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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sich um sie. Und du bist mit einigen Briefen weggerannt. Und da war ein Mann, ich glaube ein Dieb, und du hast ihn umgebracht. Und du suchst deinen Vater, und –«
    »Jetzt halte endlich den Mund«, sagte Will. »Das reicht. Du hast kein Recht, nach solchen Dingen aus meinem Leben zu fragen. Tu das nie wieder. Spioniere mir nicht hinterher.« 
    »Ich weiß, wann ich aufhören muss zu fragen«, sagte Lyra. »Das Alethiometer ist fast wie ein Mensch. Ich merke, wenn es sich ärgert oder wenn es Dinge gibt, die ich nicht wissen soll. Ich spüre das irgendwie. Aber als du gestern aus dem Nichts auftauchtest, musste ich es nach dir fragen, du hättest ja eine Gefahr für mich sein können. Ich musste es fragen. Und es sagte« – sie senkte die Stimme noch mehr – »es sagte, du seist ein Mörder, und ich dachte mir, gut, in Ordnung, dem kann ich vertrauen. Aber mehr habe ich bis eben nicht gefragt, und ich verspreche dir, dass ich nicht mehr frage, wenn du das nicht willst. Wenn ich nur anderen Leuten nachspionieren würde, würde es nicht mehr funktionieren. Das weiß ich so genau, wie ich mich in meinem Oxford auskenne.« 
    »Du hättest ja mich fragen können statt dieses Ding. Hat es gesagt, ob mein Vater noch lebt?«
    »Nein, weil ich es nicht danach gefragt habe.«
    Inzwischen saßen sie beide. Will legte den Kopf erschöpft in die Hände.
    »Also gut«, sagte er schließlich, »dann müssen wir einander wohl trauen.«
    »Genau. Ich traue dir.«
    Will nickte grimmig. Er war hundemüde und in dieser Welt war an Schlaf nicht zu denken. Lyra war sonst nicht so einfühlsam, aber etwas an Wills Benehmen machte sie nachdenklich. Er hat Angst, dachte sie, aber er beherrscht seine Angst, wie Iorek Byrnison sagte, dass wir es müssen, und wie ich meine Angst damals beim Bootsschuppen an dem zugefrorenen See beherrscht habe.
    »Und, Will«, fügte sie hinzu, »ich verrate dich nicht, an niemanden. Versprochen.«
    »Gut.«
    »Ich habe das einmal getan, jemanden verraten. Und es war das Schlimmste, das ich je gemacht habe. Ich dachte, ich würde ihm das Leben retten, dabei habe ich ihn an den gefährlichsten Ort gebracht, den es für ihn gab. Ich konnte mich selbst nicht leiden, dass ich so dumm war. Deshalb passe ich jetzt ganz genau auf, dass ich dich nicht aus Versehen verrate.« 
    Will schwieg. Er rieb sich die Augen und kniff sie ein paar Mal zusammen, um sich wach zu halten.
    »Durch das Fenster können wir erst später zurück«, sagte er. »Wir hätten schon gar nicht bei Tageslicht herkommen dürfen. Wir dürfen nicht riskieren, dass uns jemand sieht. Jetzt müssen wir also noch stundenlang die Zeit totschlagen …« 
    »Ich habe Hunger«, sagte Lyra.
    »Ich weiß!«, sagte Will. »Wir gehen ins Kino!«
    »Wohin?«
    »Ich zeige es dir. Dort können wir auch was zu essen kaufen.«
    Es gab ein Kino in der Nähe des Stadtzentrums, zu Fuß nur zehn Minuten entfernt. Will zahlte für sie beide und kaufte Hotdogs, Popcorn und Cola. Sie gingen mit dem Essen hinein und setzten sich. Der Film fing gerade an.
    Lyra war fasziniert. Sie hatte schon an die Wand projizierte Photogramme gesehen, aber nichts in ihrer Welt hatte sie auf das vorbereitet, was sie hier sah. Sie verschlang den Hotdog und das Popcorn, trank gierig die Cola und stöhnte und lachte entzückt über das Geschehen auf der Leinwand. Zum Glück war es ein lautes Publikum mit vielen Kindern, Lyras Begeisterung fiel deshalb nicht weiter auf. Will schloss sofort die Augen und schlief ein.
    Er erwachte, als er hörte, wie Sitze hochgeklappt wurden und die Besucher hinausgingen. Blinzelnd öffnete er die Augen; auf seiner Uhr war es Viertel nach acht. Lyra konnte sich nur schwer von dem Kino trennen.
    »Das ist das Beste, was ich in meinem ganzen Leben gesehen habe«, sagte sie. »Ich weiß gar nicht, warum sie das in meiner Welt nicht erfunden haben. Einige Dinge sind bei uns besser als bei euch, aber das hier übertrifft alles.«
    Will wusste nicht einmal, wovon der Film gehandelt hatte. Draußen war es noch hell und auf den Straßen war viel Verkehr.
    »Willst du noch einen sehen?«
    »Au ja!«
    Sie gingen also in das nächste Kino einige hundert Meter weiter um die Ecke, und taten dasselbe noch einmal. Lyra hockte sich mit angezogenen Beinen auf ihren Platz, die Arme um die Knie geschlungen, Will schlief wieder ein. Als sie das Kino diesmal verließen, war es fast elf und dunkel. 
    Lyra hatte wieder Hunger, also kauften sie an einem fahr  baren Imbiss

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