Das Mauerblümchen erringen (German Edition)
brach ab. In seiner Miene stand qualvolle Beschämung. „Ich klinge wie ein aufgeblasener Wichtigtuer.“
Lucy lachte, sie amüsierte sich köstlich. „Ist Ihnen niemals in den Sinn gekommen, dass Sie ein aufgeblasener Wichtigtuer sind? “
„Bin ich so schlimm?“, fragte er erschrocken.
Sie zog eine Braue hoch. „Sie haben sich ein hässliches Mädchen adliger Herkunft ausgesucht, weil Sie glaubten, leichtes Spiel zu haben. Sie rechneten sich aus, dieses Mädchen müsse so dankbar sein, dass Sie um die Mühen der Brautwerbung herumkämen.“ Nun brach ihr Zorn doch hervor, aber sie unterdrückte ihn nicht mehr. „Ja, Mr. Ravensthorpe, ich halte Sie für einen aufgeblasenen Wichtigtuer. Was denken Sie denn?“
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Lucy hörte wieder die Vögel. Sie hatte immer gedacht, Vögel würden bei Regen nicht singen.
„Ich fand Sie niemals hässlich“, sagte Cyrus nun, jedes einzelne Wort betonend. „Das hat meinen Antrag ebenso wenig beeinflusst wie mein Cousin.“
Sie zuckte die Achseln. „Das spielt doch jetzt keine Rolle mehr.“
Seine Hand schloss sich enger um ihren Arm. „Es spielt eine Rolle. Ich hatte einfach geglaubt, in Ihrem Falle bestünde kaum Gefahr, dass Sie sich in mich verlieben.“
„ Das stimmt nun tatsächlich.“ Eine Lüge, die Lucy mit bemerkenswerter Sicherheit hervorbrachte. Wirklich, an ihr war eine Schauspielerin verloren gegangen!
„Doch nun begreife ich, dass es kein gutes Motiv für die Auswahl einer Braut war“, gab er zu.
„Umwerben Sie die nächste Dame“, riet Lucy ihm, nun doch etwas besänftigt. „Seien Sie freundlicher und weniger aufgeblasen, und Sie werden keine Schwierigkeiten haben, eine neue Verlobung einzugehen. Und vielleicht können Sie die Frau sogar behalten.“
In seinen Augen loderte ein Gefühl, das sie nicht deuten konnte. „Ich wollte einfach eine friedliche Ehe schließen. Dies schien mir ein vernünftiges Ansinnen zu sein.“
„Mit einer Frau, die den Boden unter Ihren Füßen anbetet? Die sie niemals herausfordert, auch wenn der Kleinkrieg zwischen Ihnen und Ihrem Cousin reichlich lächerlich ist? Haben Sie — oder hat Pole — geglaubt, ich würde nicht merken, dass Seine Gnaden ständig von Ihrer Weste geredet hat, während er mit mir tanzte? Glauben Sie, ich würde nicht merken, dass Sie jetzt nur deswegen mit mir reden, weil alle Welt mich für die zukünftige Herzogin von Pole hält?“
„Sagen Sie immer, was Sie denken, egal, wie unbequem es ist?“
Lucy befreite ihren Arm aus seinem Griff. „Das Leben wäre viel einfacher, wenn die Menschen ehrlich zu ihren Beweggründen stünden.“
Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich aus und drohte schon peinlich zu werden, als er endlich antwortete. „Ich habe immer geglaubt, dass eine heiß umworbene Frau diejenige wäre, die am ehesten einen Skandal verursachen würde.“ Er zuckte hilflos die Achseln. „Und ich wollte keine Frau haben, die sich in mich, oder schlimmer, in einen anderen Mann verlieben könnte.“
Lucy schüttelte ungläubig den Kopf. „Sie sind wirklich sonderbar. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass ich mich niemals verlieben würde — ob in Sie oder in jemand anderen.“
„Offenkundig habe ich Sie in vielerlei Hinsicht falsch eingeschätzt.“
„Ich werde mich verlieben“, betonte Lucy. „Und ich werde meine Ehemann lieben.“ Sie spürte, wie ihre Wangen brannten. Zorn war der Grund. „Und wissen Sie was, Cyrus? Ich denke, der Tag wird kommen, an dem Sie die törichte Art ihrer Brautwahl bereuen!“
„Da stimme ich Ihnen zu.“
Lucy wollte darauf keine Erwiderung mehr einfallen. Sie wandte sich erneut zum Gehen, und wieder schnellte seine Hand vor, um sie zurückzuhalten. Dieses Mal ergriff er nicht nur ihren Arm, sondern zog sie wieder leidenschaftlich an sich.
Lucy keuchte erschrocken, und diesen Vorteil nutzte er, um sich ihres Mundes zu
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