Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
davon.
Der Nebel, der so lange in weiter Ferne gelegen hatte, wallte plötzlich um sie herum. Er war erfüllt von Geflüster und seltsamem Geflatter. Nach all den Tagen in einem Land, in dem es nichts gab als Gras und Bäume, war diese unsichtbare Präsenz ein wenig beunruhigend.
Der Pfad erstreckte sich weiterhin vor ihnen, nicht mehr so steil, aber noch schmaler als zuvor, kaum breiter als eine Schwertklinge. Es war nicht auszumachen, wohin er führte. Hinter Gereint murmelte Ademar, dass man für diese Mission keine Ritter, sondern eine Truppe von Seiltänzern brauchte. Gereint musste unwillkürlich lächeln. Das Herz schlug ihm bis zum Halse; er wagte nicht, darüber nachzugrübeln, wohin er seine Füße setzte, aus Furcht, er würde zu viel denken und zu wenig fühlen und stürzen. Und dennoch war seine Stimmung erstaunlich heiter. So plötzlich, wie er sie eingehüllt hatte, verschwand der Nebel, und einige Ritter schnappten erstaunt nach Luft.
Der Abgrund, über dem sie sich befanden, war nicht tief: gut dreißig Fuß vielleicht. Aber nicht einmal ein Verrückter hätte auf der schmalen Brücke, die sie betraten, den Halt verlieren wollen. Ein Fluss floss darunter: ein Fluss aus Feuer. Der Nebel hatte sie vor seinen Flammen geschützt, doch nun wurden sie von seiner Hitze versengt. Jene, die noch ihren Brustpanzer trugen, fluchten. Durch Polsterung und Hemd wurden sie darunter geschmort. Sie konnten nicht stehen bleiben und ihn ablegen: jede Verschiebung der Balance konnte sie von der Brücke schleudern. Sie mussten leiden, manche von ihnen nicht ohne Laut.
Gereint ging so schnell, wie er es wagte. Vor ihm stieg erneut Nebel auf und verbarg das Ende des Weges wie zuvor. Vielleicht war es ein Durchgang zwischen den Welten oder die Grenze eines Banns.
Was auch immer es war, es belastete die Ritter bis zum Äußersten. Sie waren nicht dazu erzogen, Magie als Mysterium zu sehen. Sie konnten nicht einmal rebellieren: Es gab keine Umkehr auf diesem Weg — genauso wenig wie seit Beginn dieser unheimlichen Reise.
Gereint stärkte sie, so gut er konnte. Es war schwieriger hier; sein Element war die Erde, nicht das Feuer. Aber das Glas, auf dem sie standen, bot ihm die Öffnung, die er brauchte. Als die Magie ihn verließ, geriet er fast ins Stolpern. Erst im letzten Augenblick konnte er sich fangen. Einen weiteren Fehltritt durfte er sich jedoch nicht erlauben. Er knirschte mit den Zähnen und widerstand dem Verlangen, auf den Nebel zuzustürmen. Schnelligkeit war sein Feind. Er musste weitergehen, wie er den Marsch begonnen hatte, mit festen bedächtigen Schritten.
Es war das Schwerste, was er je getan hatte, und mit jedem Schritt wurde es schwerer. Er trug nicht nur sich selbst. Er trug sie alle. Jeder Schatten eines Zweifels, jedes kleine Zaudern würde sie alle zerstören.
Er brauchte jeden Fetzen von Disziplin, den er als Bauernsohn und als Postulant der Rose erlernt hatte — und dann noch einmal so viel. Er sah nichts anderes als den schmalen schwarzen Streifen des Weges, der vor ihm lag. Selbst der Nebel wich aus seinem Blickfeld; das Feuer versuchte er vollkommen zu ignorieren.
Wie zuvor wurde er ohne jede Vorwarnung vom Nebel verschluckt. Er achtete sehr darauf, die anderen hinter sich zu fühlen, zu wissen, wo jeder Einzelne sich befand.
Der Fluss aus Feuer war verschwunden — das war ein Segen. Aber nur die alten Götter wussten, was vor ihnen lag.
Gereint stählte seinen Geist und marschierte weiter darauf zu.
Kapitel 29
Plötzlich wich der Nebel zurück. Licht überflutete sie. Es brachte Gerüche mit sich und Geräusche, deren Namen sie fast vergessen hatten: Vogelgezwitscher, das Zirpen von Insekten und ganz in der Nähe das Jaulen eines Fuchses. Sie standen auf einer grünen Wiese am Rande eines Waldes. Das war in letzter Zeit nichts Ungewöhnliches; aber im Gras mummelten Kaninchen vor sich hin, in den Bäumen zankten sich die Dohlen, und ein Eichhörnchen schimpfte voller Zorn.
Vor dem Waldrand, neben einem glitzernden Bach, stand ein Bauernhaus. Es sah aus, als sei es dort aus dem Boden gewachsen mit seinen getünchten Wänden und dem Reetdach.
Seine Tür war grün gestrichen. Rosen rankten die Mauern empor und umrahmten die Tür mit weißen, roten und rosafarbenen Blüten — eine starke und schmerzliche Erinnerung an das Rosentor des Mutterhauses in Fontevrai. Dies war kein Haus der Ritter. Hinter einem geflochtenen Weidenzaun entdeckte Gereint einen Garten: Bohnen an hohen
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