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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sinken lassen wollte, um seine Bestellung aufzugeben, betrat ein einzelner Gast das Restaurant. Er trug einen grauen Maßanzug, ein rosa seidenes Hemd, eine dezente silbergraue Krawatte und hatte das rötliche Haar sichtlich mit Dauerwellen zu Locken drehen lassen. Was aber besonders an ihm auffiel und wirklich außergewöhnlich war, blitzte um seinen Hals: eine lange goldene Kette, an der ein ebenfalls goldenes Lorgnon baumelte. Daß ein Mann ein solches sonst nur von Frauen der exaltierten Gesellschaft bevorzugtes Brillenglas benutzte, war wirklich auffällig.
    Der neue Gast sah sich etwas hochmütig um, übersah den sofort mit einer Verbeugung grüßenden Chef des Restaurants, schritt würdevoll an Batailles Tisch vorbei zu einem der freien Tische und stolperte über Batailles etwas in den Gang ragenden rechten Schuh. Konsterniert hob der Gast sein Lorgnon an die Augen und musterte Bataille.
    »Pardon!« sagte er schnarrend. »Entschuldigen Sie, daß ich Ihren Fuß belästigt habe. Sind Sie verletzt? Spüren Sie Schmerzen?«
    Der zweite freie Tisch wurde jetzt von zwei Herren besetzt, die gerade hereingekommen waren und offensichtlich Franzosen waren. Sie unterhielten sich lebhaft und achteten nicht auf die Szene ein paar Tische weiter. Bataille sprang sofort auf und straffte sich.
    »Monsieur, ganz meine Schuld!« sagte er voll Selbstanklage. »Wie kann ich Ihren Schreck besänftigen? Erlauben Sie mir, Sie zu einem Glas Champagner einzuladen. Oder ist Ihnen ein Cocktail lieber?«
    Der elegante Gast betrachtete durch sein Glas Marie Lupuse, machte eine stramme, fast militärische Verbeugung und riß sich zu einem Lächeln hin. »Henri Comte de Massenais –« stellte er sich vor. »Wenn Madame die Einladung goutieren …«
    Marie starrte den Grafen entgeistert an. Noch keine drei Stunden war es her, daß Roger mit dem Comte gesprochen hatte, und jetzt taten beide so, als sähen sie sich zum erstenmal. Sie nickte deshalb nur und schielte zu Bataille hinauf, der sich erst setzte, als der Graf Platz genommen hatte. Der Chef des Restaurants brachte sich mit einer neuen Verneigung wieder in Erinnerung.
    »Zuerst eine Flasche Moët!« sagte Bataille. »Ist es recht, Comte de Massenais?«
    »Superb!« Der Graf wartete, bis der Chef weggegangen war, dann begann er leise glucksend zu lachen und blinzelte Bataille zu. »Vorzüglich, Roger, wie Sie mitspielen!« sagte er in vernünftigem Ton. Und zu Marie, die ihn ungläubig anstarrte: »Das war ein Scherz, Madame, ein kleines Spielchen, das Roger und ich so gern spielen. Seitdem ich diese Macke vor mir hertrage, gelte ich als der feinste Mann von Martinique. Die Welt will betrogen sein. Achtung, da kommt der Champagner!« Comte de Massenais hob das Lorgnon an die Augen und musterte kritisch die Flasche. »Ist sie eisgekühlt?«
    »Wie Sie es lieben, Monsieur le Comte«, versicherte der Maître.
    Der Graf nickte hoheitsvoll auf die Gläser, die jetzt gefüllt wurden. Die zwei Franzosen einen Tisch weiter bestellten einen Hummer Thermidor und einen trockenen Weißwein aus dem Gebiet des Chablis. Sie unterhielten sich laut über das Golfspiel.
    »Cheerio!« sagte Bataille leise, als sie die Gläser hoben. »Es war unmöglich, früher zu kommen. Genügen Ihnen zehn Stück?«
    »Es sollten zwanzig sein, Roger!«
    »Guadeloupe war heiser!« Bataille lachte in sich hinein. »Sie haben so gebettelt, daß ich ihnen mehr gegeben habe.« Sie stießen mit den Champagnergläsern an und tranken dann mit der steifen Haltung sich versöhnender Offiziere. »In zwei Wochen wird Riccardo Válese herüberkommen und mehr mitbringen. Bis dahin müßt ihr leider rationalisieren.«
    Marie Lupuse blickte von Bataille zu dem Grafen und stellte ihr Glas hart auf den Tisch. »Was ist hier eigentlich los?« fragte sie lauter, als sie wollte. Bataille sah wieder die Kehrseite seines Glücks mit Marie: Das dämliche Stück wird immer mehr zu einer Gefahr!
    »Es ist am besten, du hältst den Mund und lächelst nur«, sagte er gepreßt. »Henri Comte de Massenais ist ein Reeder auf Martinique. Ihm gehören drei Ausflugsschiffe, drei Hochseeangel-Kreuzer und vier Segelschiffe. Stimmt's?«
    »Nein.« Massenais hob sein Lorgnon wieder vor die Augen und musterte Marie mit sichtbarem Wohlgefallen. »Drei Ausflügler, sechs Hochseeangel-Jachten und fünf Segler.«
    »Gratuliere. Das ist schon eine Großreederei! Und sonst, Henri?«
    »Zu den Behörden habe ich die besten, ja freundschaftlichen Beziehungen. Auch

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