Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
können ein Kind gebären, das nicht den Makel der Unehelichkeit trägt. Meine Mutter war eine Priesterin. Ich kann dich dennoch nicht heiraten, selbst wenn du den Ritterorden verlassen würdest. Ich kann dich niemals heiraten. Das ist das Gesetz, und so wurde es niedergeschrieben. Es gibt keine ehrenhafte Verbindung zwischen Adligen und Gemeinen, wie verhebt sie auch sein mögen.«
»Das ist ein sehr schlechtes Gesetz.«
»Es verhindert die Verwässerung des Blutes«, sagte sie, »und erhält seine Heiligkeit. Es ist eine geheiligte Sache. Und was heilig ist, ist nicht logisch.« »Was soll an Tintenlinien auf Pergamentpapier heilig sein?«, murmelte Gereint. »Ich werde Euch sagen, was heilig ist. Wenn ich Euch anschaue, sehe ich den Glorienschein des Gottes, der Euch erschaffen hat. Ich segne ihn dafür — oder sie, wer weiß? Er hat uns füreinander erschaffen. Unsere Magie — das sind zwei Teile eines Ganzen. Unsere Herzen sind dieselben. Unsere Körper würden es auch sein, wenn wir nicht durch menschliche Torheit gefesselt wären.«
»Und aus diesem Grunde kannst du nicht hierbleiben«, sagte sie, obwohl es ihr die Kehle zuschnürte. »Mag es töricht sein oder nicht, es ist, wie es ist. Ich kann mein Leid nicht Gott opfern. So heilig bin ich nicht.«
»Dann tut es nicht«, sagte er. »Beißt die Zähne zusammen und ertragt es. Weil ich Euch nicht verlassen werde. Wir brauchen einander. Unsere Magie braucht uns — genau wie dieses Königreich. Wollt Ihr erleben, wie es zerstört wird, weil Ihr meinen Anblick nicht ertragen könnt?« »Es stimmt nicht, dass ich dich nicht ertragen kann«, sagte sie mit einem Anflug von Verzweiflung. »Es ist nur, dass mir dein Anblick viel zu sehr gefällt.«
»Warum? Ich bin nicht einmal hübsch anzusehen.«
Er würde vielleicht nie verstehen, warum sie sich plötzlich ausschüttete vor Lachen. Sie hätte genauso gut losheulen können. Sie hoffte, dass sie damit seine Gefühle verletzte, aber so empfindlich war er nicht.
Als sie wieder sprechen konnte, waren ihre Worte äußerst töricht. »Wenn ich auf Schönheit aus wäre, hätte ich den Prinzen von Moresca genommen — mitsamt seiner Schlangenmagie. Schönheit ist nicht meine Schwäche. Groß und tölpelhaft offensichtlich schon. Und stark. Und halsstarrig. Und manchmal regelrecht abscheulich.«
Das saß. »Ich bin nicht …«
»Du bist menschlich«, sagte sie. »Und mit Fehlern behaftet. Und so vollkommen ein Teil von mir, dass ich vor Gott und der Mutter nicht weiß, was wir tun sollen. Weil diese Welt nicht für uns gemacht ist, und diejenige die es wäre, ist jene Welt, deren Geburt wir mit allen Mitteln verhindern wollen.« »Dann müssen wir eine neue Welt schaffen«, sagte er. »Eine Welt, die weder von der Kirche noch von der Schlange unterjocht wird. Wo die Gesetze rar sind, aber sinnvoll, und die Liebe sein kann, wozu sie bestimmt ist.« »Kann es eine solche Welt geben? Würde sie sich nicht selbst in Stücke reißen?«
»Würdet Ihr es nicht gern ausprobieren?«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren voller Tränen. Sie war erschöpft, und sie hatte einen Spion in diese Zufluchtstätte gebracht, und sie hatte herausgefunden, dass das Schmuckstück, das sie so sehr mochte, das schrecklichste Ding auf der Erde war. Sie zwang Gereint, sie nicht zu berühren oder zu trösten — als er daraufhin seine Hände bei sich behielt, hasste sie ihn fast deswegen. »Geh weg«, sagte sie.
»Das kann ich nicht.« Er klang genauso überwältigt, wie sie sich fühlte, doch es reichte nicht, um seine Entschlossenheit zu erschüttern. »Bitte, Comtesse. Geht schlafen. Lasst mich tun, was ich tun muss. Lasst mich über Euch wachen.«
»Werdet Ihr bei meinem Bett wachen?«
»Nein.« Er erhob sich, baute sich vor ihr auf; dann versetzte er ihr einen Schock, der sie sprachlos machte, indem er sie schnappte und kurzerhand ins Bett beförderte. »Gute Nacht, Comtesse«, sagte er mit fester Stimme. Sie blieb, wo er sie zurückgelassen hatte, nicht wegen eines plötzlichen Anflugs von Gehorsamkeit, sondern weil sie ihren Körper einfach nicht mehr bewegen konnte. Das Federbett war weich und warm, trotz all ihrer Qualen verlockte es sie mit seiner Behaglichkeit.
Es schien, als hätte sie das Schlimmste überwunden. Der Rest war erträglich genug, um vom Schlaf fortgespült zu werden wie von einer Flutwelle. Sie versuchte sich dagegen zu wehren, aus Angst vor den Träumen, die er ihr bescheren mochte, aber all ihre
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