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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Hamburger und aßen sie im Weitergehen. Auch das war für Lyra neu.
    »Wir essen immer im Sitzen«, erklärte sie. »Ich habe noch nie gesehen, dass Leute gehen und essen. Es ist hier so vieles anders. Zum Beispiel der Verkehr, den mag ich nicht. Aber Kino mag ich, und Hamburger auch, die mag ich sogar sehr. Und diese Wissenschaftlerin Dr. Malone, sie richtet es so ein, dass die Maschine Wörter verwendet. Ich weiß, dass sie das tut. Morgen gehe ich wieder hin und sehe nach, wie sie vorankommt. Ich wette, ich kann ihr helfen. Wahrscheinlich könnte ich auch erreichen, dass sie das Geld bekommt, das sie braucht. Weißt du, wie mein Vater das angestellt an? Lord Asriel? Er hat sie überlistet …«
    Während sie die Banbury Road entlanggingen, erzählte sie ihm von der Nacht, als sie sich im Schrank versteckt und beobachtet hatte, wie Lord Asriel den Wissenschaftlern von Jordan College den abgetrennten Kopf von Stanislaus Grumman in dem Vakuumbehälter gezeigt hatte. Und weil Will ein so guter Zuhörer war, erzählte sie ihm auch gleich noch den Rest ihrer Geschichte, von dem Augenblick, als sie aus Mrs. Coulters Wohnung geflohen war, bis zu dem schrecklichen Moment, in dem sie erkannt hatte, dass sie Roger auf den vereisten Klippen von Svalbard in den Tod geführt hatte. Will hörte stumm, aber aufmerksam und mitfühlend zu. Lyras Bericht
    von einer Ballonfahrt, von gepanzerten Bären, von Hexen und vom rachsüchtigen Arm der Kirche schien genau dasselbe zu sein wie sein eigener fantastischer Traum von einer schönen Stadt am Meer, die leer und stumm und sicher war: Das alles konnte nicht wahr sein.
    Doch dann kamen sie an die Ringstraße und zu den Hain buchen. Um diese Zeit gab es dort kaum Verkehr, höchstens ein Auto in der Minute. Und da war auch das Fenster. Will merkte, dass er lächelte. Es würde alles gut werden.
    »Warte hier, bis kein Auto kommt«, sagte er. »Ich gehe gleich durch.«
    Im nächsten Moment stand er auf dem Gras unter den Palmen, und kurz darauf folgte ihm Lyra.
    Es war, als seien sie nach Hause zurückgekehrt. Die laue Abendluft, der Geruch der Blumen und des Meeres und die Stille umschmeichelten sie wie ein warmes Bad.
    Lyra streckte sich und gähnte, und Will spürte, wie eine schwere Last von seinen Schultern fiel. Er hatte sie den ganzen Tag mit sich herumgeschleppt und nicht gespürt, dass sie ihn fast zu Boden gedrückt hatte. Doch jetzt fühlte er sich leicht und frei und zur Ruhe gekommen.
    Doch dann packte Lyra ihn am Arm. Im selben Augenblick hörte er, warum sie es tat.
    Irgendwo in den engen Straßen auf der anderen Seite des Cafes schrie etwas.
    Will rannte sofort in die Richtung der Schreie, und Lyra folgte ihm in eine Gasse, in die der Mond nicht schien. Die Gasse machte einige Kurven, dann kamen sie auf den Platz vor dem steinernen Turm, den sie am Morgen gesehen hatten. 
    Rund zwanzig Kinder standen mit den Gesichtern nach innen in einem Halbkreis am Fuß des Turmes; einige hatten Stöcke in den Händen, andere warfen Steine auf was immer sie vor der Turmwand in die Enge getrieben hatten. Zuerst glaubte Lyra, es sei ein anderes Kind, aber das schreckliche, hohe Wehklagen, das aus dem Halbkreis aufstieg, kam nicht von einem Menschen. Auch die Kinder schrien, aus Angst und aus Hass.
    Will rannte zu ihnen hin und zerrte eines von ihnen zu rück, einen ungefähr gleichaltrigen Jungen in einem gestreiften T-Shirt. Als der Junge sich umdrehte, sah Lyra die weißen Ränder um die Pupillen seiner wild aufgerissenen Augen.
    Jetzt hatten die anderen Kinder sie bemerkt und drehten sich um. 
    Auch Angelica und ihr kleiner Bruder waren da und hielten Steine in den Händen. Die Augen der Kinder glitzerten böse im Mondlicht.
    Sie verstummten. Nur das hohe Wehklagen hielt an, und jetzt sahen Will und Lyra, woher es kam: von einer getigerten Katze, die mit eingerissenem Ohr und abgeknicktem Schwanz vor der Wand des Turmes kauerte. Es war dieselbe Katze, die Will in der Sunderland Avenue gesehen hatte, die Katze, die ihn zu dem Fenster geführt hatte und die aussah wie Moxie. 
    Sobald er sie sah, schubste er den Jungen, den er gepackt hatte, zur Seite. Der Junge fiel zu Boden und stand sofort wütend wieder auf, aber die anderen hielten ihn zurück. Will kniete bereits neben der Katze.
    Sie sprang in seine Arme, schmiegte sich an seine Brust, und er wiegte sie an sich gedrückt hin und her. Lyra glaubte für einen kurzen Moment sein Dæmon sei endlich aufgetaucht. 
    Dann stand Will auf

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