Das Mallorca Kartell (German Edition)

nächsten Tagen Beweise vernichtet werden. Es muss unbedingt so aussehen, als ginge es nur um den illegalen Bau auf Montport und die Klärung, wo das Bargeld herkommt.«
    Ángel hatte in der Zwischenzeit Pläne geschmiedet. Das Ganze würde sich zu einem internationalen Skandal ausweiten. Es war höchste Vorsicht geboten, sonst könnte auch sein Kopf in Gefahr geraten. »Ich suche jetzt den Bürgermeister. Der Beamte, der ihn überwacht, wird ja wohl wissen, wo er steckt.«
    Zusammen mit Xisco verließ er das Rathaus. »Du weißt, was du zu tun hast?«
    Xisco nickte.
    Ángel fand den Bürgermeister im Clubhaus des Golfplatzes von Andratx. Er stand mit seinem Anwalt zusammen auf der Sonnenterrasse mit Blick auf das Grün und zog eine Grimasse, als er Ángel mit einem weiteren Beamten auf sich zukommen sah. Trotz der Proteste des Anwalts klickten die Handschellen um die Handgelenke Pérez de Baralls. Neugierig verfolgten die Clubmitglieder, wie sie den Bürgermeister abführten, und Ángel war überzeugt davon, in spätestens einer Stunde in den Nachrichten von dieser Verhaftung zu hören.

29. April
     
    Cristina fuhr nachdenklich ins Büro. Sie hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Was hatte das Treffen, das sie gestern zufällig beobachtet hatte, zu bedeuten? Wem konnte sie noch trauen? Diese Gedanken hatten sie fast die ganze Nacht wach gehalten. Ihr Misstrauen gegenüber Jesús nagte an ihr. Er traf sich regelmäßig mit Diego und Carlos. Doch wieso war Xisco dort aufgetaucht? Und warum hatte Jesús einfach sein Handy ausgeschaltet? Steckten alle unter einer Decke?
    Cristina war froh, dass noch niemand im Büro war. Sie kochte Kaffee und schaltete das Radio ein. Nach einem spanischen Hit kündigte der Moderator die Nachrichten an. Der Sprecher berichtete pünktlich um acht Uhr über die am Vortag erfolgte Verhaftung des langjährigen Bürgermeisters Juán Pérez de Barall wegen Korruptionsverdachts. Gestern? Sie hatte am Vorabend weder das Radio noch den Fernseher eingeschaltet. Sie sprang von ihrem Schreibtisch auf und stellte das Radio lauter. Sie hatte tatsächlich richtig gehört. Der Bürgermeister von Andratx war am gestrigen Nachmittag auf dem Golfplatz abgeführt worden und saß in Untersuchungshaft. Ángel Martínez Ruiz hatte während einer Pressekonferenz verkündet, Pérez de Barall würde noch heute dem Haftrichter vorgeführt. Die genauen Hintergründe waren nicht bekannt. Es hieß weiter, er habe eine große Summe Bargeld in seinem Bürosafe deponiert gehabt, die auf Schmiergeld in Zusammenhang mit dem Bau mehrerer Apartmentanlagen auf Montport hindeutete. Die Udyco hätte alle Unterlagen aus dem Rathaus für weitere Ermittlungen beschlagnahmt. Cristina ließ sich in ihren Stuhl fallen. Montport? Was war mit den illegalen Bauten auf der Cala Llamp? Darüber war kein Wort gefallen! Die Udyco musste damit zu tun haben. Xisco war Mitarbeiter der Udyco, und sie hatte ihn gestern Abend zusammen mit ihrem Chef und Diego gesehen. Sollte bei diesem Treffen etwas verschleiert werden? Entmutigt ließ sie ihren Kopf auf den Schreibtisch sinken. Ihre einzige Hoffnung war ihr Freund Juán Carlos, und dass wenigstens er etwas herausfand. Stimmengewirr aus dem Treppenhaus riss sie aus ihren Gedanken. Sie ging zur Eingangshalle, wo sie auf ihren Chef und Martin traf.
    Jesús wuselte aufgeregt um Cristina. »Das ist ja ein Ding! Der Bürgermeister von Andratx sitzt endlich hinter Gittern. Leider bin ich mir sicher, dass er nicht lange auf Staatskosten einsitzen wird. Ich habe es gestern aus erster Hand erfahren!«
    »Was hast du aus erster Hand erfahren? Dass man ihn endlich weggesperrt hat oder dass er bald wieder rauskommt?« Cristinas Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie holte sich ein Glas Wasser und sah Jesús auffordernd an.
    »Na, dass sie das Rathaus gestürmt und alle Unterlagen mitgenommen haben. Xisco, du weißt schon, der Xisco von der Udyco, rief mich gestern überraschend an und wollte mit mir sprechen. Ich saß gerade bei einem späten Mittagessen mit Diego und Carlos am Passeig Marítim, als er mich eiskalt erwischte. Ich dachte ja, es ginge um die Cala-Llamp-Sache. Doch er erzählte mir von der Verhaftung des Bürgermeisters«, erklärte Jesús aufgekratzt.
    Martin stand schweigend daneben. Es war ihm anzusehen, dass es ihm reichlich egal war, ob der Bürgermeister einsaß oder nicht.
    »Hat er auch erklärt, weswegen sie ihn verhaftet haben? In den Nachrichten hieß es, es ginge um