Das Magische Messer
rauen, aber herzlichen Major Parry, einen wackeren, aber nicht besonders hellen Burschen – doch ich weiß, hinter was er her ist. Denn er ist zwar ein echter Akademiker, aber bezahlt wird er vom Verteidigungsministerium – ich kenne die Kennziffern, die sie auf ihren Überweisungen verwenden – und zum anderen sind seine sogenannten Wetterballone etwas ganz anderes – ich habe in der Kiste nachgesehen – sie enthält einen Strahlenanzug, oder ich fresse einen Besen. Das ist alles sehr seltsam, Liebling. Ich mache weiter, wie geplant – bringe die Archäologen an ihr Ziel und setzte mich dann ein paar Tage ab, um nach der Anomalie zu suchen – wenn ich auf dem Lookout Ridge zufällig Nelson begegne, wird mir schon etwas einfüllen.
Später: Wirklich Glück gehabt. Ich traf Jake Petersens Kumpel, den Eskimo Matt Kigalik. Jake hat mir zwar gesagt, wo ich ihn finden kann, aber ich hatte nicht zu hoffen gewagt, dass er tatsächlich da sein würde. Er sagte, auch die Sowjets hätten nach der Anomalie gesucht – er sei früher in diesem Jahr hoch in den Bergen einem Mann begegnet und habe ihn ein paar Tage beobachtet, ohne sich ihm zu zeigen, und es habe sich herausgestellt, dass der Mann Russe war, ein Spion; mehr er zählte er mir nicht. Ich bekam den Eindruck, dass er ihn umgelegt hat. Aber er beschrieb mir die Anomalie. Sie ist wie eine Lücke in der Luft, eine Art Fenster, durch das man in eine andere Welt sieht. Es ist aller dings nicht leicht zu finden, weil der Teil der anderen Welt, den man durch das Fenster sieht, genauso aussieht wie hier – Felsen, Moos, und so weiter. Es befindet sich auf der linken Seite eines kleinen Baches un gefähr fünfzig Schritt westlich eines hohen Felsens, der wie ein stehender Bär geformt ist, und die Lagebestimmung, die Jake mir gab, stimmt nicht ganz – es liegt eher auf 12" N als 11.
Drück mir die Daumen, Liebling. Ich bringe dir eine Trophäe aus der Geisterwelt mit – ich werde dich immer lieben – küsse den Jungen von mir – Johnny.
Will brummte der Kopf.
Sein Vater beschrieb genau das, was er unter den Bäumen entdeckt hatte. Auch er hatte ein Fenster gefunden – er hatte sogar dasselbe Wort dafür verwendet! Deshalb musste er auf der richtigen Spur sein. Und die Männer hatten nach diesen Briefen gesucht… Es war also gefährlich, von dem Fenster zu wissen.
Als sein Vater den letzten Brief geschrieben hatte, war Will ein Jahr alt gewesen. Sechs Jahre später hatte er an jenem Morgen im Supermarkt erkannt, dass seine Mutter in schrecklicher Gefahr schwebte und er sie beschützen musste; dann, in den darauf folgenden Monaten, war er allmählich zu der Überzeugung gekommen, dass die Gefahr nur in ihrem Kopf existierte und er sie deshalb um so mehr beschützen musste.
Und dann hatte er auf brutale Weise erkennen müssen, dass die Gefahr doch nicht ausschließlich in ihrem Kopf existierte. Es war tatsächlich jemand hinter ihr her. Hinter diesen Briefen, diesen Informationen.
Er hatte keine Ahnung, was das alles bedeutete. Aber er war glücklich, dass er etwas so Wichtiges mit seinem Vater teilte, dass John Parry und sein Sohn Will unabhängig voneinander dieses merkwürdige Fenster entdeckt hatten. Wenn er seinen Vater fand, konnten sie darüber reden, und sein Vater würde stolz sein, dass Will in seine Fußstapfen getreten war.
Es war eine ruhige Nacht und das Meer war still. Will steckte die Briefe wieder in die Mappe und schlief ein.
Lichtgestalten
»Grumman?«, sagte der schwarzbärtige Pelzhändler. »Von der Berliner Akademie? Verwegener Bursche. Ich begegnete ihm vor fünf Jahren am nördlichen Ende des Ural. Ich dachte, er sei tot.«
Sam Cansino, ein alter Bekannter von Lee Scoresby und Texaner wie dieser, saß in der naphthageschwängerten, verrauchten Bar des Hotels Samirsky und stürzte ein Schnapsglas eiskalten Wodka hinunter. Er schob Lee den Teller mit Pökelfisch und Schwarzbrot hin, und Lee nahm einen Bissen und forderte Sam dann mit einem Kopfnicken auf weiterzuerzählen.
»Er war in eine Falle getreten, die dieser Narr Jakowlew gestellt hatte«, fuhr der Pelzhändler fort, »und hatte sich das Bein bis zum Knochen aufgeschnitten. Doch er wollte keins der üblichen Medikamente verwenden, sondern unbedingt das Zeug, das die Bären haben – Blutmoos – eine Art Flechte, kein richtiges Moos; jedenfalls lag er da auf seinem Schlitten und brüllte entweder vor Schmerzen oder kommandierte sei ne
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