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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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einen Rausch über seine einzige Liebe hineinsteigerte.
    »Deshalb ist er mit dem Altargemälde für Santa Annunziata so weit im Rückstand, und das für einen Geistlichen, der ohnehin wegen nicht eingehaltener Arbeit einen Groll auf Lippi hegt. Wenn er dieses Mal nicht pünktlich abliefert, wird der Erzbischof seinen Auftrag zurückziehen und Lippi einsperren – und zwar in einen echten Kerker. Also ist das, was ich tue, noch sehr human.«
    Lippi zuckte die Achseln und nickte schließlich. »Das stimmt. Nur mit dem Wein könntet Ihr großzügiger sein.«
    »Das reicht jetzt.« Trotz seiner schroffen Worte war Cosimos Lächeln gütig. »Du wirst nichts bekommen außer Brot und Wasser in einer finsteren Zelle, wenn du diesen Auftrag nicht zu Ende führst, also hör auf, dich zu beschweren.«
    Er wandte sich zum Gehen und sagte über die Schulter: »Und natürlich sollst du das Buch rot malen. Darum geht es doch, oder nicht?«
    Lippi zwinkerte seinem Förderer zu und machte sich wieder ans Werk. Er begann ein derbes Lied über die Liebe an den Ufern des Arno zu singen, während er rotbraune Pigmente anmischte, um ein ketzerisches Rot für den Bucheinband des arglosen Erzbischofs zu erhalten.
     
    RRRRRRRRRRRRR
     
    Florenz
    1448
     
    Als erste der vielen Aufgaben, die Lucrezia Tornabuoni de’ Medici erfüllen sollte, empfing sie im Frühjahr 1448 während der geheiligten Zeremonie der Unbefleckten Empfängnis von ihrem Ehemann, Piero de’ Medici, einen Sohn.
    Es war eine Herausforderung für Cosimo de’ Medici gewesen, die weibliche Hierarchie innerhalb des Ordens zu beachten und die vollkommene Frau aus guter florentinischer Familie zu finden, die das Kind der Prophezeiung zur Welt bringen sollte. Es war nicht nur eine Frage der Herkunft, sondern auch des Charakters und der spirituellen Bereitschaft. Die junge Frau, die Mutter dieses ganz besonderen Kindes werden sollte, würde streng in den Lehren des Ordens unterrichtet werden müssen, und es war immens wichtig, dass sie keinen Widerstand gegen die zum Teil drastische Ketzerei des Libro Rosso leistete. Ein geeignetes Mädchen aus akzeptabler Familie würde die Schönheit und Reinheit der Ordenslehren erkennen und ihre Rolle als neue Maria für die Morgenröte eines Goldenen Zeitalters mit Freuden annehmen. So wie das Goldene Kind zur vorhergesagten Stunde geboren würde, sollte auch die »Maria«, die dieses Kind gebar, zur rechten Zeit offenbart werden.
    Das Mädchen, das in die Dynastie der Medici einheiraten und den Dichterfürsten zur Welt bringen sollte, war Lucrezia Tornabuoni. Die umschwärmte und hochgebildete Tochter einer angesehenen Florentiner Familie genoss hohes Ansehen wegen ihres scharfen Verstandes und ihrer Vernunft. Die literarischen Zirkel der Stadt kannten sie als begnadete Dichterin; eine wertvolle Eigenschaft für die Mutter des zukünftigen Dichterfürsten. Ein weiterer Vorteil dieser arrangierten Ehe war, dass Piero und Lucrezia sich noch während der Hochzeitsvorbereitungen unsterblich ineinander verliebten.
    Das Paar war fast fünf Jahre verheiratet, als das Ritual für die Empfängnis des Dichterfürsten eingeleitet wurde. Sie hatten im Frühjahr 1444 geheiratet, denn dieses Jahr war von den Magi als das am meisten Glück verheißende ausgewählt worden; es enthielt die Zahl 444, die in der antiken Numerologie »Offenbarung der Engel« hieß. Und tatsächlich hatte die Ehe sich als segensreich für die Medici erwiesen. Schon drei gesunde, schöne Töchter waren auf die Welt gekommen.
    Lucrezia und Piero de’ Medici befolgten den Ritus der Unbefleckten Empfängnis nach den Anweisungen der Meisterin des Hieros gamos.
    Die eheliche Verbindung im Schlafgemach war das höchste Sakrament des Ordens, und das Paar hatte eingehende Unterweisung in der heiligen Vereinigung erhalten. Beide wussten, dass die Unbefleckte Empfängnis die bewusste Zeugung eines ersehnten Kindes war. Das Paar betrat das Schlafgemach in vollkommener Liebe, gegenseitigem Vertrauen und in dem Bewusstsein, einen heiligen Akt zu vollziehen, bei dem ein Kind empfangen wurde, wenn es Gott gefiel.
    Das Brautgemach war als geheiligte Stätte hergerichtet. Weiße Kerzen warfen sanfte Schatten auf die Wände, und das Bett war mit zartem weißen Linnen bezogen. Im Gemach verteilt standen Vasen mit duftenden Lilien, denn man glaubte, der Duft der Lilien erinnere an die Präsenz des Göttlichen. Seit Jahrhunderten war die Lilie das Symbol der Unbefleckten Empfängnis. In vielen

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