Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
mich die zweitschönste Beschäftigung.«
    »Ferkel!«
    »Die erste ist die Malerei! Was ist daran so schweinisch?«
    »Manchmal denke ich mir: Du mußt ihm vorsorglich gewissermaßen als Vorauskasse, morgens, mittags und abends eine runterhauen. – Jean, wenn etwas aus uns werden soll, leg bloß diese Flapsigkeit ab. Du bist dreißig …«
    »Fünfunddreißig! Am Beginn des Greisenalters.«
    »Da ist es schon wieder! Benimm dich nicht wie ein Disco-Rocker!«
    Sie fragte nicht weiter. Die Erklärung mit der Reiseinformation schien sie zu schlucken. Du läßt wirklich nach, Jean, sagte Aubin zu sich. Das wäre dir früher nie passiert. Dieses Mädchen weicht dein Gehirn auf. Vielleicht wird es besser, wenn es erst in deinen Armen gelegen hat.
    Nun war der Abend da. Aubin hatte sich sogar mit einem herben Herrenparfüm bestäubt und sich die Fingernägel geschnitten. Da klingelte das Telefon.
    »O nein!« sagte Aubin ahnungsvoll. »Nicht jetzt, liebe Freunde! Bitte laßt mich in Ruhe Jeanette genießen.«
    Er hob ab, und da war natürlich die Stimme, die er so gut kannte.
    »Jean, mein Lieber …«
    »Wenn ihr so anfangt, wird bei mir schon die Milch sauer! Ich bin ab jetzt, in zehn Minuten, bis zum Morgen nicht mehr vorhanden!«
    »Welch ein Glück! Da haben wir ja noch zehn Minuten! Du warst heute nicht bei Bataille?«
    »Nein. Da herumzusitzen und die Wasserstoffbombe abzuwehren, bringt nichts ein. Mir ist klar, daß die Carina II irgendwo Doppelwände hat. Auf so einem Schiff gibt es hundert Versteckmöglichkeiten. Außerdem werden ja nicht Zentner ausgeladen, sondern bequeme Päckchen. Auf dem Schiff ist also gar nichts zu machen. Es wird erst interessant, wenn Bataille an Land geht. Er hat hier auf Martinique einen Kontaktmann, mit dem er in Funkverbindung steht, das wissen wir jetzt. Warum er nicht an Land geht, wissen wir nicht. Aber eins ist sicher: Er kommt! Dann seid ihr dran! – Noch was?«
    »Wir haben noch fünf Minuten, Jean. – Du mußt dich umstellen.«
    »Was heißt das?«
    »Du mußt statt Meer, Küste und Sonne am Himmel ab sofort Felsen, Urwald und Sonne über erloschenem Vulkan malen. Kannst du das?«
    »Besser als das verfluchte Wasser. Wenn ihr wüßtest, wie schwer Wasser zu malen ist! Ich habe das vorher nie gewürdigt.«
    »Was macht dein braunrotes Püppchen?«
    »Sie ist eine ausgesprochen kriminalistische Begabung. Ich habe größte Mühe, meinen Malerstatus vor ihr zu verteidigen. Sie fragt wie ein Staatsanwalt! Mein Bild von ihr bezeichnet sie als Portrait eines Kretins!«
    »Wie hast du sie gemalt? Etwa nackt?«
    »Natürlich! Ich bin doch ein Impressionist.«
    »O mon Dieu! Jean, du bist nicht auf Martinique gelandet, um nackte Streunerinnen auf die Leinwand zu werfen …«
    »Das war gut gesagt, ihr Lieben. Jetzt will ich hoffen, daß das Bettlaken aus Leinen ist.«
    »Jean, ganz ernst: Du malst ab morgen den Urwald! Im Gebiet des Piton Marcel. Den Wegeplan bekommst du durch einen Boten. Am Piton Marcel lebt in völliger Einsamkeit ein Geologe, André Casarette, der in den Vulkan Stollen gräbt, um den Berg zu beobachten. Das scheint aber nur eine seiner Beschäftigungen zu sein. Du wirst bei ihm so lange malen, bis er die Geduld verliert und einen Fehler macht. Einen genauen Bericht von Coulbet bekommst du mit dem Plan. Nimmst du das Zuckermäuschen wieder mit?«
    »So dumm könnt auch nur ihr fragen. Sie ist das beste Alibi, der Beweis meiner Harmlosigkeit. Kann man bei diesem Casarette schlafen?«
    »Zur Not – ja. Aber nur nebeneinander.«
    »Ich werde mir morgen bei der Campingzentrale ein Zelt leihen!« sagte Aubin steif. Aber er grinste dabei, es sah ja niemand. »Aus euch spricht nur der Neid, ihr braven Ehe-Lebenslänglichen!« Er blickte auf die Uhr. »Schon zehn Minuten drüber! Ende!«
    Der nächste Tag sah einen jünglingshaften Aubin mit verträumten, aber dunkel geränderten Augen. Eine Nacht der Erfüllung lag hinter ihm. Jeanette war die zärtlichste Geliebte, die er je in den Armen gehalten hatte, aber auch die ausdauerndste. Wer sich da nicht blamieren wollte, mußte ein Rückenmark aus Stahl haben. Aubin, das muß man sagen, war durchtrainiert, aber am Morgen seufzte er tief und dankbar auf, als Jeanette endlich in einen bleiernen Schlaf fiel. Er war nahe daran gewesen, um Gnade zu betteln und zu kapitulieren.
    Im Laufe dieser Marathonnacht aber hatte man sich noch geeinigt: Sie gibt ihr Zimmer bei Madame Laplasse auf und zieht zu ihm ins Hotel. Um die

Weitere Kostenlose Bücher