Das Mallorca Kartell (German Edition)
Bürgermeister kommt heute nicht mehr. Er ist mit Geschäftsfreunden auf dem Golfplatz und hält es nicht für nötig, sich ins Rathaus zu begeben. Der Tod seiner Mitarbeiterin hat ihn tief getroffen, meinte er, doch könne er dazu keinerlei Aussagen machen, da er kaum etwas mit ihr zu tun hatte. Das ist in etwa die wörtliche Zusammenfassung unseres Telefonats. Reizend, nicht wahr?«
Xisco s Nasenlöcher blähten sich auf wie immer, wenn er sich über jemanden aufregte.
»Dann lass uns gehen. Ich erzähle dir alles auf dem Weg ins Büro.« Ángel überreichte der Sekretärin am Empfang eine Visitenkarte und verabschiedete sich.
27. April
Cristina saß am Frühstückstisch und nagte lustlos an einem frischen Brötchen. Sie hatte sich die halbe Nacht hin und her gewälzt und beneidete Martins tiefen Schlaf. Weder die Haustür noch der Kaffeegeruch, der durch die Wohnung zog, hatten ihn aus seinem Zimmer gelockt. In ihrem Kopf schwirrten unzusammenhängende Gedanken und Wortfetzen, die sie nicht einzuordnen vermochte. Bevor sie sich an die Arbeit machte, musste sie unbedingt den Kopf frei bekommen. Sie trank den letzten Schluck Kaffee aus, schnappte sich ihre Inline-Skates und hinterließ Martin eine Nachricht. Vielleicht half Bewegung an der frischen Luft. In letzter Zeit war sie nicht oft gefahren, obwohl sie genau aus diesem Grund das Haus in Portixol gekauft hatte. Sie konnte sich die Skates anziehen, die Haustür öffnen und am Meer entlangfahren, ohne vorher den Wagen nehmen zu müssen, um sich eine geeignete Strecke zu suchen. Gerade morgens gehörte die Strecke bis nach Can Pastilla ihr alleine. Man konnte ohne Rücksicht auf Radfahrer seinen Gedanken nachhängen und sich vom Wind den Kopf frei blasen lassen.
Sie fuhr langsam los, um ihre verspannten Muskeln zu lockern, beschleunigte aber bald das Tempo und sog die salzige Meeresluft tief in ihre Lungen. Sie fuhr am kleinen Strand von Es Molinar vorbei in Richtung Platja de Palma.
Nach wenigen Minuten spürte sie, wie sich der Knoten in ihrem Kopf löste und sich ein Plan für den Tag formte. Überrascht stellte sie fest, dass sie Can Pastilla bereits hinter sich gelassen hatte. Sie fuhr zurück zu ihrer Lieblingsbäckerei, bestellte Kaffee, setzte sich an der Mole auf eine Bank und beobachtete das unwirkliche Farbenspiel der aufgehenden Sonne über dem Meer. Am pastellfarbenen Himmel kreisten Möwen, die kreischend ins schillernde Meer stießen, um sich den Magen mit einem Fisch zu füllen. Diese idyllischen Momente genoss sie normalerweise, doch diesen Morgen stimmte sie das Bild traurig, da ihr schmerzlich bewusst wurde, dass sie diese Tour nie wieder gemeinsam mit Ana fahren würde. Sie trank den Becher leer, warf ihn in einen Mülleimer und verfluchte Anas Mörder, der sie kaltblütig erstochen hatte. Sie starrte noch einige Minuten auf das rosa schimmernde Meer, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Haus machte, wo Martin sicherlich verkatert auf sie wartete.
Cristina kam eine Stunde später zu Hause an und musste feststellen, dass ihre Wohnung leer war. Auf dem Küchentisch lagen zwei leere Briefchen Aspirin und ein Zettel, auf dem Martin mitteilte, er sei ins Büro gefahren.
Christina duschte, zog sich an und ging zum Telefon. Halb zehn, vielleicht erreichte sie jemanden in der Firma Propiedades Baleares. Sie wählte die Nummer und wartete. Sie hörte, wie die Leitung umschaltete und kurz danach jemand den Anruf entgegennahm.
»Díga«, klang eine verschlafene Stimme durch den Hörer.
»Bueños días. Mit wem spreche ich?«, fragte Cristina, da sich die Dame weder mit dem Firmennamen noch mit dem eigenen gemeldet hatte.
»Mit wem wollen Sie denn sprechen?«, erhielt sie zur Antwort.
»Mit dem Geschäftsführer der Firma Propiedades Baleares. Ist er schon im Büro?« Cristina fand die Gegenfrage etwas merkwürdig.
»Tut mir leid. Der Geschäftsführer ist nicht zu sprechen. Um was geht es denn?«, wollte die Frau am anderen Ende wissen.
»Ich denke, dass sollte ich mit dem Geschäftsführer selbst besprechen. Wann kann ich Herrn Llull Verd erreichen?«, fasste sie nach. Sie hatte den erstbesten Namen genannt, der ihr eingefallen war.
»Hier gibt es keinen Llull Verd, der Geschäftsführer ist Señor Alfonso Villalonga, und der ist die nächsten Wochen auf Geschäftsreise. Wer sind Sie? Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen«, säuselte die Stimme.
Cristina war zufrieden mit ihrer List, die hervorragend funktioniert hatte. Sie hatte vor
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