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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gemeinsame Kasse aufzufüllen, sucht sich Jeanette Arbeit im Hôpital Civil oder in der Clinique St. Paul. Aubin malt notgedrungen weiter, da er ja nichts anderes kann. Und dann hat man Zeit, zu überlegen, ob man auf Martinique bleiben will oder zurück zieht ins Mutterland Frankreich.
    »Französischer Boden muß es sein!« hatte Jeanette gesagt. »Unsere Kinder sollen Franzosen bleiben!«
    Nachdem sie diese ihre geheimsten Gedanken nun verraten hatte, fiel sie wieder über Aubin her und brannte ihre Liebe in sein Herz.
    Während Jeanette endlich wie narkotisiert schlief, hatte Aubin Zeit, sich um eine komplette Zelt- und Campingausrüstung zu kümmern und den Plan, den ein Negerjunge gebracht hatte und den Bericht von Coulbet über Casarette zu studieren. Er stimmte Coulbet zu: Es war etwas Rätselhaftes um diesen Geologen, der sich seit einem Jahr in einen Berg wühlt.
    Am Nachmittag holte Aubin bei Madame Laplasse das Gepäck von Jeanette ab und bezahlte als Ablösung noch einmal vier Tage. Als er mit allen Sachen sein Zimmer im Hotel Le Victoria betrat, schlief Jeanette noch immer. Sie hatte die dünne Decke von sich gestrampelt und lag nackt und etwas gekrümmt im Sonnenschein, der durch die Fenstertür fiel. Ein durchaus herzerwärmender Anblick, von dem sich Aubin aber schnell losriß.
    Er verstaute Jeanettes Gepäck im Schrank, holte die Pistole aus dem Versteck hinter der Klimaanlage und schob sie in die Gesäßtasche. Er war sich dabei so sicher, daß Jeanette fest schlief, daß er nicht bemerkte, wie sie blinzelte und unter den Wimpern alles beobachtete. Er wechselte Hemd und Hose, streifte ein schrecklich bedrucktes Touristen-T-Shirt über – Palmenküste mit im Meer untergehender Sonne und darüber in großen roten Buchstaben MARTINIQUE – und alte ausgelatschte Schuhe, ungeputzt und voll Staub.
    Erst dann weckte er Jeanette mit einem Kuß, streichelte ihre Brust und flüchtete vor ihren vorschnellenden Händen, die ihn aufs Bett ziehen wollten.
    »Es locket der Wald, er ladet zum Rasten – werft ab nun die täglichen drückenden Lasten«, sagte er fröhlich. »Auf, auf, Geliebte, in die Büsche.«
    »Jean, wir haben doch ein Bett«, sagte sie träge und tat so, als schlafe sie noch halb. »Komm her.«
    »Dieses Bett, das im Himmel steht, werden wir vergessen müssen!«
    »Jean!« Sie fuhr hoch und setzte sich. Ihr Gesicht wurde ratlos. »Du hast kein Geld mehr, das Zimmer zu bezahlen. Ist es so?«
    Darauf wäre ich nie gekommen, dachte Aubin ehrlich. Das Nächstliegende übersieht man. Er hatte Jeanettes Sachen in den Schrank geräumt, nun war es zu spät für diese Ausrede.
    »Nein! Der Erste Preis trägt alles. Vier Wochen lang! Dennoch fahren wir weg!«
    »Warum und wohin? Gerade jetzt …«
    Aubin betrachtete ihre Nacktheit, seufzte und gab ihr recht. Aber was half das?
    »Ich komme eben aus der Stadt zurück! Heute ist ein Tag des Himmels. Stell dir vor: Ich habe einen Auftrag bekommen.«
    »Was hast du bekommen?«
    »Ich sitze im Café Roulette, setzt sich ein Herr an meinen Tisch und sagt: ›Ich habe Sie beobachtet, wie Sie auf der Jacht Carina II gemalt haben. Ich liege mit meinem Boot gleich nebenan. Nachbar gewissermaßen. Monsieur, haben Sie da ein Modell! Superb! Wollen Sie für meine Kajüte ein Bild malen? Nennen Sie einen Preis.‹ Das hat mich fast vom Stuhl gehauen. Und ich sage mutig: ›Ich habe zwar viel zu tun, eine Menge Aufträge, aber da Sie so nett von meiner Frau sprechen‹ – hörst du, ich habe ›Frau‹ gesagt – ›will ich Sie einschieben. Aber ich bin nicht billig. Ich habe den Ersten Preis von Marseille gewonnen! Ein Gemälde in Öl kostet bei mir 17.500 Francs.‹ Und was sagt der Herr? ›Abgemacht, Monsieur! Nur eine Bedingung: Ich will kein Meer haben. Darauf lebe ich genug. Malen Sie mir ein Bild von einem Urwald, und Ihre Frau vielleicht als Elfe darin.‹ – Was sagst du nun, mein Liebling?«
    »Es gibt überall Idioten! Unter den Reichen anscheinend besonders.« Sie schob sich aus dem Bett, stellte sich in ihrer ganzen Schönheit in die Sonne und breitete mit einem wohligen Gähnen die Arme weit aus. Aubin hatte Mühe, ruhig stehenzubleiben. »Und was nun?«
    »Wir ziehen in den Urwald.«
    »Du bist total verrückt!«
    »Ich habe uns schon eine komplette Campingausrüstung geliehen, Liebling. Der ganze Wagen ist voll davon. Ein schönes, orangefarbenes Zelt, Kochtöpfe, Gaskocher, Luftmatratzen, Schlafsäcke, Decken, Wassersäcke, Plastikgeschirr. Du

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