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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wir hier, gerade hier auf dem Schiff bleiben.«
    »Paß einmal auf«, hatte Bataille ganz ruhig gesagt, »und merk dir das: Jede Frage, die mit ›Warum‹ anfängt, wird ab sofort mit einem Strafpunkt bewertet. Bei 50 Punkten haue ich dich durch, bei 100 Punkten setze ich dich auf einer unbewohnten Insel aus. Grins nicht so dämlich, ich meine das ernst!«
    Marie war daraufhin grollend unter Deck gegangen. Aber der so unfreundlich begonnene Tag setzte sich noch unangenehmer fort. Im Funkraum flackerten Lämpchen auf, und es ertönte ein diskretes Signal. Bataille schaltete auf Empfang.
    »Wieviel Ananas brauchen Sie?« quäkte eine Stimme.
    Der Erkennungssatz. Bataille ging auf Sendung.
    »Was ist los?« fragte er wütend. »Warum höre ich nichts von Ihnen?«
    »Sie haben mir gesagt, daß die Hafenpolizei bei Ihnen an Bord war.«
    »Ja. Das kommt manchmal vor.«
    »Wir müssen vorsichtig sein.«
    »Wer bei mir etwas findet, muß Röntgenaugen haben.«
    »Trotzdem. Ich schlage vor, daß wir sicherheitshalber drei Tage warten.«
    »Vollkommen ausgeschlossen! In drei Tagen bin ich auf Barbados! Seit wann haben Sie Angst?«
    »Die hatte ich immer. Und ich werde sie auch ewig behalten. Wissen Sie, wie heiß karibische Gefängnisse sind? Da gibt es keine Klimaanlagen und keinen eisgekühlten Drink. Mon Dieu, uns läuft doch nichts weg, und verschimmeln kann es auch nicht.«
    »Wie ist die Qualität?« fragte Bataille ärgerlich.
    »Von erster Güte. Glasrein! So etwas ist wirklich einmalig. Das gibt auf dem Markt eine Sensation. Und astronomische Preise! Sollen wir durch Ungeduld das alles aufs Spiel setzen? – Wie sieht es bei Ihnen aus?«
    »Ich kann liefern!« sagte Bataille giftig. »Ich habe mit Mühe meinen Abnehmer daran hindern können, noch in der Nacht an Bord zu kommen. Du lieber Himmel, macht euch doch nicht alle in die Hosen! Ich bin ein Wassertourist wie alle hier, ich werde nicht überwacht, meine Papiere sind in Ordnung, ich bin so unverdächtig wie ein Lämmlein. Ich werde im Gegenteil erst verdächtig, wenn ich nicht an Land gehe! Aber bitte, warten wir noch. Aber keine drei Tage. Auf gar keinen Fall!«
    Das war vor einer Stunde gewesen. Jetzt lehnte Bataille an der Reling und bewunderte das fremde Mädchen, das nackt auf einem Motorboot an seiner Bordwand vorbeiglitt. Der Mann am Steuer schien ein toleranter Bursche zu sein, er winkte Bataille freundlich zu und grinste breit.
    »Um Ihre Galionsfigur kann man Sie beneiden!« rief Bataille zu ihm hinunter. »Passen Sie auf, daß man sie Ihnen nicht klaut!«
    Aubin tuckerte an die Carina II heran und hielt sich an einem der Nylonseile fest. Erst jetzt reagierte Jeanette, als habe sie bisher geschlafen. Sie zog ein Handtuch über ihren Leib, das aber nicht bis zu den Brüsten reichte. Sie blinzelte zu Bataille hinauf und lächelte.
    »Sie haben ein fabelhaftes Schiff«, sagte Aubin. »Wer das entworfen hat, hatte ein tolles Gefühl für Form und Ästhetik.«
    Es gibt keinen Schipper, der solches Lob einfach wegsteckt. Es gehört zu einem Bootsbesitzer, daß er auf sein Schiff stolz ist, auch wenn es ein uralter, umgebauter Heringskahn ist. Er will bewundert sein.
    Bataille blickte auf Jeanette. »Das kann man Ihnen auch nicht absprechen, Monsieur –« sagte er mit diskreter Anzüglichkeit. »Sie interessieren sich für Schiffe?«
    »Ich bewundere und beneide jeden, der sich so ein Boot leisten kann. Meins hier ist nur gemietet. Für zwei Stunden. Das haut mir schon in die Tageskasse! Ich bin Maler, Monsieur. Kunstmaler. Aus Marseille. Daß ich auf Martinique bin, ist ein Märchen für sich. Das war der erste Preis bei einem Malwettbewerb. ›Sonne über Marseille‹ hieß das Werk.«
    »Ich denke: ›Marseille nach dem Regen‹ hieß es?« sagte Jeanette leise.
    »Nach Regen scheint die Sonne … das war es ja! Der Glanz über der nassen, glänzenden Stadt. Das war preiswürdig.« Aubin tippte an seine schreckliche Leinenmütze mit dem bunten Schriftzug MARTINIQUE und ließ die Nylonleine los. »Wenn ich mal Picasso erreicht habe, kaufe ich Ihnen Ihre Carina II ab …«
    »Abgemacht.« Bataille lachte und ließ keinen Blick von Jeanette. »Dann sollten Sie sich aber mal das Schiff vorher ansehen. Kommen Sie an Bord, Monsieur …«
    »Aubin. Jean Aubin.«
    »Roger Bataille. – Fahren Sie ans Heck, da liegt die Leiter aus.«
    Er trat von der Reling zurück, strich sich über die graumelierten Locken und ging zum Heck. Marie Lupuse kam ihm mit einem

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