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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hauch!« Aubin setzte sich, tätschelte Jeanette den Hintern, damit seinen Besitzanspruch kundgebend, was sie mit einem bösen Blick bedachte, und zeigte auf den Stuhl neben sich. »Nehmen Sie Platz, André. Meine Süße wird gleich die Suppe ausschenken. Vertragen Sie eigentlich kreolische Bohnensuppe? Es geht da die Sage von einem Mann, der aß vier Teller und hat dann in der Nacht doch glatt das Hausdach weggepustet. Denken Sie an Ihre leichte Hütte …«
    Es wurde ein geselliger Abend. Aubin erzählte von Marseille, Jeanette von ihren Trampreisen und Casarette von den Aufgaben eines Geologen und Vulkanologen. Zweimal in dieser Zeit meldete sich das Funkgerät. Casarette winkte ab und blieb sitzen. Du Vollidiot von Bataille, dachte er verbittert. Ich habe dir doch gesagt: Halt die Schnauze, bis ich mich von selbst melde.
    »Keine Lust!« sagte er und lachte etwas zu laut. »Wieder die Burschen vom Institut. Haben auch Langeweile. Rufen ab und zu an und erzählen die neuesten Witze oder das, was sie am Abend vorher mit den Frauen in Fort de France angestellt haben. Pardon, Mademoiselle, aber es ist so.« Er machte im Sitzen eine Verbeugung zu Jeanette und griff nach einer saftigen Mangofrucht.
    »Und wenn's nun dringend ist?« fragte Aubin.
    »Was soll denn dringend sein?«
    »Vielleicht wackelt der Berg?«
    »Das würde ich zuerst hier spüren.«
    Die Nacht brach schnell herein, wie das in den Tropen so üblich ist. Eine kurze, unendlich flammende Phase des Sonnensterbens, eine Welt voll Glut und Farben, dann die Nacht, als wäre sie ein Tuch, das man über die Erde zieht. Die Felsen und der Wald atmeten die Hitze des Tages aus, ein unbeschreiblicher Duft hing wie eine Wolke in der warmen Luft. Tierlaute, die Aubin auch nicht kannte, belebten den nächtlichen Urwald. Auf dem Tisch brannte jetzt eine trübe Gaslampe, umflattert von einigen riesigen Faltern.
    »Trinken wir noch einen?« fragte Aubin und gähnte ungeniert. »Ich habe weißen Rum da und Maracujasaft. Wir sollten unser Kennenlernen feiern.«
    »Wenn ich Sie damit nicht beleidige – bitte heute nicht, Jean! Ich bin todmüde. Die Arbeit im Berg ist eine Knochenarbeit.«
    »Müssen Sie das denn, André? Ist das Aufgabe von Geologen?«
    »Nein. Es ist meine eigene Methode, knochenbrechend, aber wirksam und genau. – Hauen wir uns hin.«
    Casarette küßte Jeanette wieder die Hand, was Aubin für übertrieben und geradezu blöd hielt, und ging in seine Hütte. Ein Licht flammte auf, sicherlich eine Batterielampe, und Aubin drehte sein Gaslicht aus. In der fahlen Dunkelheit standen sich Jeanette und er gegenüber.
    »Er gefällt mir nicht«, sagte Aubin leise.
    »Mir gefällt er sehr.«
    »Nur, weil er dir die Hand ableckt! Der Bursche hat zwei Gesichter. Sei vorsichtig, Liebling.«
    »Huch! Schon eifersüchtig?« sagte sie kokett.
    »Quatsch! – Geh ins Zelt, Geliebte, und richte das Liebeslager.«
    »Rindvieh!«
    Aber sie ging, und Aubin setzte sich wieder auf seinen Klappstuhl, genoß die helle, warme, duftende Nacht und dachte an Casarette. Der Bursche war undurchsichtig – das stimmte. Er war ein Geologe, ein sehr guter sogar, er hatte in Frankreich sogar einen Namen in seinem Fach durch eine Buchveröffentlichung, in der er fast romanhaft das Paläozoikum beschrieb. Das Publikum übersah natürlich dieses erdgeschichtliche Buch, aber die Fachwelt merkte sich den Namen André Casarette. Seine Berufung nach Martinique war eine ehrenvolle Aufgabe – das alles stimmte. Was nicht in dieses reine Bild paßte, war sein Verschwinden in der totalen Wildnis und seine geheimen Funkkontakte. Mit wem sprach er und – das war die ganz große Frage – was gab es von hier, aus dem Urwald im Bergmassiv, nach draußen zu berichten? Wer rief Casarette an? Was wollte er von ihm? Es konnte völlig harmlos sein, natürlich, und wenn es harmlos war, hatte man jetzt die Gelegenheit, ein solches Gespräch zu belauschen.
    Als Aubin vorhin sagte, der Funkapparat habe zweimal gerappelt, war das ein Bluff gewesen. Nichts hatte sich gerührt, aber Casarette war darauf eingegangen, fabelhaft beherrscht, ohne ein Zeichen von Überraschung oder lauernder Vorsicht. Und doch hatte er reagiert – in den Augenwinkeln hatte es gezuckt, und Aubin hatte es genau gesehen.
    Nachdenklich ging er langsam zu seinem Zelt, kroch hinein und legte sich neben Jeanette auf die Luftmatratze.
    »Was ist?« fragte sie, als er schwieg, beugte sich über ihn und sah ihm in die Augen.
    »Nichts,

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