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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie?«
    »Mariette«, sagte Josephine schnell.
    »Wenn Sie wissen, wo Josephine ist, Mariette, aber es mir nicht sagen wollen … bitte gehen Sie zu ihr und fragen Sie sie, wo wir uns allein treffen können.«
    »Ich … ich will es versuchen, Madame.« Josephine atmete ein paarmal tief durch. Sie trat hinter Petra zurück, kam um den Sessel herum und setzte sich in den Schaukelstuhl. Während sie hin und her schaukelte, dachte sie wieder an René und an den Tag, an dem er ihr den Stuhl geschenkt hatte, und wie sie auf seinem Schoß gesessen hatte und sie sich schaukelnd liebten. Vorbei das alles durch diese Frau dort drüben. Sie muß sterben. Es gibt nichts anderes, was mich befreit. »Viel Hoffnung habe ich nicht.«
    »Sagen Sie Josephine, ich lasse sie bitten.«
    »So sehr lieben Sie Monsieur?«
    »Ja, Mariette.«
    »Genauso hat Josephine ihn geliebt, Madame.«
    »Ich weiß es. Und darum müssen wir miteinander sprechen …«
    Wie betäubt blieb Josephine in ihrem Haus zurück, als Petra wieder hinaus in die Sonne trat, die Holzstufen hinunterging und weiter durch das kleine Dorf wanderte. Die Frauen und die Alten grüßten sie wieder freundlich und ehrerbietig, aber mit fragenden, lauernden Blicken. Es hatte sich im Dorf sofort herumgesprochen, daß Madame bei Josephine im Haus gewesen war.
    Am Ende des Dorfes setzte sich Petra an den Rand eines über die Felsen springenden Baches und sah den nackten Kindern zu, die lachend und kreischend wie alle Kinder unter den kleinen, von großen Steinen gebildeten Wasserfällen herumtobten. Dann ging sie den Weg zurück, sah Mariette wieder vor ihrem Haus sitzen und winkte ihr zu.
    Josephine-Mariette winkte zurück, mit verschlossenem Gesicht zwar, aber sie reagierte. Das Kinn auf beide geballte Fäuste gestützt, starrte sie Petra nach, haßte ihren Gang, die Form ihrer schlanken Beine, die Linien ihres Körpers und vor allem ihre blonden Haare. Warum schweigt Onkel Jules, dachte sie. Warum tut er nichts? Prallt der Voodoo-Zauber von ihr ab? Ist er ein alter, lahmer Mann geworden, der nur noch vom früheren Ruhm lebt? Es muß etwas geschehen, noch bevor René sie heiratet. Sie hat Mut, wie erstaunlich ist das! Sie ist ein echter Gegner, das macht alles leichter. Es wird ein ehrlicher Kampf sein.
    Am Abend, als René aus Fort de France zurückkam, zufrieden mit den abgeschlossenen Vorverträgen für einen neuen Exportmarkt, war die Terrasse festlich gedeckt. Der Swimming-pool und der Park waren beleuchtet wie bei einer großen Party, und der schwarze Diener trug seine weiße Festtagsuniform, die noch Renés Vater entworfen hatte. Er hatte so etwas Ähnliches bei einer Reise durch Indien gesehen und war davon begeistert gewesen. So entstand eine Fantasieuniform, auf die jeder Domestique wahrhaftig stolz sein konnte, weil man darin aussah wie ein General. Aus der Küche zog der Duft von Braten und Gewürzen.
    René hatte aus Fort de France einen riesigen Blumenstrauß mitgebracht. Langstielige rote Rosen, es waren die einzigen Blumen, die nicht im Birotschen Park blühten.
    »Was ist denn los?« rief er, nachdem er Petra mehrmals geküßt hatte. Rosette, die Zofe, lief schon mit dem Rosenstrauß weg, um ihn in eine Vase zu stellen. »Du lieber Himmel, habe ich einen wichtigen Tag vergessen? Deinen Geburtstag, den Tag, an dem wir uns kennenlernten, die Stunde des ersten Kusses? Liebling, was feiern wir heute?!«
    »Einen kleinen Sieg, René.« Sie drückte ihn in den Sessel, goß den eisgekühlten Champagner, den sie bereitgestellt hatte, in die Gläser, reichte Birot ein Glas und prostete ihm zu. »Ich habe mit Josephine gesprochen. Mir gegenüber nennt sie sich Mariette.«
    Es war verständlich, daß das herrliche Abendessen René nicht mehr schmeckte.
    Die Überraschung war voll gelungen: André Casarette brauchte fast eine Minute, um zu begreifen, daß es mit seiner Einsamkeit vorerst vorbei war. Er stand bis zum Ende dieser Gedanken wie angewurzelt vor dem Stolleneingang, und erst ein neuer Hustenanfall, bei dem er sich wieder krümmte, als müsse er die Lunge herausspucken, löste seine Erstarrung.
    »Da sind Sie ja endlich«, sagte Jean Aubin und hörte damit auf, eine Luftmatratze mit einem Fußblasebalg aufzublasen. »Mann, haben Sie eine Lungenarie drauf. Gesund scheint Ihr Beruf nicht zu sein! Sie sollten eine Filtermaske tragen, wenn's da drinnen so gewaltig staubt. Dürfen wir Sie zu einer kreolischen Bohnensuppe einladen? Scharf wie die Weiber von Ricauds

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