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Das Mädchen.

Das Mädchen.

Titel: Das Mädchen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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flüsterte sie mit zitternder Stimme. »Oh, sieh dir das an, Tom. Siehst du's?«
    Die meisten Meteoriten waren kaum mehr als weiße Blitze: dünne und gerade Leuchtspuren, die so rasch verschwanden, daß man sie für Halluzinationen hätte halten können, wenn sie nicht so zahlreich gewesen wären. Einige wenige - fünf, vielleicht acht - erhellten den Himmel jedoch wie lautlose Feuerwerksraketen, gleißend helle Leuchtspuren, die an den Rändern orange zu glühen schienen. Dieses Orangerot konnte eine durch Blendung hervorgerufene Illusion sein, aber das glaubte Trisha nicht. Irgendwann ließ der Schauer nach. Trisha sank zurück und bewegte ihre verschiedenen schmerzenden Körperteile so lange hin und her, bis sie wieder bequem lag ... zumindest so bequem, wie unter diesen Umständen möglich. Dabei verfolgte sie die immer selteneren Leuchtspuren, mit denen Gesteinsbrocken, die viel weiter vom rechten Weg abgekommen waren, als es ihr je möglich sein würde, in den Schwerkraftbrunnen der Erde fielen, zuerst rotglühend wurden, wo die Erdatmosphäre sich verdichtete, und dann mit kurzem Aufleuchten verglühten. Trisha beobachtete sie noch immer, als sie einschlief.
    Ihre Träume waren lebhaft, aber bruchstückhaft; sozusagen ein geistiger Meteoritenschauer. Der einzige, an den sie sich einigermaßen deutlich erinnern konnte, war der, den sie gehabt hatte, kurz bevor sie mitten in der Nacht aufwachte: hustend und frierend, mit bis zum Kinn hochgezogenen Knien auf der Seite liegend und am ganzen Leib zitternd. In diesem Traum sah Trisha sich mit Tom Gordon auf einer früheren Wiese, die nun zum größten Teil wieder mit Büschen und Bäumen, vor allem Birken, bewachsen war. Tom stand neben einem zersplitterten Pfosten, der ihm ungefähr bis zur Hüfte reichte. Oben in diesen Pfosten eingelassen war ein alter Ringbolzen, rostrot, den Tom zwischen seinen Fingern vor und zurück schnippte. Er trug seine Aufwärmjacke über seiner Spielerkleidung. Über der grauen Spielerkleidung, weil er heute abend in Oakland sein würde. Sie hatte Tom gerade nach »dieser Zeigesache« gefragt. Natürlich kannte sie die Antwort, aber sie hatte trotzdem danach gefragt. Vielleicht weil Walt aus Framing-ton es hatte wissen wollen, und ein El Dopo mit Mobiltelefon wie Walt würde keinem kleinen Mädchen glauben, das sich im Wald verirrt hatte; Walt würde es von dem Closer persönlich hören wollen.
    »Ich deute, weil es Gottes Art ist, in der zweiten Hälfte des neunten Innings ins Spiel zu kommen«, sagte Tom. Er schnippte den Ringbolzen auf dem Pfosten zwischen den Fingern vor und zurück. Vor und zurück, vor und zurück. Wen rufen Sie an, wenn Ihr Ringbolzen kaputt ist? Einfach 1-800-54-RINGB0LZEN, versteht sich. »Vor allem wenn die Bases besetzt sind und nur ein Spieler aus ist.« Im Wald keckerte irgend etwas darüber, vielleicht verächtlich. Das Keckem verwandelte sich in ein Klappern, das lauter und lauter wurde, bis Trisha im Dunkeln die Augen öffnete und erkannte, daß dies das Geräusch ihrer eigenen Zähne war. Sie rappelte sich langsam auf und verzog schmerzlich das Gesicht, als jeder Teil ihres Körpers protestierte. Ihre Beine waren am schlimmsten, dicht gefolgt von ihrem Rücken. Ein Windstoß traf sie - diesmal kein Hauch, sondern eine Bö - und warf sie fast um. Trisha fragte sich, wieviel Gewicht sie verloren haben mochte. Eine Woche dieser Art, dann kann man mich an eine Schnur binden und wie einen Drachen steigen lassen, dachte sie. Sie fing an, darüber zu lachen, und ihr Lachen ging in einen weiteren Hustenanfall über. Sie stand mit gesenktem Kopf und knapp über den Knien auf die Schenkel aufgestützten Händen da und hustete. Der Husten begann tief in ihrer Brust und kam als eine Folge harscher Bellaute aus ihrem Mund. Klasse. Echt Klasse. Sie drückte die Innenseite ihres Handgelenks an ihre Stirn, ohne jedoch beurteilen zu können, ob sie Fieber hatte oder nicht.
    Trisha ging breitbeinig watschelnd - ihre wunden Gesäßbacken rieben sich weniger aneinander, wenn sie das tat - zu den Kiefern zurück und brach weitere Äste ab, mit denen sie sich diesmal wie mit einer Decke zudecken wollte. Sie schleppte einen Armvoll zu ihrem Bett zurück, holte noch eine Ladung und blieb auf halbem Weg zwischen den Bäumen und der mit Kiefernnadeln gepolsterten Mulde stehen, die sie für ihr Lager ausgewählt hatte. Sie drehte sich unter den funkelnden Vieruhrsternen langsam einmal um sich selbst.
    »Kannst du mich nicht in

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