Das Magische Messer
meine Rückkehr nach Texas verschieben, um nach dem Kind und nach Grumman zu suchen. Denn seht ihr, ich glaube nicht, dass er tot ist. Ich glaube, Lord Asriel hat die Wissenschaftler zum Narren gehalten. Ich gehe also nach Nowaja Semlja, denn von dort kommt sein letztes Lebenszeichen, und suche ihn. Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber die Gegenwart sehe ich deutlich genug. Und in diesem Krieg stehe ich auf eurer Seite mit allem, was meine Kugeln taugen.«
Er sah Serafina Pekkala an. »Aber diese eine Aufgabe habe ich mir gesetzt, Madame: Ich werde Stanislaus Grumman suchen, um zu erfahren, was er weiß, und wenn ich dieses Objekt finde, von dem er weiß, bringe ich es Lyra.«
»Sind Sie verheiratet, Mr. Scoresby?«, fragte Serafina. »Haben Sie Kinder?«
»Nein, Madame, ich habe keine Kinder, obwohl ich gern Vater gewesen wäre. Aber ich verstehe die Frage und Sie haben Recht: Das Mädel hat Pech mit seinen wirklichen Eltern gehabt und vielleicht kann ich das wieder gutmachen. Jemand muss es und ich bin dazu bereit.«
»Danke, Mr. Scoresby«, sagte Serafina Pekkala.
Sie nahm ihre Krone ab und zog eine der kleinen, schar lachroten Blumen heraus, die auf ihrem Kopf so frisch geblieben waren, als seien sie gerade erst gepflückt worden.
»Nehmen Sie die mit«, sagte sie. »Wann immer Sie meine Hilfe brauchen, halten Sie sie in der Hand und rufen Sie mich. Ich werde Sie hören, wo Sie auch sind.«
»Oh, besten Dank, Madame«, sagte er überrascht. Er nahm die Blume und steckte sie vorsichtig in seine Brusttasche.
»Und wir sorgen für einen Wind, der Sie nach Nowaja Semlja trägt«, fügte Serafina Pekkala hinzu. »Doch jetzt, Schwestern, wer möchte als Nächste sprechen?«
Die eigentliche Ratssitzung begann. Die Hexen waren bis zu einem gewissen Punkt demokratisch organisiert; jede Hexe, auch die jüngste, hat das Recht zu sprechen, doch nur die Königin hatte die Macht zu entscheiden. Sie redeten die ganze Nacht. Viele traten leidenschaftlich dafür ein, den Krieg sofort zu eröffnen, einige andere mahnten zur Vorsicht, und einige wenige, allerdings die weisesten unter ihnen, schlugen vor, Boten zu den anderen Hexenclans zu entsenden und darauf zu drängen, dass sich zum ersten Mal in der Geschichte alle Hexen verbündeten.
Ruta Skadi stimmte ihnen zu und Serafina schickte sofort Boten los. Für die unmittelbar bevorstehende Unternehmung wählte Serafina zwanzig ihrer besten Kämpfer aus. Sie sollten sich darauf vorbereiten, mit ihr nach Norden in die neue Welt zu fliegen, die Lord Asriel geöffnet hatte, und nach Lyra zu suchen.
»Und Ihr, Königin Ruta Skadi?«, fragte Serafina zuletzt. »Was habt Ihr vor?«
»Ich suche Lord Asriel, um aus seinem Munde zu erfahren, was er tut. Es scheint, dass auch er nach Norden gegangen ist. Darf ich Euch deshalb auf dem ersten Teil Eurer Reise begleiten, Schwester?«
»Ihr seid willkommen«, sagte Serafina, froh, Ruta Skadi da bei zu haben.
Und so wurde es beschlossen.
Doch kurz nach dem Ende der Versammlung näherte sich eine ältere Hexe Serafina Pekkala und sagte: »Hört Euch bitte an, was Juta Kamainen zu sagen hat, Königin. Sie ist zwar sehr eigensinnig, aber es könnte wichtig sein.«
Die junge Hexe Juta Kamainen – jung aus der Sicht der Hexen, sie war erst gut hundert Jahre alt – druckste verlegen herum, und ihr Dæmon, ein Rotkehlchen, flog aufgeregt von ihrer Schulter auf ihre Hand und kreiste über ihr, bevor er sich wieder auf ihre Schulter setzte. Die Hexe hatte dicke, rote Wangen und ein lebhaftes, leidenschaftliches Temperament. Serafina kannte sie nur flüchtig.
»Königin«, sagte die junge Hexe, unfähig, unter Serafinas musterndem Blick ruhig zu bleiben, »ich kenne Stanislaus Grumman. Ich habe ihn einmal geliebt. Doch jetzt hasse ich ihn so inständig, dass ich ihn umbringe, wenn ich ihn sehe. Ich hätte nichts gesagt, aber meine Schwester zwang mich dazu.«
Sie sah die ältere Hexe böse an, die ihren Blick mitfühlend erwiderte, da sie wusste, was die Liebe anrichten kann.
»Gut«, sagte Serafina, »wenn er noch lebt, muss er am Leben bleiben, bis Mr. Scoresby ihn findet. Du begleitest uns besser in die neue Welt, dann besteht keine Gefahr, dass du ihn zuerst tötest. Denke nicht mehr an ihn, Juta Kamainen. Die Liebe macht uns leiden, aber die Aufgabe, die vor uns liegt, ist größer als die Rache. Vergiss das nicht.«
»Ja, Königin«, sagte die junge Hexe kleinlaut.
Und damit schickten sich Serafina Pekkala, ihre
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