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Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern

Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern

Titel: Das Mädchen vom Amazonas: Meine Kindheit bei den Aparai-Wajana-Indianern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherina Rust
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worden und hatte den Tag für das Fischfest in Mashipurimo festlegen dürfen.
    Folglich oblag es auch Anakalena, den Männern und Frauen des Dorfes die Stelle im Urwald zu zeigen, an der sich ein lohnender Bestand giftiger Lianen finden ließ. Nur die Aissali enthielten den Saft des »e wigen Schlafs«, ein kurareartiges Lähmungsgift, das in alter Zeit auch zum Bestreichen von Pfeilen bei der Jagd benutzt wurde. Wobei Kurare eigentlich eher eine Sammelbezeichnung für verschiedene Arten von Gift ist, deren Bedeutung nur die Völker des Regenwalds genau kennen.
    Offensichtlich hatte sich der Ausflug in den Urwald gelohnt. Die Männer und Frauen stellten ihre vollgepackten Kiepen und Körbe vor unserem Rundhaus in der Dorfmitte ab. Ungläubig rieb sich Mikulu die Augen. Auch Koi und ich waren angesichts der großen Mengen erstaunt. Das war ja genug, um alle Fische im Fluss in Tiefschlaf zu versetzen. Dass Anakalena so viel gefunden hatte, war wirklich Glück. Es kam durchaus vor, dass man im tiefen Dickicht des Regenwalds nicht fündig wurde oder die Lianen noch zu jung waren und man mit leeren Händen ins Dorf heimkehrte. Überall gab es verschlungene Lianen, Luftwurzeln, symbiotische Gebilde aus Bäumen und Epiphyten, jene Gewächse, die es sich auf den Ästen und in den Kronen der anderen Pflanzen bequem machten – gewissermaßen vegetarische Vampire. Gerade wegen der Vielzahl an Kletterpflanzen musste man genau wissen, welche giftig waren und welche nicht, welche Kombination sich für welchen Zweck eignete. Als Gift, als Betäubungsmittel, als Material für Flechtwerk und Tanzmäntel oder als robustes Bindematerial beim Bau einer neuen Hütte. Wer sich nicht so gut mit den Pflanzen des Regenwalds auskannte wie Großvater Araiba, der konnte eine Katastrophe anrichten.
    Voll des Lobes für die Hilfe seiner Gefolgsleute, nahm der »H err der Aissali« eine Kiepe nach der anderen in Verwahrung. Keiner sollte auf die Idee kommen, über Nacht damit Unfug anzustellen. Bündel für Bündel wurde an die Stützpfosten unseres Polootoppos gehängt. Sicher war sicher. Am kommenden Morgen sollten die Lianen auf den Felsbänken am Ufer ausgeklopft werden. Eine spannende Angelegenheit, die wir auf keinen Fall verpassen wollten.
    In der Nacht vor dem großen Fischzug bekam ich kaum ein Auge zu. Koi und ich waren zuversichtlich, dass wir den ganzen Fluss ausräumen würden und alle Nebenflüsse dazu. Anschließend würden wir so viel geräucherten Fisch in uns hineinstopfen, bis er uns wieder zu den Ohren herauskäme. Im Halbschlaf wimmelte es vor meinen Augen nur so von Harnischwelsen, Pakus, Zitteraalen, Riesenfischen und kleinen Pitus.
    Am nächsten Morgen wurde ich von einem sanften Kitzeln auf meiner Stirn geweckt. Vermutlich ein kleiner Käfer, der einen Spaziergang über mein Gesicht machte. Ich drehte mich in meiner Hängematte um, um weiterzudösen, doch es kitzelte erneut, diesmal stärker. Das musste schon eine ausgewachsene Spinne sein. Erschrocken öffnete ich die Augen. Doch es war Koi, die sich über mich gebeugt hatte. Was da so fürchterlich kitzelte, war nur eine kleine grüne Feder von einem Pirischi, einem grünen Papagei. Kois Grinsen zog sich von Ohr zu Ohr. »P sssthh!«, machte ich, meine Eltern sollten auf keinen Fall geweckt werden. Aber genauso lautlos, wie sie aufgetaucht war, hatte sich Koi schon wieder nach draußen verkrümelt.
    Aus der Ecke, wo die Hängematten meiner Eltern hingen, ertönte gleichmäßiges Schnarchen. Mein Vater murmelte irgendetwas, das nach Aissali klang, es konnte aber auch Alimi heißen, ich war mir nicht sicher. Nicht annähernd so lautlos wie Koi stieg ich aus meiner Hängematte und eilte nach draußen. Mit etwas Glück würde ich Koi noch einholen.
    Als ich bei den Felsbänken am Ufer ankam, war schon das halbe Dorf auf den Beinen. Koi und Mikulu begrüßten mich mit freudigem Gejohle. Die kleine Tanshi saß zwischen ihnen und streckte ihre Ärmchen nach mir aus. Auf den Felsen hockten ein paar Frauen, die emsig mit Holzscheiten auf unzählige Lianenbündel eindroschen. Tock, tock, tock, hallte es ohrenbetäubend über die ganze Bucht, wie das Klopfen wild gewordener Spechte. Auch Antonia saß über ein Bündel Lianen gebeugt, auf das sie im Wechsel mit einer alten Frau aus dem Nachbardorf einschlug. Nach ein paar Hieben war die Liane zerfasert, und eine neue wurde auf den Felsen gelegt.
    Malina wies uns an, uns unter gar keinen Umständen an den Kataulis, den mit Lianen

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