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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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war.«
    Fine nickte eifrig. »Das würde ja vielleicht erklären, warum sie zuletzt so seltsam verändert war.«
    »Aber es beweist leider noch nicht, dass sie tatsächlich eine Liebschaft mit dem Lohbauern hatte. Denn es mag ja auch ein anderer Mann gewesen sein, bei dem sie gelegen hat. Oder noch schlimmer.«
    Fine stutzte. »Noch schlimmer? Wie meinst du das?«
    »Ich will dir nicht zu viel zumuten, Fine. Du bist ein unbescholtenes Mädchen. Da sollte ich wohl vorsichtig sein mit dem, was ich dir sage.«
    Doch Fine hatte Gerd schon verstanden. »Dass Bärbel nicht nur einen, sondern mehrere Liebhaber hatte?«
    »Genau das überlegen wir.«
    Fine schwirrte der Kopf. »Du mutest mir nicht zu viel zu, Gerd. Keine Sorge. Aber trotzdem muss ich mich einen Moment besinnen.«
    »Natürlich«, er stand auf. »Magst du ein Himbeerwasser?«
    »Ja bitte.«
    Sie schloss die Augen und saß einige Minuten still am Tisch. Im Raum hing der Geruch von Herdfeuer und geräuchertem Speck. Sie hörte das Gackern der Hühner im Hof, das Ticken der Küchenuhr und Gerd, wie er neben ihr mit Geschirr hantierte. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie vor sich zwei Trinkgläser, fingerbreit gefüllt mit tiefrotem Sirup, und Gerd, in der Hand einen Krug voll klarem Brunnenwasser.
    Er lächelte ihr zu. »Wie weit soll ich dir auffüllen?«
    »Ganz voll, bitte.«
    Sie beobachtete, wie die Flüssigkeiten sich mischten. Anfangs sah es so aus, als wollte der Sirup schwer und klebrig am Boden der Gläser haften bleiben. Kurz darauf zogen erste tiefrote Schlieren nach oben und schienen im zulaufenden Wasser zu schweben. Und dann, als die Gläser bis an den Rand gefüllt waren, war das Sirupwasser von einem einheitlichen, durchscheinenden Rosa, das an Frühlingsblüten erinnerte.
    Gerd setzte sich wieder. »Zum Wohlsein, Fine. Die kleine Stärkung können wir beide gut gebrauchen.«
    Sie hoben die Gläser.
    Nachdem sie die ersten Schlucke genommen hatten, fragte er: »Und? So wie du eben deine Gedanken gesammelt hast, ist dir da etwas Wichtiges in den Sinn gekommen?«
    »Ja«, sie suchte seinen Blick. »Gesetzt den Fall, es wäre so: Der Lohbauer hatte eine Liebschaft mit Bärbel? Müsste man da nicht denken, dass er auch ihr Mörder ist?«
    »Nicht unbedingt«, erwiderte Gerd, während er sein Glas abstellte. »Dieser Gedanke liegt natürlich nahe. Aber wir Polizisten müssen Schritt für Schritt vorgehen und dürfen keine vorschnellen Schlüsse ziehen.«
    Doch mit dieser Antwort wollte Fine sich nicht zufriedengeben. »Nehmen wir Folgendes an«, hakte sie nach. »Bärbel wollte anderen Leuten von der Liebschaft erzählen. Das hätte der Lohbauer doch unter keinen Umständen zulassen dürfen.«
    »Gewiss nicht, Fine. Schließlich hätte der Lohbauer Unzucht mit einer minderjährigen Schutzbefohlenen begangen. Und damit schwer gegen die Gesetze verstoßen. Sogar dann, wenn Bärbel mit der Liebschaft einverstanden gewesen war.«
    »Wenn sie ihm nun aber gedroht hat, anderen davon zu erzählen? Dann hätte er doch einen Grund gehabt, sie zu ermorden.«
    »All diese Überlegungen sind uns vertraut, Fine.« Seufzend lehnte Gerd sich im Stuhl zurück. »Aber selbst, wenn wir mit Sicherheit wüssten, dass es diese Liebschaft gab: Wir dürften daraus nicht ableiten, dass er Bärbel auch ermordet hat.«
    Fine nahm einen neuen Schluck, dann atmete sie tief durch. »So viel ich auch darüber nachdenke, Gerd: Ich kann nichts Sicheres sagen. Und gerade weil so viel davon abhängt, will ich mich in nichts versteigen, was ich mir womöglich selbst einrede.«
    Gerd schloss die Kladde. Seine Enttäuschung konnte er nicht verbergen, dennoch nickte er Fine freundlich zu. »Dann ist es recht. Ich danke dir.«
    »Bitteschön«, Fine lächelte. »Werdet ihr denn noch andere Leute fragen?«
    »Das wird sich noch zeigen. Jedenfalls verlassen wir uns auf dein Stillschweigen.«
    »Selbstverständlich.«
    Sie tranken ihre Gläser aus.
    Gerd stand auf und griff zu seiner Joppe. »Die Arbeit auf der Wache wartet.«
    Im Weggehen rief er in den Garten, kurz darauf kam Gudrun herein. Sie führte Fine in die Stube, die auch als Nähraum diente.
    Gudrun ließ Fine auf einen Schemel steigen, denn es galt, den Saum anzustecken. Das Kleid war nun beinahe fertiggestellt, und Fine hätte alle Freude haben können. Doch die schwierige Unterredung wirkte in ihren Gedanken nach.
    Die beiden jungen Frauen besprachen sich. Als Gerds Verlobte war Gudrun eingeweiht, doch auch sie wusste

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