Das Mauerblümchen erringen (German Edition)
Straße, dann bogen sie in die Grosvenor Road ein.
„Ihre Eltern schlafen noch“, sagte Cyrus nach einem Blick auf ihr Haus. Ruhig und still lag es da, die Vorhänge waren noch zugezogen. Skandalöserweise nahm er sie hier, auf dem Bürgersteig vor ihrem Heim, in seine Arme. „Sie haben meinen Plan ruiniert.“
Lucy spürte Respekt und Besitzgier, Begehren und sogar Liebe in seiner Umarmung. Oder den Beginn von Liebe. Oder so etwas Ähnliches wie Liebe.
„Sie sehen plötzlich so ängstlich aus.“ Er drückte einen Kuss auf ihre Lippen.
„Glauben Sie ja nicht, dass ich Sie heirate, bloß weil Sie mit mir ausgeritten sind“, gab sie ihm zu verstehen. „Ich bin kein desolates Mauerblümchen mehr.“
„Das weiß ich.“
„Rathbone wird wahrscheinlich um meine Hand anhalten“, fuhr sie fort, als müsse sie sich rechtfertigen. „Er liebt Lyrik, müssen Sie wissen. Und mich übrigens auch — sehr.“
„Ich liebe Sie auch. Aber ich werbe auch um Sie. Dieses Mal werde ich es richtig machen, Lucy.“
Sie seufzte. „Sie haben doch nicht schon wieder einen Plan ausgeheckt?“
Vorsicht flackerte in seinen Augen auf. „Doch.“
„Keine Pläne“, sagte sie entschieden.
„Nicht?“
„Wenn Sie mich erringen wollen, müssen Sie Ihren Gefühlen folgen, ohne sich auf einen Plan zu verlassen. Manche Dinge kann man eben nicht vorausplanen.“
Er schwieg einen Moment, doch dann wurde seine Umarmung enger und er neigte den Kopf. Sein Mund war heiß und feurig, und binnen einer Minute stellte sie fest, dass sie sich an ihn schmiegte.
„Wie wäre es, wenn wir das täten, was du willst?“, flüsterte er an ihrem Mund.
„Cyrus“, sagte Lucy und kämpfte um einen klaren Kopf, „wir könnten gesehen werden. Sie küssen mich vor der Tür meiner Eltern. Und es ist früh am Morgen. Wenn man uns sähe, würde es ein schreckliches Gerede geben.“
Seine Antwort bestand darin, sie wieder zu küssen, langsam und sinnlich, bis sie auf den Zehenspitzen stand und sich mit aller Macht an ihn presste.
„Ich bin kein sehr impulsiver Mensch“, sagte er einen Augenblick später, als er den Kopf hob.
„Oh“, keuchte Lucy. Argwöhnisch sah sie die Grosvenor Street entlang. Zum Glück lag diese immer noch schweigend und verträumt da. „Lassen Sie mich jetzt, Cyrus. Gehen Sie.“
Doch er wich nicht von der Stelle, dieser dunkle, grüblerische, schöne Mann. Und der Ausdruck in seinen Augen ... nie hätte sie sich vorstellen können, dass ein Mann sie so anschauen könnte.
Nein, das stimmte nicht. Diesen Ausdruck hatte sie in den Augen des Piraten gesehen, aber nur im Traum.
„Gehen Sie“, flüsterte sie eindringlich. „Sie werden einen Skandal heraufbeschwören.“
Das brachte ihn offenbar zur Besinnung.
„Ein Skandal“, wiederholte Lucy. „Das, wovor Sie sich am meisten fürchten, wissen Sie noch?“ Sie versetzte ihm einen leichten Stoß. „Los jetzt. Gehen Sie. Auf Wiedersehen.“
„Ich will Sie wiedersehen.“
„Vielleicht könnten wir ... morgen früh ausreiten“, schlug sie vor, ihrer Stimme nicht mehr mächtig. Seine Nähe versetzte sie in Hitze, gerade so wie eine Frau, die jeden Moment den Kopf verlieren und einen Mann ins Gebüsch zerren konnte.
Cyrus schüttelte den Kopf. „Sie haben doch gesagt, ich dürfte keinem Plan folgen.“
„Ja, und?“
„Ebendas war mein Plan. Ich wollte jeden Morgen mit Ihnen ausreiten, bis Sie endlich meinem Charme erliegen.“
Lucy schnaubte verächtlich. „Dafür reiten Sie nicht gut genug!“
„Küsse ich denn gut genug?“
Sie konnte nicht umhin zu lächeln. „Vielleicht.“
Cyrus trat einen
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