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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wirst begeistert sein. Aber das kennst du doch alles als erfahrener Tramp! Für mich ist es ein neues Erlebnis.«
    »Und ich dachte gerade: Jetzt bist du weg von der Walze! Mit Jean beginnt das normale Leben.« Ihre Stimme klang etwas verbittert und enttäuscht. »Und das hier alles – das schöne Zimmer?«
    »Bleibt uns! Ist ja vom Preiskomitee gemietet. Ich hoffe, daß in einer Woche alles erledigt ist.« Aubin klatschte in die Hände. »Wohlan, sattelt die Pferde! In einer halben Stunde verschlingt uns der Urwald.«
    Die Fahrt bis Morne-Rouge und von dort über die kurvenreiche Paßstraße bis Ajoupa-Bouillon war ein Ah-und-Oh-Erlebnis, wie es auch die vielen Touristen haben, die eine große Rundfahrt gebucht haben. Aber dann bog Aubin ab, getreu der Karte, die er nun im Kopf hatte: Unterhalb von Bouillon bog eine noch gute Straße ab, am wild rauschenden und in seinem Felsenbett herumspringenden Rivière Falaise entlang bis zum Endpunkt Gorges de la Falaise. Hier endete die Straße, nur ein schmaler Fußweg durch die felsige Urwaldwildnis führte sie ins Unbekannte, mitten hinein in das Bergmassiv des Mont Pelée mit seinen Nebengipfeln. Ein Weg in eine grüne Urwelt von Vulkangestein und Lianen und Orchideen überwucherten Riesenbäumen.
    »Du bist verrückt!« schrie Jeanette mehrmals, als der Wagen krachend den Weg entlanghüpfte. »Du bist total verrückt! Wo willst du denn hin? Wir kommen ja nie an! Der Wagen bricht gleich auseinander.«
    So erreichten sie den Holzfällerweg am Piton Marcel und die Lichtung, auf der André Casarette seine armselige Hütte gebaut hatte.
    »Ein Mensch!« rief Aubin und tat sehr überrascht. »Sieh dir das an, Liebling! Hier lebt tatsächlich ein Mensch. Ein herrliches Fleckchen! Was hältst du davon? Bleiben wir hier? Dann ist es nicht ganz so einsam für dich.«
    Und so erlebte Casarette, als er am Abend aus seinem Stollen kam, wie immer hustend und von dunklem, mehligen Staub überzogen, einen Schock: Auf der Lichtung, neben seiner Hütte, unter einem mächtigen Wollbaum, an dem sich Orchideen emporrankten, war ein Zelt aufgebaut, und ein rothaariges Mädchen saß auf einem Klapphocker vor einem Gaskocher und rührte in einem Suppentopf.
    Es ließ sich nicht aufschieben – René Birot hatte eine Verabredung in Fort de France. Ein Exporteur hatte Verbindung nach England aufgenommen, und ausgerechnet eine Großeinkaufsgesellschaft in London hatte Interesse an Birots exotischen Konserven gezeigt.
    »Geschäfte!« sagte Petra und verzog das Näschen, weil Birot sie darauf küßte. »Was soll ich dabei?«
    »Du könntest einkaufen gehen. Kleider, Schuhe, Parfüms, Schmuck –«
    »Ohne dich? Nein! Ich bleibe hier und werde schwimmen und faulenzen. Und mit der Köchin ein fabelhaftes Abendessen besprechen.«
    Beruhigt fuhr René nach Fort de France. Über Claudette und ihr schreckliches Schicksal hatte man nicht wieder gesprochen. Den roten Aktendeckel mit den Zeitungsausschnitten schloß Birot weg, nach langem Zögern, ob er alles nicht sofort verbrennen sollte. Drei Tage waren seitdem vergangen, er hatte weder von Coulbet noch von Josephine etwas gehört. Ihre Aufgabe als Betriebsleiterin der Fabrik hatte sie nicht angetreten, der alte, halbblinde Camille, der schon bei Renés Vater als Vorarbeiter die Fabrikarbeiter beaufsichtigte, machte seinen Dienst weiter. Birot duldete es stillschweigend. Zu Josephine zu gehen und mit ihr zu sprechen, vermied er. Wenn er die Fabrik kontrollierte, stand er unauffällig an dem Fenster der Konservenverlötungshalle, von dem aus man hinüber zu ihrem rosa Haus sehen konnte. Dort war alles still, wie ausgestorben, als sei das Haus verlassen.
    Vielleicht ist sie wirklich weg, dachte Birot hoffnungsvoll. Aber als er Babou, der alles wußte, fragte, erfuhr er, daß Josephine durchaus nicht weggegangen war und sich in ihr Schicksal fügte. Wie ein Raubtier im Käfig saß sie in ihrem Zimmer und wartete auf ihre große Stunde der Vergeltung.
    Coulbet hatte am Morgen nach diesem unseligen Abend angerufen und René beruhigt. »Du mußt das verstehen, du Sünder! Für Josephine ist alles so plötzlich gekommen.«
    »Für mich auch. Als ich Petra in Hamburg durch das Fenster sah, schlug es bei mir ein. Reisebüro Erdkreis-Tours, und dahinter diese goldenen Haare. Kannst du mir das nachempfinden?«
    »Nein«, antwortete Coulbet sauer. »Ich hatte nie was mit einem Reisebüro zu tun!«
    »Du bist ein Klotz ohne jegliche Fantasie!«
    »Es ist etwas

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