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Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Titel: Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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auch.«
    Jetzt bin ich derjenige, dem nach obszönen Gesten zumute ist. »Geh schlafen, Mimi.«
    »Ich brauche keine Erholungspausen.«
    »Aber ich brauche ein bisschen Erholung von dir. Leg eine Pause ein. Ich ruf dich, wenn ich dich brauche.«
    »Ruhebefehl erhalten«, meldet sie und verfällt in Schweigen.
    Ich mache es mir wieder auf meinem Stuhl bequem, als ich drei Grubenleute sehe. Sie laufen kreuz und quer über den Basar. Mit ihren geflickten Overalls wirken sie deplatziert und zugleich so arm, dass sie nicht einmal das Interesse der aufdringlichsten Händler wecken. Ihr Haar ist unter dem Eisenstaub rotorange verfärbt, die Gesichter schmutzig und voller Verzweiflung. Man sieht ihnen von Weitem an, dass sie Hilfe suchen.
    Sucht woanders, denke ich und schließe hastig die Augen. Aber die Mühe war umsonst. Ärger findet stets seinen Weg zu mir. Bei Leuten wie diesen Minenbewohnern verhält sich die Verzweiflung umgekehrt proportional zur Menge des Geldes in ihren Taschen. Je dringender sie einen Regulator brauchen, desto weniger können sie bezahlen. Aber nicht dieses Mal. Nicht ich. Keine Wohltätigkeitsjobs mehr. Ich brauche zahlende Kunden.
    Aber die Neugier macht mir einen Strich durch die Rechnung. Was haben Minenbewohner in New Eden zu suchen?
    Verstohlen schaue ich zu ihnen hinüber.
    Und werde ertappt.
    Die größte der drei Personen, eine Frau mit geröteten Wangen und farblich passendem Haar, zeigt auf mich. Obwohl sie ungefähr in meinem Alter ist, haben sich tiefe Sorgenfalten in ihre Stirn gegraben. Sie ist hager, aber groß für eine Minenbewohnerin. Ihr braunes Haar fällt ihr über den langen Hals auf die Schultern. Und dann ist da noch ein zart geschnittenes, herzförmiges Gesicht unter all dem Schmutz.
    Sie sagt etwas, vermutlich über mich. Die Männer schütteln einträchtig die Köpfe. Gute Entscheidung, wie ich finde. Ich arbeite nicht für Minenbewohner. Wenn sie wüssten, wer mein Vater ist, würden sie mich so oder so nicht wollen.
    Die Frau reibt sich verärgert die Hände. Jetzt reden sie offenbar über Geld. Sie denkt, ich bin günstig zu haben. Die beiden Männer sind argwöhnisch – ich schwöre, einer von ihnen sagt Dalit . Nach ein paar weiteren Sekunden wirft die Frau empört die Hände in die Luft.
    Mit leichtem Humpeln geht sie an zwei Buden vorbei. Eine bietet Staubwedel und Ersatzteile feil, die andere Aminobrei, der nur geringfügig appetitanregender ist als die Staubwedel.
    Geh weiter, Schwester. Ich schließe die Augen und lasse mein Kinn auf die Brust sinken.
    »Regulator«, sagt sie. Ihre Stimme ist rau und scharf.
    Ich atme hörbar aus. Schnarche.
    »Wir wollen einen Regulator anheuern.« Als ich nicht reagiere, bohrt sie mir einen Finger in die Schulter. »Da, wo ich herkomme, wird das Ignorieren einer anderen Person mit Peitschenhieben geahndet.«
    »Da, wo ich herkomme«, sage ich, ohne die Augen aufzuschlagen, »ist das Wecken eines friedlich schlafenden Regulators ein Mordmotiv.«
    »Dann ist es ja gut, dass du gar nicht geschlafen hast, nicht wahr?«, kontert sie. »Die Leute sagen, dieses Wirtshaus ist der richtige Ort, wenn man jemanden anheuern will.«
    »Habt ihr Geld?«
    »Etwas. Aber nicht viel.«
    »So lautet meine Antwort, wenn ihr mich fragt, ob ich Arbeit haben will. Etwas, aber nicht viel.«
    Abrupt zieht sie sich zurück. »Wie du willst.«
    »Immer«, sage ich.
    Sie winkt den beiden Männern zu, ihr zu folgen, was diese auch tun, nicht ohne einen weiten Bogen um mich zu machen, als wäre es eine Art ansteckender Krankheit, Dalit zu sein. Ich beobachte, wie sie im Pub verschwinden. Minenbewohner in Ares’ Laden – konnten sie eine dümmere und gefährlichere Entscheidung treffen?
    Ja. Wie sich herausstellte, konnten sie.

KAPITEL 8
    J AISALMER D ISTRICT , N EW E DEN A NNOS M ARTIS 238. 4. 7. 09:43
    Seufzend folge ich ihnen in den ersten Stock. Im Innern ist Ares’ Pub eine Sauna voller Körpergerüche, Pfeifenrauch und dem allgegenwärtigen roten Staub. In der Mitte des Raumes gibt es einen u-förmigen Tresen – eine halbe Tonne polierten Stahls und Eisens, die einst Teil einer Manchester gewesen war, einer Förderanlage, drei Stockwerke hoch und imstande, eine Tonne Erz pro Minute zu verarbeiten. Sämtliche Manchesters waren stillgelegt worden, als der Mars Phase Blau erreicht hatte. Ihre Einzelteile tauchen an allen möglichen interessanten Orten auf. Beispielsweise in einem verräucherten Pub in der schmuddeligsten Ecke des Jaisalmer

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