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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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lachte der alte Großvater über seine Unwissenheit. Das Wort klingt, als bedeute es Gottzerstörer. Ist Euch das aufgefallen?«
    »Dann sind vielleicht wir damit gemeint, Serafina Pekkala! Und wenn das stimmt, um wie viel stärker wird seine Armee sein, wenn wir zu ihm stoßen! Wie ich mich danach sehne, meine Pfeile auf diese Teufel von Bolvangar und auf die Bolvangars aller Welten abzuschießen! Warum tun sie das, Schwester? In allen Welten opfern die Handlanger der höchsten Autorität ihrem grausamen Gott Kinder. Warum nur? Warum?«
    »Sie haben Angst vor Staub«, sagte Serafina Pekkala, »ob  wohl ich nicht weiß, was das ist.«
    »Und wer ist der Junge, dem Ihr da begegnet seid? Aus welcher Welt kommt er?«
    Serafina erzählte ihr alles, was sie über Will wusste. »Ich weiß nicht, inwiefern er wichtig ist«, schloss sie, »aber wir dienen Lyra, und ihr Instrument sagt, dass das ihre Aufgabe ist. Und, Schwester, wir versuchten seine Wunde zu heilen, doch es gelang uns nicht. Wir versuchten den Zauber, der al  les zusammenfügt, doch wirkte er nicht. Vielleicht sind die Kräuter in dieser Welt weniger stark als in unserer. Es ist hier zu warm für Blutmoos …«
    »Ein seltsamer Junge«, sagte Ruta Skadi, »und von derselben Art wie Lord Asriel. Habt Ihr in seine Augen gesehen?«
    »Um die Wahrheit zu sagen: Ich wagte es nicht.«
    Schweigend saßen die beiden Königinnen am Wasser. Die Zeit verstrich, Sterne gingen unter und andere Sterne gingen auf, und einmal hörten sie jemanden rufen, aber es war nur Lyra, die im Schlaf sprach. Die Hexen hörten das Heulen ei es Sturmes und sahen über dem Meer und den Ausläufern des Gebirges Blitze zucken, doch war beides sehr weit weg.
    Später sagte Ruta Skadi: »Welche Rolle ist dem Mädchen, Lyra, zugedacht? Diese? Ist sie deshalb wichtig, weil sie den Jungen zu seinem Vater führen kann? Das ist doch nicht alles, oder?«
    »Das ist, was sie jetzt tun muss, doch später wird sie noch viel mehr tun. Bei uns Hexen heißt es, dass sie das Ende des Schicksals herbeiführen wird. Wir kennen den Namen, der sie so wichtig für Mrs. Coulter machen würde, und wir wissen, dass diese Frau ihn nicht kennt. Die Hexe, die sie auf dem Schiff bei Svalbard folterte, hätte ihn fast verraten, doch Yambe-Akka holte sie gerade noch rechtzeitig. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Lyra vielleicht das ist, von dem du diese Klippenalpe hast reden hören, dieser Æsahættr. Nicht die Hexen und auch nicht diese Engelwesen, sondern dieses schlafende Kind: die entscheidende Waffe im Krieg gegen die höchste Autorität. Warum will Mrs. Coulter sie sonst so unbedingt finden?«
    »Mrs. Coulter war eine Geliebte Lord Asriels«, überlegte Ruta Skadi, »natürlich, und Lyra ist ihr Kind … wenn ich dieses Kind geboren hätte, Serafina Pekkala, was für eine Hexe wäre sie gewesen! Eine Königin der Königinnen!«
    »Pst, Schwester!«, flüsterte Serafina. »Ich höre etwas … und was ist das für ein Licht?«
    Sie standen auf, beunruhigt darüber, dass etwas ihrer Aufmerksamkeit entgangen war, und sahen von der Feuerstelle her Licht scheinen, ein Licht allerdings, das dem des Feuers nicht entfernt ähnlich war.
    Lautlos eilten sie zurück, den Bogen bereits angelegt. Dann blieben sie abrupt stehen.
    Die Hexen lagen schlafend auf dem Gras, und auch Will und Lyra schliefen. Doch um die beiden Kinder standen ein Dutzend Engel und blickten auf sie herab.
    Und dann begriff Serafina etwas, für das Hexen kein Wort haben: was es bedeutete, auf Pilgerfahrt zu sein. Sie begriff, wie diese Wesen Tausende von Jahren warten und gewaltige Strecken zurücklegen konnten, um etwas Wichtiges mit eigenen Augen zu sehen, und wie sie danach für alle Zeiten ver  ändert waren. Denn so wirkten diese Wesen jetzt, diese schönen Pilger aus reinem Geist, wie sie da um das Mädchen mit dem schmutzigen Gesicht und dem karierten Rock und den Jungen mit der verwundeten Hand standen, der im Schlaf die Stirn runzelte.
    An Lyras Hals bewegte sich etwas. Pantalaimon, ein schneeweißes Hermelin, öffnete schläfrig die schwarzen Au  gen und sah sich furchtlos um. Lyra erinnerte sich später daran wie an einen Traum. Pantalaimon schien die Lyra geltende Aufmerksamkeit als etwas Selbstverständliches zu betrachten, denn gleich darauf rollte er sich wieder zusammen und schloss die Augen.
    Zuletzt breitete eines der Wesen seine Flügel weit aus. Die anderen taten dasselbe, und obwohl sie so dicht nebeneinander standen,

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