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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Darstellungen zeigte sie den Moment, in dem die Gottesmutter empfing, doch nur die Eingeweihten des Ordens wussten, dass diese Blume ein Hinweis auf den Ritus der heiligen Vereinigung war.
    An jenem Abend kam Lucrezia in einem weißen Seidengewand mit goldbesetztem Saum zu ihrem Ehemann. Gemeinsam riefen sie die Engel an, um Beistand für die Seele des Kindes zu erbitten, das in Lucrezias Leib heranwachsen sollte. Sie baten um eine Gemeinschaft himmlischer Wesen, die über seine Seelewachen und es leiten und beschützen sollten, damit es seine gottgegebene Aufgabe auf Erden erfülle.
    Vor dem Schlafgemach zupfte ein Musiker die Leier und stimmte einen leisen Gesang an, den das Paar während seiner Vereinigung hören konnte. Lieder unterstützten die Anrufung der Himmlischen. In einem Winkel des Gemachs war ein Altar errichtet worden; darauf lag das heilige Buch der Wahren Lehre, das Libro Rosso. Es war René d’ Anjous letztes Geschenk an die Medici, ein Geschenk für den prophezeiten Dichterfürsten, der die Wiedergeburt von Wahrheit und Erleuchtung einleiten sollte. Die Rückkehr des Libro Rosso in die Toskana bedeutete die Anerkennung der Medici als Erben europäischer Macht durch die französische Königsfamilie. Renés Cousin, König Ludwig XI., gewährte überdies Piero und seinen Nachfahren das Recht, fortan das Liliensymbol im Familienwappen der Medici zu führen.
    Und so geschah es beim lieblichen Klang von Engelsmusik inmitten des Duftes von Lilien und in Anwesenheit des heiligen Buches, dass Lucrezia de’ Medici einen Sohn empfing, genau zu dem Zeitpunkt, der von den Sternen bestimmt und von den Magi vorhergesagt worden war.
    Lucrezia gebar den kleinen Dichterfürsten am 1. Januar 1449. Die Eltern gaben ihm den Namen des Heiligen, nach dem ihre Familienbasilika benannt war: San Lorenzo. In den Schriften des Ordens war zu lesen, dass auch San Lorenzo ein Kind der Unbefleckten Empfängnis gewesen war – einer der Ersten, die den Titel »Dichterfürst« trugen. Schon sein Name deutete auf sein Vermächtnis hin: San Lorenzo leitete sich von »Laurentius« ab, in dem das lateinische Wort für »Lorbeer« enthalten war, laurus. Seit dem griechischen und römischen Altertum wurden die besten Dichter mit Lorbeerzweigen bekränzt; dieser Brauch hatte zu dem Begriff »Poetus Laureatus« geführt, »lorbeergekrönter Dichter«.
    Der kleine Lorenzo würde einen Namen tragen, der Macht ausdrückte und Mut angesichts der größten Gefahren und Zielstrebigkeit,um seine Mission zum höchsten Lobe Gottes auszuführen.
    Lorenzo de’ Medici, der Dichterfürst, war getreu der Pläne Gottes auf die Welt gekommen, um die Wiedergeburt des Goldenen Zeitalters einzuläuten.

Kapitel drei
    Château des Pommes Bleues, Arques, Frankreich
    Gegenwart
     
    A l s unabhängige Filmemacherin konnte Tamara Wisdom unter so vielen Themen wählen, dass sie nicht wusste, wo sie beginnen sollte. Seit Monaten arbeitete sie am Entwurf einer Dokumentation über Maureens Roman, doch das Thema konnte in so viele Richtungen interpretiert werden, dass sie sich für keine entscheiden konnte. Maureens Geschichte einer zynischen Welt so darzustellen, dass ihre Schönheit und Magie verständlich wurden, stellte die größte Herausforderung dar.
    Da Tammy in den letzten Wochen viel im Libro Rosso geschmökert hatte, war ihr ein neuer Einfall gekommen.
    Destino.
    Bestimmt hatte es noch nie ein eigenartigeres Thema in der Geschichte des Dokumentarfilms gegeben. Aber würde Destino ihr erlauben, seine Geschichte zu erzählen? Und worin bestand diese Geschichte überhaupt? Konnte dieser kluge, sanfte Mann mit der schrecklichen Narbe im Gesicht tatsächlich der sein, der er zu sein behauptete? Oder war er bloß ein verrückter alter Italiener mit einem Sinn für Drama und Geschichte?
    Genau das würde Tammys Film so interessant machen – falls sie Destino überzeugen konnte, vor die Kamera zu treten. Sollte er doch selbst seine Geschichte erzählen, dann konnten die Zuschauer entscheiden, wie ehrlich – oder verrückt – der alte Mann war.
    Tammy schlug erneut ihr Exemplar des Libro Rosso auf und las die Legende ein weiteres Mal, wobei sie sich Notizen machte.

    Und so begab es sich am dunkelsten Tag des Opfers unseres Herrn am Kreuz, dass er in seiner letzten Stunde von einem römischen Zenturio mit Namen Gaius Longinus gemartert wurde. Dieser Mann hatte Pontius Pilatus schon bei der Geißelung unseres Herrn gedient und Vergnügen daran gefunden, dem

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