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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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Zumindest weiß niemand etwas über ihn.«
    »Aber Marjann hat mir doch seine Briefe gezeigt«, erwiderte Fine. »Ich habe sie alle gelesen. Hannes arbeitet im Hafen. In einer Stadt, die Portland heißt und am Ozean liegt, das weiß ich von einer Landkarte.«
    »Dazu kann ich nichts sagen. In Portland ist wohl keiner gewesen von den anderen Leuten, die aus unserer Gegend nach Amerika gegangen sind. Aber es fällt schon auf, dass Hannes sich bei keinem von denen gemeldet hat. Denn die meisten Auswanderer halten miteinander Verbindung in dem fremden Land.«
    »Hannes lügt doch wohl nicht in seinen Briefen?« Fine hielt den Atem an.
    »Wir wissen zu wenig«, meinte Ulla beschwichtigend. »Darum dürfen wir niemandem unrecht tun, weder Hannes noch Marjann. Amerika ist groß. Und wenn ein Auswanderer von anderen Auswanderern aus demselben Heimatdorf im neuen Land nicht mehr gesehen wird, dann muss das noch nichts bedeuten.«
    Fine nickte verständig und wollte gleich darauf wissen: »Wer war denn der zweite Verdächtige?«
    »Das war der Lohbauer.«
    »Der Lohbauer?«, rief Fine fassungslos. »Aber der begeht doch keinen Mord! Schon gar nicht für einen Taler!«
    Sie und Basti kannten den Großbauern mit seinem großen Gehöft in Freilingen. Er war noch reicher als der Oberlandbauer und trieb in der Gegend regen Handel. Von den Leuten wurde er wegen seines wirtschaftlichen Geschickes gerühmt. Gleichzeitig fürchteten manche ihn. Denn er war streng gegen sein Gesinde, aber auch gegen sich selbst, wenn es um ertragreiche Arbeit ging.
    Ulla zog die Stirn hoch, als hätte sie einen Gedanken, den sie vor Fine nicht äußern wollte. »Zumindest gehört der Lohbauer zu den Letzten, die Lisbeth lebendig gesehen haben«, erwiderte Ulla. »Er hat morgens zusammen mit seiner Altmagd und Lisbeth eine Fuhre Gänse zum Markt nach Blankenheim gebracht und ist gleich darauf wieder zu seinem Hof nach Freilingen zurückgefahren. Die beiden Frauen sollten dann abends mit dem Erlös zurückkehren.«
    »Also war Lisbeth doch die ganze Zeit mit der Altmagd zusammen?«, wunderte Fine sich.
    »Eben nicht. Das ist es ja gerade. Die Altmagd hatte mit dem Lohbauern abgesprochen, dass sie nach dem Markt noch ihre Schwägerin in Blankenheim besuchen durfte. Sie wollte erst später auf den Hof nach Freilingen zurückkommen. Darum haben die beiden sich getrennt. Lisbeth ist nach Marktschluss allein mit dem Geld losgegangen … und da muss es wohl passiert sein.«
    »Wo war das genau?«
    »Am Dorfrand bei den Schneebeer-Büschen, nicht weit von der Fahrstraße.«
    Ulla sah, wie Fines Gesicht rot geworden war von der Aufregung. Sie reichte ihr einen Becher mit Wasser, den Fine dankbar annahm.
    »Vermutlich hat man sie auf dem Weg überfallen und dann in den Wald gezerrt«, fuhr Ulla fort. »Ihre Eltern haben sie am anderen Morgen gefunden und gleich die Gendarmerie alarmiert. Den Erlös vom Gänseverkauf hatte Lisbeth nicht mehr bei sich.«
    »Aber wenn man sie beraubt hat, kann es doch nicht der Lohbauer gewesen sein«, folgerte Fine. »Dann hätte der ja sein eigenes Geld gestohlen. Das gibt schließlich keinen Sinn.«
    »Da magst du schon recht haben. Aber es könnte ja auch sein, dass das fehlende Geld nur einen Zweck hatte; die Tat wie einen Raubmord aussehen zu lassen und so die Gendarmerie auf eine falsche Fährte zu locken. Möglicherweise war der Mörder an dem Geld gar nicht interessiert. Der Lohbauer geriet auch deshalb in Verdacht, weil er ja wusste, dass Lisbeth diese Straße gehen würde. Und als es passierte, war er nicht auf seinem Hof.«
    »Wo denn dann?«
    »Er selbst hat gesagt, dass er beim Ravenzacher gewesen sei. Da wollte er etwas wegen der Heirat seines Sohnes besprechen. Der Ravenzacher hatte im Auftrag des Lohbauern Erkundigungen nach der Mitgift der Braut eingeholt. Aber niemand im Dorf konnte sich daran erinnern, den Wagen des Lohbauern in der Nähe vom Haus des Ravenzachers gesehen zu haben.«
    »Also ist es nicht sicher, ob er dort war?«
    »Zumindest gibt es dafür keine weiteren Zeugen. Doch der Ravenzacher schwört beim Allmächtigen, dass der Lohbauer zum fraglichen Zeitpunkt bei ihm war.«
    Fine nickte verständig. »Aber weil er gute Geschäfte mit dem Lohbauern gemacht hat, darum könnte es sein, dass der Ravenzacher gelogen hat, um den Lohbauern zu schützen?«
    »Genau so«, bekräftigte Ulla. »Das haben die Gendarmen auch überlegt, doch sie konnten es nie beweisen.«
    Fine schwieg einen Moment, die Neuigkeiten

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