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Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern

Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern

Titel: Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherina Rust
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Flüssigkeit des Bittermanioks über den Tisch hinab, wo sich Tröpfchen für Tröpfchen in einem Topf unter der Arbeitsfläche sammelte. Wenn ein Dorfhund an dem Behälter mit der säuerlich riechenden, giftigen Flüssigkeit entlangstrich, um daran zu schnuppern, wurde er unsanft mit einem Fußtritt verscheucht. »S chuuh, schuuh, Kaikushi Kapele«, mach, dass du fortkommst, garstiger Hund!
    Koi und ich standen immer noch etwas unschlüssig herum. Das Maniokreiben schien doch eine recht lustige Sache zu sein, ganz anders als die Schälerei. Koi hatte schon mehrfach beiläufig erwähnt, dass sie gerne eine eigene Reibe hätte, was bislang aber nicht auf offene Ohren gestoßen war.
    Pulupulus Stimme riss uns aus unseren Gedanken. »N a? Wollt ihr euch doch nützlich machen?« Wir nickten energisch. Pulupulu verschwand kichernd in der Kochhütte von Jakonos Familie. Als sie wieder herauskam, überreichte sie uns beiden je ein kleines Reibebrett.
    Das Maniokreiben gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet. Der Tisch, der in der Mitte eine große Vertiefung hatte, war nämlich zu hoch für uns. Selbst wenn wir uns beim Maniokreiben auf die Zehenspitzen stellten, blieb die Arbeit anstrengend. Unsere Reiben rutschten immer wieder ab und landeten mitten im Maniokmatsch, was die Frauen mit einem nachsichtigen Lächeln kommentierten: »V ersucht es noch mal. Bald könnt ihr das so gut wie wi r .« Doch egal, wie sehr wir uns auch anstrengten, die Maniokknollen wurden einfach nicht kleiner. Sie waren steinhart. Schon nach kurzer Zeit wurden mir die Arme müde. Koi schien es ähnlich zu gehen. Auch sie sah etwas mitgenommen aus. Aber wie immer wollte sich keine vor der anderen eine Blöße geben. Und so machten wir weiter, bis unsere Hände ganz rot waren und unsere Arme kribbelten, als liefen Tausende von Maikwattos, kleine Ameisen, darüber.
    Die alte Pulupulu beobachtete uns eine Weile. Schließlich erwähnte sie beiläufig, dass sie frisches Flusswasser gebrauchen könne. Erleichtert ließen wir unsere Mini-Maniokreiben sinken und stoben mit dem Wasserkessel davon. Als wir wiederkamen, waren die Frauen bereits beim spannendsten Teil der Maniokverarbeitung angelangt. Inzwischen hatten sie den ganzen Maniokberg zu Brei gerieben, dabei war der giftige Saft unaufhörlich in den großen Topf unter der Platte getropft. Jeder Tropfen war kostbar. Gekocht war der Manioksud die stärkehaltige Basis für beinahe alle Speisen.

    Der Maniokfladen wird gebacken
     

    Woi auf dem Trockengestell
     
    Zwei Frauen kamen nun aus der Kochhütte heraus. Auf ihren Schultern trugen sie die schlauchförmige Maniokpresse. Der geflochtene Schlauch war im Durchmesser etwa so dick wie ein Arm und am oberen wie am unteren Ende mit einer Schlaufe versehen. Die Frauen hoben den Schlauch gemeinsam in die Höhe und balancierten auf Zehenspitzen, bis er am vorstehenden Dachbalken der Kochhütte aufgehängt war. Das war an sich schon eine spannende Angelegenheit. Es erforderte einiges Geschick, bis der Schlauch genau dort hing, wo man ihn haben wollte. Durch die untere, schmalere Schlaufe wurde eine Holzstange gesteckt. Sie musste so stabil sein, dass man sich darauf setzen konnte, ohne dass sie dabei entzweibrach.
    Jetzt waren wir an der Reihe. Während die Frauen von oben den frisch geriebenen Maniokbrei in den Schlauch füllten, pieksten Koi und ich uns gegenseitig erwartungsvoll in die Rippen. Wer würde wohl als Erster an der Reihe sein?
    »D u.«
    »N ein du, ich bin bestimmt nach dir dran.«
    Am Ende hockten wir uns beide nebeneinander auf die Hebelstange, die mit ihrem anderen Ende an einem Pfosten befestigt war. Der Schlauch, der durch unser Gewicht auf der Stange in die Länge gezogen wurde, spannte sich. Er wurde schmaler und länger, was den Maniokbrei in seinem Innern zusammenpresste. Aber das war ja der Sinn der Angelegenheit. Unter uns tröpfelte ein dünnes Rinnsal Manioksaft in einen Tontopf hinein. Als nichts mehr nachkam und wir vorsichtig von der Stange rutschten, schnellte der Schlauch sofort in die Höhe. Die Frauen befüllten ihn erneut mit frischem Maniokmatsch, und wir durften wieder Platz nehmen, um den Hebel nach unten zu drücken. Nach jeder Runde wurde die Konstruktion vom Dachbalken heruntergenommen und ausgeleert. Die Presslinge wurden in handliche Stücke zerteilt, die anschließend auf ein Trockengestell in die Sonne wanderten. Rollen wie übergroße Kreidestücke, die einen leicht säuerlichen Geruch

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