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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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erklärte Gerd. »Wir heißen dich gern als unseren Gast willkommen.«
    Fine bedankte sich und fragte: »Wie geht es denn Gudruns Vater?«
    »Nicht gut, sein Leiden zieht sich hin. Aber an unserer Verlobung hatte er seine Freude, und nun hoffen wir, dass er unsere Hochzeit im Mai noch erleben kann.«
    »Das wünsche ich euch von Herzen«, Fine lächelte aufrichtig.
    Gudrun trug eine Schüssel mit reichhaltiger, heißer Hühnersuppe auf. Bevor die drei zu essen begannen, sprach Gerd ein kurzes Gebet. Fine hatte vermutet, dass man erst in Ruhe die Mahlzeit abhalten wollte, bevor man die heikle Sache ansprach.
    Doch kaum hatte Gudrun den ersten Löffel genommen, da fragte sie schon: »Wie hast du denn eigentlich von Lisbeths Tod erfahren?«
    Da erzählte Fine in aller Offenheit von der Begebenheit mit der Schulklasse auf dem Friedhof, wo niemand etwas über das tote Mädchen zu sagen wusste.
    »Das mag wohl alles sein«, meinte Gudrun bedächtig. »Aber wenn die Leute hier im Dorf darüber schweigen, dann bestimmt nicht, um den Kindern etwas zu verheimlichen. Sondern eher in guter Absicht. Es ist letztlich doch die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder zu schützen.«
    Fine schaute zwischen den Brautleuten hin und her. »Aber falls sich ein solcher Mord nun wiederholt? Das ist es ja, was mich so besorgt. Gerd, du sagst, es sei unwahrscheinlich. Doch wenn die Polizei den Täter nicht gefunden hat, wie ist sie sich dann so sicher?«
    Gerd aß mit gutem Appetit, offenbar war er daran gewohnt, beim Essen über Verbrechen zu sprechen, und auch für Gudrun schien es alltäglich zu sein.
    »Wir haben zwar nicht den Täter, aber wissen einiges über Lisbeth«, meinte er zwischen zwei Löffeln. »Daraus können wir ableiten, dass der Mörder es wohl genau auf sie abgesehen hatte und auf kein anderes Mädchen. So etwas nennt man eine Beziehungstat. Nach allem, was wir wissen, gab es eine besondere Verbindung zwischen Lisbeth und dem Täter.«
    »Und welche?«, fragte Fine prompt.
    Das junge Paar tauschte vielsagende Blicke.
    Ohne Scheu übernahm Gudrun das Wort. »Weißt du, Fine. Diese Frage haben wir erwartet. Natürlich möchtest du wissen, was da möglicherweise zwischen Lisbeth und ihrem Mörder vor der Tat geschehen war. Aber wir sind uns nicht sicher, was wir dir da zumuten dürfen.«
    Fine verstand auf Anhieb, was die vorsichtigen Worte andeuten wollten. Sie staunte. Der Gedanke an eine tiefe Verbindung zwischen Lisbeth und ihrem Mörder war ihr bislang noch nicht gekommen. »Das ist es also?«, entgegnete sie und konnte selbst kaum fassen, welche Richtung das Gespräch nahm. »Lisbeth kannte den Täter und da war auch etwas zwischen ihnen? Haben die beiden sich etwa geliebt?«
    »Ja, Fine«, Gerd wischte sich mit einem Tuch den Mund ab. »So war es wohl. Wahrscheinlich hatten die beiden durchaus liebende Gefühle füreinander. Zumindest Lisbeth muss etwas für den Mann empfunden haben. Dafür spricht einiges.«
    Einen Moment überlegte Fine, dann sagte sie mit fester Stimme: »Es muss euch nicht unangenehm sein, darüber zu reden. Ich weiß von den Dingen zwischen Mann und Frau. Marjann hat es mir schon vor einigen Jahren erklärt.«
    »Das ist gut«, Gudrun nickte ernst. »Ein junges Mädchen sollte unbedingt darüber Bescheid wissen.«
    Fine schluckte. So einfach, wie sie vorgab, schien es ihr doch nicht zu sein, darüber zu sprechen. Aber schließlich fragte sie in leisem Ton: »Hat Lisbeth denn ein Kind erwartet, als sie starb?«
    »Nein, Fine«, lächelnd legte Gudrun ihre Hand auf die des Mädchens. »Das war wohl nicht so. Sie trug kein Kind unter ihrem Herzen.«
    »Und das weiß man gewiss?«
    »Ja«, entgegnete Gerd. »Das ist in der Gerichtsakte gesichert.«
    »Also stimmt es?«, fragte Fine aufgeregt. »Das, was in der Zeitung stand und wovon Ulla mir erzählt hat. Die Ärzte haben Lisbeths Körper aufgeschnitten und ganz genau untersucht, war es so?«
    »Das ist richtig. Und zwar am Anatomischen Institut der Universität zu Bonn. Doch mehr möchte ich dir dazu nicht sagen, ich möchte nicht, dass du dich mit diesen Gedanken quälst oder sie dich in deine Träume verfolgen.«
    »Aber Gerd!«, rief Fine nun aus. »Das tut ihr doch nicht, wenn ihr mir sagt, was passiert ist. Im Gegenteil: Mich würde es viel ärger quälen, wenn ihr es mir verschweigt. Es ist doch nur natürlich, sich einen Körper auch innerlich anzusehen. Ich bin oft dabei gewesen, wie meine Mutter Kaninchen ausgenommen hat. Und neulich noch habe

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