Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
Vom Netzwerk:
gleich auf.«
    »Das soll es ja auch«, ergänzte Eva. »Es wäre doch zu schade, wenn sich hier nicht der Richtige für dich finden ließe.«
    Fine lächelte nur und sorgte sogleich dafür, dass auch Marjann unter fröhlichem Johlen eine rote Schleife auf der schwarzen Bluse bekam.
    Sie betraten den geschmückten Saal. Girlanden von Efeu zogen sich von Wand zu Wand. Aus dem Grün stachen weiße und gelbe Margeriten hervor, von derselben Art, wie Gudrun und Gerd sie an ihren Festgewändern trugen. Auch auf den Tischen standen kleine Margeritensträuße. Alles stimmte aufs Vortrefflichste.
    An einer Seite des Saals waren die Hochzeitsgeschenke aufgebahrt. Ursprünglich hatten Gudruns Eltern eine reichhaltige Aussteuer für sie vorgesehen. Doch wegen der langen Krankheit des Vaters war das eine oder andere Betttuch durchgelegen, darum hatte sich das Paar vor allem Hausrat und neues Linnen gewünscht. Nun lagen die Geschenke in großen Kisten, mit bunten Bändern und Feldblumen besteckt.
    Die Gäste brauchten nicht lange zu warten. Zügig reichte der Pitterwirt Speisen und Getränke. Schüssel um Schüssel, Krug um Krug trugen er und seine Bedienungen auf.
    Die Brautleute hatten sich nicht lumpen lassen. Eingangs reichte man eine sämige Suppe von Linsen und Erbsen. Später gab es kalten und warmen Braten in Fülle, dazu Kartoffeln, Rüben und Mangold. Zum Abschluss dann eingelegte Früchte und eine Dickmilchspeise – und zu allem Bier, Schnaps und Wein. Aber auch Wasser schenkte man reichlich aus. Auf einige Gäste wartete nach der Feier noch harte Stallarbeit, zu der sie nicht betrunken anrücken wollten. Erst vor zwei Jahren hatte der versoffene Knecht eines großen Hofs im Stall eine Petroleumlampe umgeworfen. Nur mit Mühe ließen sich das benachbarte Haus und das Vieh retten. Der Stall selbst brannte gänzlich ab.
    Nach dem Essen spielte der Ravenzacher mit seiner Geige zum Tanz auf, begleitet von zwei Musikanten, die emsig Klarinette und Flöte bliesen. Gleich zu Anfang stimmten sie einen Walzer an, so zart und lieblich, als bestünde er aus Wogen von weichem Wasser. Umringt von allen Gratulanten begannen Gerd und Gudrun ihren Hochzeitstanz. Bald darauf folgten Gerds Eltern, die noch rüstig waren. Und schließlich fanden sich die übrigen Gäste paarweise zusammen. Fine konnte sich gar nicht satt sehen an dem, was auf dem Tanzboden geschah. Wie alles hüpfte und stampfte und sprang, wie sie alle jauchzten und ihre Augen glänzten. Selbst der Oberlandbauer, sonst eher steif und förmlich, ließ sich mitreißen und wirbelte seine Frau über die Holzbohlen. Nur einige alte Männer und Weiber, denen nicht mehr nach Tanzen zumute war, saßen auf ihren Stühlen und klatschten im Takt.
    Walzer folgte auf Walzer, Polka auf Polka. Fine, die für ihr neues Kleid viel Bewunderung erhielt, tanzte mit allen Burschen aus dem Dorf. Sie fühlte sich frei, wie getragen von der Musik, und drehte sich an den Armen der jungen Männer, dass es für alle eine Freude war. Dabei lachte und scherzte sie ohne Unterlass. Wenn aber einer den Versuch machte, näher anzubändeln, ging sie geschickt darüber hinweg, als hätte sie es nicht bemerkt. Auf diese Weise verdarb sie es sich mit niemandem und machte keinen eifersüchtig.
    Der Pitterwirt und seine Bedienungen trugen derweil die Speisen ab, spülten Schüsseln und Kummen und versorgten die Gäste weiterhin mit allerlei Flüssigem. Immer wenn Pitter am Tanzboden entlangkam, versuchte er, Fines Blick zu erhaschen.
    Einmal, als sie eine Pause machte, ging er auf sie zu. »Im Moment habe ich noch zu tun. Aber warte nur, später tanzen wir, da darfst du mir keinen Korb geben.«
    »Das werde ich gewiss nicht tun, Pitter«, entgegnete Fine scherzend. »Wo ich doch mit den anderen Burschen tanze, warum solltest du mir da nicht ebenso recht sein.«
    Pitter schmunzelte. »Du bist so schön und hast dabei ein geschicktes Mundwerk. Schlagfertig und charmant zugleich. Das ist nicht oft bei jungen Frauen. Wenn ich einmal heiraten sollte, dich täte ich nehmen.«
    »Ich gebe mich aber nicht her!« Fine warf ihren Kopf in den Nacken. »Und was mein Mundwerk angeht, solltest du dich lieber davor hüten. Daraus kommen nicht nur süße Worte.«
    Gemeinsam lachten sie. Fine stieß niemandem vor den Kopf, wenn sie andeutete: Unter euch ist keiner, der mein Herz erobern kann.
    Als es vom Kirchturm neun schlug, machten sich einige ältere Gäste, darunter auch Marjann, auf den Heimweg. Sie hatte gut

Weitere Kostenlose Bücher