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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in Gesprächen ganz nebenbei, aber sichtlich mit Stolz einfließen ließ, daß er an den Börsen von London, New York, Tokio, Hongkong, Frankfurt, Zürich und Rom bestens vertreten sei und seine Brokergeschäfte ihm ein unbeschwertes Leben garantierten, hatte einen unangenehmen, späten Vormittag hinter sich.
    Zunächst hatte es Streit mit Marie Lupuse gegeben.
    Es gab wohl keinen Mann, der nicht sofort ein angenehmes Kribbeln verspürte, wenn er Marie Lupuse sah. Sie war so etwas wie der Inbegriff der Sünde, die fleischgewordene Versuchung, das Denkmal für den sittlichen Ruin der Männer. Vollschlank – wie kann man diese Formen nur so profan mit einem Wort bezeichnen – platinblond und genau in dem Alter, in dem die Sinnlichkeit bei Frauen ihrer Art auf dem Kulminationspunkt steht, nämlich dreißig. Wenn sie hüftenschwingend auf ihren langen Beinen und in ganz knappen Shorts vor Bataille herstöckelte, wunderte er sich, warum andere Männer sie nicht einfach anfielen wie Löwen eine Gazelle. Und wenn man sie von vorn sah, das unschuldige Gesicht und darunter die Wölbungen, die in immer zwei Nummern zu engen Verhüllungen mühsam versteckt wurden, wurde einem die Kehle trocken und zog Tropenhitze durchs Gehirn.
    Früher war Marie Lupuse Fotolaborantin gewesen, ein völlig unmöglicher Beruf, der so etwas Herrliches wie sie in die Dunkelkammer verbannte. Das fand auch ihr Lehrherr in Paris, und nachdem sie seine Geliebte geworden war, kam sie aus der Dunkelkammer, wo er sie jetzt eifersüchtig versteckte, überhaupt nicht mehr heraus.
    Mit 17 Jahren rückte Marie aus. Sie floh nach St. Tropez, und hier begann ihre große Karriere. Im Laufe der Jahre kannte sie die Kojen aller Luxusjachten, und wenn sie einmal ihre Memoiren hätte schreiben wollen, würden sie ein Adreßbuch der besten Namen werden. Sie gehörte zu St. Tropez wie die berühmte Mole: Man legte bei ihr an.
    Bis Roger Bataille mit seiner Jacht Carina I auftauchte. Sie war kleiner als das jetzige Schiff Carina II, das mit seinen 23 Metern absolut hochseetüchtig war und schon zu den Motorkreuzern gehörte, aber er war ein neuer Gast, und Marie Lupuse stellte sich wieder vor, mit ihrer geradezu umwerfenden Art, die immer zum Erfolg führte: Sie ging über die Gangway einfach auf das Boot, einen Holzteller mit Brot und Salz in den Händen, und sagte strahlend: »Willkommen in St. Tropez!« Dazu trug sie einen goldfarbenen, zum Platzen gefüllten Bikini, und wie seit Jahren die Erfahrung lehrte, begnügte sich auch Bataille nicht nur mit Brot und Salz, sondern nahm auch den Hauptgang.
    Hier nun geschah ein kleines Wunder: Marie verliebte sich in Roger. Sie blieb auf der Carina I, wurde sittsam, was soviel heißt, daß sie nur noch Bataille mit Brot und Salz bediente, zog um auf die große Carina II und erlebte den phänomenalen Aufschwung der Bataille-Geschäfte. Nur eins begriff sie nicht: Wieso man mit allen Börsen der Welt arbeiten konnte, ohne mit diesen Börsen in Verbindung zu stehen. Dafür lernte sie eine Reihe eleganter Männer kennen, meistens mit italienischen Namen, die zu Marie sehr höflich waren, ausgezeichnete Manieren hatten und mit Roger in der Bibliothek des Schiffes lange Gespräche führten. Vor allem an der amerikanischen Pazifikküste waren diese Besuche an der Tagesordnung.
    Ein paarmal sah sie Fotos solcher Besucher im Fernsehen wieder, und der Sprecher sagte: »Unter bisher ungeklärten Umständen wurde der Immobilienmakler Alfredo Daldimente in einem Waldstück bei Monterrey ermordet …« Dann sagte Bataille jedesmal: »So ist das, Chérie: Man rackert sich ab, verdient sein Geld, und wenn man genug davon hat, kommen andere und bringen einen wegen des Geldes um! Was glaubst du, warum ich auf meinem Schiff lebe? Auf hoher See kann mich keiner umlegen!«
    Das war eine gute Erklärung, warum Bataille immer unterwegs war. Kalifornien, durch den Panamakanal, die Kays von Florida; die Bahamas, die Bermudas, die Karibik, hinüber nach Afrika zu den Seychellen und Mauritius, man sah viel von der herrlichen Welt. Nur, womit Roger sein Geld verdiente, begriff die herrlich schöne und ebenso umwerfend dumme Marie Lupuse nie.
    An diesem Morgen hatte es also Krach gegeben. Marie wollte an Land, Roger sagte knapp nein, und schon knallte es.
    »Warum nicht?« fragte sie mit gehobener Stimme.
    »Es geht nicht.«
    »Das ist keine Erklärung.«
    »Für mich doch.«
    »Wir sind überall an Land gegangen. Es muß doch einen Grund geben, warum

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