Das Magische Messer
ab.
»Serafina Pekkala«, sagte Ruta Skadi, »ich lerne so viel Neues. Die alten Dinge ändern sich oder sterben ab oder wer den inhaltslos. Ich habe Hunger …«
Sie aß wie ein Tier, riss mit den Zähnen das restliche Fleisch der gebratenen Vögel von den Knochen, stopfte sich Brot in den Mund und spülte es mit Wasser aus dem Fluss hinunter, das sie mit tiefen Schlucken trank. Während sie aß, trugen einige Hexen die toten Klippenalpe weg, brachten das Feuer wieder in Gang und teilten eine Wache ein.
Die anderen setzten sich um Ruta Skadi, um zu hören, was sie zu berichten hatte. Sie erzählte, was geschehen war, als sie zu den Engeln hinaufgeflogen war, und von ihrer Reise zu Lord Asriels Festung.
»Es ist die größte Festung, die ihr euch vorstellen könnt, Schwestern – himmelhohe Wälle aus Basalt, darauf zulaufend aus allen Richtungen breite Straßen und auf den Straßen Wagenladungen mit Schießpulver, Proviant und Waffen. Wie hat er das geschafft? Er muss sich lange Zeit, eine Ewigkeit vorbereitet haben. Er hat sich darauf vorbereitet, noch bevor wir geboren waren, Schwestern, obwohl er so viel jünger ist… Aber wie kann das sein? Ich weiß es nicht und verstehe es nicht. Ich glaube, er gebietet über die Zeit, bewirkt, dass sie nach seinem Willen schneller oder langsamer verstreicht.
Und zu dieser Festung strömen Krieger jeder Art und aus allen Welten, Männer und Frauen, ja, und kämpfende Geister und bewaffnete Geschöpfe, wie ich sie nie gesehen habe – Eidechsen und Affen, gewaltige Vögel mit giftigen Spornen, so fremdartige Kreaturen, dass ich sie nicht einmal benennen könnte. Und auch in anderen Welten gibt es Hexen, Schwestern, wusstet ihr das? Ich habe mit Hexen aus einer Welt wie der unseren gesprochen, die doch zugleich völlig anders ist, denn diese Hexen leben nicht länger als gewöhnliche Menschen, und es gibt auch Männer unter ihnen, männliche Hexen, die wie wir fliegen …«
Die Hexen aus Serafina Pekkalas Clan lauschten ihren Worten mit Ehrfurcht, Angst und Unglauben. Doch Serafina glaubte ihr und drängte sie weiterzuerzählen.
»Bist du Lord Asriel begegnet, Ruta Skadi? Hast du ihn gefunden?«
»Das habe ich, und es war nicht leicht, da er der Mittel punkt des ganzen Tuns ist und alles leitet. noch machte ich mich unsichtbar und drang in seine innerste Kammer ein, als er sich gerade anschickte zu schlafen.«
Die Hexen wussten alle, was dann geschehen war, während weder Will noch Lyra eine entfernte Vorstellung davon hatten. Ruta Skadi brauchte also nicht näher darauf einzugehen und so fuhr sie fort.
»Dann fragte ich ihn, warum er diese Armee zusammenziehe und ob es wahr sei, dass er, wie wir gehört hätten, die höchste Autorität herausfordern wolle. Er lachte. ›Spricht man denn in Sibirien auch davon?‹, fragte er, und ich bejahte und sagte, auch auf Svalbard und überall im Nor den – in unserem Norden. Und ich erzählte ihm von unserem Pakt und wie ich unsere Welt verlassen hatte, um ihn zu suchen.
Und er lud uns ein, sich ihm anzuschließen, Schwestern, seiner Armee gegen die höchste Autorität beizustehen. Ich wünschte von ganzem Herzen, ich hätte uns auf der Stelle ihm verpflichten können; frohen Herzens wäre ich mit meinem Clan in den Krieg gezogen. Er zeigte mir, dass es richtig und gerecht sei zu rebellieren, wenn man bedenke, was die Handlanger der höchsten Autorität in deren Namen tun … Ich dachte an die Kinder in Bolvangar und die anderen schrecklichen Verstümmelungen, die ich bei uns in den Ländern des Südens sah, und er erzählte mir von vielen anderen schrecklichen Grausamkeiten, begangen im Namen der höchsten Autorität – wie sie in einigen Welten Hexen gefangen nehmen und bei lebendigem Leib verbrennen, Schwestern, jawohl, Hexen wie uns …
Er öffnete mir die Augen und zeigte mir Dinge, die ich noch nie gesehen hatte, im Namen der höchsten Autorität begangene Schrecken und Greuel, alle mit dem Ziel, die Freuden und die Wahrheit des Lebens zu vernichten. Ach Schwestern, wie gern ich mich und meinen Clan sofort ihm unterstellt hätte. Doch ich wusste, ich muss zuerst euch fragen und dann in unsere Welt zurückkehren und mit Ieva Kasku und Reina Miti und den anderen Hexenköniginnen sprechen.
Ich verließ also unsichtbar seine Kammer, nahm meinen Wolkenkiefernzweig und flog weg. Doch bevor ich weit geflogen war, brach ein Sturm los und schleuderte mich hoch in die Berge hinauf, und ich musste auf einer Felsspitze
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