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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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insgeheim tat die Raubkatze ihm leid, die so unwürdig vorgeführt wurde. Er versuchte, Jacopo abzulenken, indem er auf andere Tiere im Zug deutete, doch es nützte nichts. Jacopo hatte bereits ein Publikum für seine Possen gewonnen und badete in dessen Aufmerksamkeit. »Seht her!«, rief er. »Ich bin der Löwenbändiger!«, wobei er an der Leine des bedauernswerten Tieres zog.
    Lorenzo machte gute Miene zum bösen Spiel. Stolz und hoch aufgerichtet wie ein junger König ritt er dahin und ließ Jacopo hinter sich. Wenn der unbedingt den Hofnarren spielen musste, sollte er doch! Er, Lorenzo, war der unbestrittene Höhepunkt der Parade, die Lichtgestalt, die den Florentinern Hochrufe entlockte. Wo der junge goldene König auf seinem weißen Ross vorüberritt, brach die Menge in Jubel aus. Lorenzo, der seine Rolle zuerst sehr ernst genommen hatte, wurde von der Aufregung des Augenblicks mitgerissen. Nun bedachte er die Menschen, sein Volk, mit jenem ansteckenden Lächeln, das ihn als Erwachsenen berühmt machen sollte. Er winkte den Florentinern zu, und sie winkten zurück, riefen Segenssprüche und warfen Blumen.
    »Er ist prächtig!«, rief eine Frau in der Menge, und die Umstehenden nahmen das italienische Wort sofort auf: »Magnifico! Magnifico!«
    Als die Prozession ihr Ziel am Kloster San Marco erreicht hatte, vor dem eine lebende Krippe aufgebaut worden war, hatte Lorenzo die Herzen der Florentiner erobert.
    Er würde fortan unter dem Namen bekannt sein, der Prophezeiung und Lob zugleich darstellte: Lorenzo il Magnifico.
    Lorenzo der Prächtige.

Kapitel fünf
    New York City
    Gegenwart
     
    D a s Piepen einer SMS weckte Maureen Paschal am frühen Morgen des zweiundzwanzigsten März. Blind streckte sie eine Hand zum Nachttisch aus, bis sie die Quelle des lästigen Lauts ertastet hatte. Obwohl sie unter Schlafmangel litt, war sie nicht wirklich ungehalten. Zweifellos war es einer ihrer Freunde aus Europa, der ihr unbedingt als Erster zum Geburtstag gratulieren wollte und sich mit der Zeit verkalkuliert hatte. Maureen drückte den Nachrichtenabruf und las:
     
    Happy Birthday. Ich habe ein Geschenk für Sie.
     
    Abrupt setzte sie sich im Bett auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und überlegte, wer die Nachricht geschickt haben mochte, denn es war eine unbekannte Nummer. Eines aber war sicher: Die SMS war aus Europa gekommen; es handelte sich um eine italienische Nummer.
    Gähnend schlurfte Maureen in die kleine Küche, um Kaffee zu kochen. Zuerst Koffeinzufuhr; hübsch alles der Reihe nach. Schlaftrunken durchwühlte sie die Schränke. Dunkel geröstete Kaffeebohnen, eine Mühle und eine französische Cafetière waren die Utensilien, die sie zum Wachwerden benötigte, und sie war sicher, dies alles hier zu finden.
    Zwei Dinge gab es, die Berenger bestimmt stets vorrätig hatte: guten Kaffee und noch besseren Wein. Maureen musste bei dem Gedanken grinsen. Und mit beidem hatte sie recht. Am Vorabendhatte sie einen kurzen Blick auf die kleine, aber exquisite Weinauswahl geworfen, die Berenger in einem maßgefertigten Kühlschrank neben dem Esszimmer aufbewahrte – Winzerabfüllungen aus dem Languedoc, elegante, seltene Weine, die normalerweise nicht exportiert wurden. Aber Berenger hatte gewiss seine Beziehungen, um an die edlen Tropfen heranzukommen.
    Vor Jahren hatte er dieses Apartment auf der Fifth Avenue wegen seiner einzigartigen Lage gekauft, denn die Eingangstür des Apartmentblocks lag dem Metropolitan Museum of Art gegenüber. Als Kunstliebhaber hatte Berenger auf der ganzen Welt Wohnungen erworben, alle in der Nähe berühmter Museen, die man zu Fuß erreichen konnte. Eine dieser Wohnungen befand sich in Paris, in der Rue de Rivoli gegenüber dem Louvre, eine andere in Madrid unweit des Prado. Doch Berengers besondere Liebe galt dem Met. Seine Verpflichtungen erlaubten ihm nur noch selten, nach New York zu reisen; deshalb hatte er sich gefreut, Maureen die Schlüssel zu seiner Zweitwohnung an der Fifth Avenue überlassen zu können – und sie hatte diese ebenso freudig angenommen. Als Schriftstellerin musste sie regelmäßig nach New York, und das Apartment bot ihr einen Ort, den sie als Heim bezeichnen konnte.
    Maureen riss eine Tüte mit importierten italienischen Kaffeebohnen auf und atmete den wunderbaren Duft ein. Schon der Geruch von Kaffee weckte ihre Sinne, und sie konnte klarer denken. Wer um alles in der Welt konnte in Italien von ihrem Geburtstag wissen?, fragte sie sich nun. Ob es ihr

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