Zigarre zwischen den Fingern. »Haben Sie in San Juan einen Voodoo-Kongreß besucht, Jules?«
    Auch der zweite unverhoffte Angriff stieß ins Leere. Totagan spielte eine Verblüffung, die vor Ehrlichkeit geradezu strahlte. »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Monsieur«, sagte er ratlos.
    »Wann waren Sie zum letztenmal in Fort de France?«
    »Das muß zehn Tage her sein, Monsieur le Commissair.«
    Das könnte stimmen, rechnete Coulbet schnell aus. Flug nach San Juan, die Route zurück nach Martinique die ganze Inselkette hinunter, nur hatte Jules das Datum von der Ankunft unterschlagen.
    »Und in diesen zehn Tagen hat Sie niemand gesehen, Jules?«
    »Viele, Monsieur, viele haben mich gesehen. Hier in dem Haus. Jeden Tag habe ich meine Sprechstunden abgehalten. Ich habe neue Medizinen hergestellt, habe Unterricht gegeben …«
    »Unterricht?« Coulbet hob die Augenbrauen. »Das ist was Neues.«
    »Ich habe nie darüber gesprochen. Warum auch?« Totagan klemmte die Zigarre zwischen seine wulstigen Lippen und faltete die Hände vor dem Bauch. »Ich bin ein alter Mann, Monsieur, ich habe viel gelernt, ich weiß vieles, was andere nicht wissen, und wer kann sagen, wieviel

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