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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zur Polizei. Der Präfekt ist oft mein Gast, er angelt zu gern Marline und Haie. Und der Leiter der Zollbehörde? Er ist ganz geil auf Sägefische!« Der Comte trank noch einen Schluck Moët. »Ich kann zufrieden sein. – Wann kommt die Ladung an Land?«
    »Morgen.« Bataille beugte sich etwas vor. »Nur zur Information: Sind 470.000 Dollar vorhanden?«
    »Welche Frage!« Der Graf tat beleidigt. »Unter Freunden …«
    »Freundschaften bleiben draußen, wenn man Geschäftsräume betritt.«
    »So ist er, der gute Roger!« sagte Comte de Massenais klagend und blinzelte Marie zu. »Ich bewundere Sie, Madame, daß Sie bei ihm so lange aushalten.«
    Einer der Franzosen, zwei Tische weiter, stand jetzt auf und ging hinaus zur Toilette. Aber in der Vorhalle schwenkte er ab und betrat eine der gepolsterten Telefonzellen des Hôtels L'Impératrice. Er versicherte sich, daß die Tür auch dicht geschlossen war und wählte dann eine kurze Nummer.
    »Wir sind im Le Josephine. Etwas Merkwürdiges ist geschehen: Der Comte de Massenais kommt auch ins Restaurant, stolpert über einen Fuß von Bataille, und es sah so aus, als wolle er sich daraufhin mit ihm duellieren. Bataille lädt ihn als Genugtuung zu einer Flasche Moët ein, und nun sitzen sie zusammen an einem Tisch und scheinen sich zu vertragen.«
    »De Massenais?« sagte eine Stimme im Telefon. »Das ist absurd. Das ist wirklich nur ein Zufall! Was tun Sie jetzt?«
    »Wir haben ein Essen bestellt.«
    »Was?«
    »Hummer Thermidor.«
    »Sind Sie verrückt, Alain?!«
    »Es ist noch das Billigste auf der Karte, Monsieur.«
    »Eine Hühnersuppe hätte es auch getan!«
    »Nicht im Le Josephine.«
    »Sie schädigen den Staat, Alain! – Bleiben Sie jedenfalls in der Nähe.«
    »Und wenn sie in ein Nachtlokal weitergehen?«
    »Dann folgen Sie ihnen. Welche Frage!«
    »Das kostet noch mehr als ein Hummer Thermidor, Monsieur.«
    »Sie brauchen ja keinen Dom Pérignon zu saufen, Alain! Es gibt auch billige, aber gute Weine.«
    Der Franzose, der Alain genannt wurde, legte auf und ging ins Restaurant zurück. Der zweite Gast war gerade dabei, den soeben servierten Hummer zu zerteilen. Er blickte kurz auf, nickte und Alain nickte ebenso kurz zurück.
    Zwei Tische weiter bestellte Bataille ein sechsgängiges Diner und ließ sich wegen des Weins beraten. Bei einem Umsatz von 470.000 Dollar ist ein üppiges Abendessen durchaus angebracht.
    Mamissi Wata war ein Mensch, den im Leben kaum etwas erschrecken konnte. Schon ihr Priesteramt für die Wassergöttin und die Nixe Wata war so angefüllt mit erschreckenden Opfern und Ekstasen, der Umgang mit den Göttern und ihren Geheimnissen war so menschenfern und weltentrückt, daß es eigentlich nichts mehr gab, was ihr das Herz Zusammenkrampfen ließ.
    Jetzt aber spürte sie, daß sich ein kalter Stein auf ihr Herz legte und das Atmen behinderte. Sie sah Jules Tsologou Totagan mit weiten Augen an, strich mit beiden Händen über ihren massigen Körper und schnaubte erregt durch die breite, flache Nase.
    »Wem willst du opfern?« fragte sie gepreßt.
    »Dem Totengott.« Jules ging langsam zurück zum Kofferraum, beugte sich hinein und holte zunächst zehn Voodoo-Eisen heraus. Es waren Spieße, die man in die Erde stößt und deren Kopf wie geöffnete, krallenförmige Hände aussehen. In sie hinein legt man die Geschenke für die Götter, Hahnenköpfe, Früchte, Gemüsebrei, Obst.
    Jules trug die Spieße zum Strand, steckte sie in einem weiten Kreis in den Sand und schleppte dann vom Kofferraum in diesen Kreis Säcke, Kartons, Schüsseln und Eimer herbei. Über zwanzigmal lief er hin und her und schnauzte Mamissi Wata an, als sie ihm helfen wollte, die geheimnisvollen Sachen zu tragen.
    Über eine Stunde dauerte darauf der Aufbau. Grell bemalte oder weiß getünchte Voodoo-Puppen saßen ebenfalls rund im Kreis zwischen den Opferspießen, ein Teil des Strandes war mit Glasscherben von Flaschen, Gläsern und Schüsseln übersät, die Jules aus drei großen Säcken ausgeschüttet hatte, drei Hähne in ihren Holzkäfigen schrien ängstlich und warfen sich gegen die Gitterstäbe, als ahnten sie, was ihnen bevorstand. Das Zicklein lag mit zusammengeschnürten Beinen im Sand und stierte klaglos in die Sonne.
    Jules Totagan reckte sich, schloß die Augen und streifte seine Kleidung ab bis auf ein knappes, rotes Lendentuch. Mamissi Wata staunte. Trotz seines Alters hatte Jules noch einen guten Körper, etwas knochig und faltig in der Haut, aber durchaus

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