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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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gegenüber den Medien nicht preisgeben.«
    Dann läutete ich Deirdre bei mir zu Hause aus dem Bett und erklärte ihr rasch, was passiert war. Erst war sie fast zu verdattert, um etwas zu sagen, aber dann fragte sie nach weiteren Einzelheiten. Ich sagte, ich würde wahrscheinlich gegen acht auf Cozumel eintreffen und ihr dann alles erzählen. Und falls in der Zwischenzeit die Polizei auftauchte und wissen wollte, was ich in Chichen getan habe, solle sie sagen, ich wäre hingefahren, um die Tauchausrüstung abzuholen, die Ken im Hotel gelassen hatte. Ich schaltete das Telefon aus und fuhr den restlichen Weg in Stille, während ich beobachtete, wie der Himmel direkt vor mir langsam hell wurde. Hin und wieder öffnete ich sämtliche Fenster, damit ich nicht einnickte, und hörte die an und abschwellenden Vogelrufe, mit denen der Dschungel zum Leben erwachte.
    Nicht lange, nachdem ich eingeschlafen war, hörte ich Stimmen aus dem Wohnzimmer. Zunächst dachte ich, Deirdre würde telefonieren, aber dann vernahm ich auch eine männliche Stimme. Widerwillig schleppte ich mich aus dem Bett, schlüpfte in ein Paar Plastiksandalen und schlurfte den dunklen Flur entlang. Es war schon wieder Nacht, ich hatte den ganzen Tag verschlafen. Die Stimmen verstummten, als hätte man mich gehört, aber ich sah einen Lichtschein unter der Tür. Aus irgendeinem Grund wurde ich plötzlich nervös. Aber ich bin doch hier in meinem eigenen Haus, dachte ich, das ist lächerlich.
    Dann ging die Tür auf, und Deirdre lächelte mich an. Hinter ihr war jemand, den ich nicht sehen konnte. Sie machte eine Art Knicks und trat zur Seite, die Arme ausgestreckt, um den Gast zu mir nach vorn zu bitten.
    Es war Manfred.
    Er trug eine blaue, wattierte Uniformjacke und eine gemusterte Wollmütze, beide mit Schnee bestäubt. Sein blonder Vollbart war von Raureif bedeckt, winzige Eiszapfen hingen in ihm. Er versuchte, auf mich zuzugehen, aber irgendetwas hielt ihn zurück. Dann bemerkte ich, dass seine Beine in einem Eisblock zusammengefroren waren. Voller Angst wollte ich ihm zurufen, er solle nicht näher kommen, aber kein Laut drang aus meiner Kehle. Er versuchte erneut, sich zu bewegen. Jetzt wusste ich, dass ich nicht verhindern konnte, was gleich geschehen würde. Hätte er doch nur warten können, bis ihn die Wärme freitaute, aber nein, es musste nach seinem Willen gehen. Manfred begann zu fallen. Während Deirdre noch immer lächelte, sah ich, wie er vornüber auf den Fliesenboden stürzte und in gefriergetrocknete Stücke zersprang - Beine, Arme, Becken und Oberkörper gingen entzwei, und der Kopf zerbrach krachend in Scherben, die über den Boden schlitterten.
    Ich erwachte mit einer Stinkwut auf Manfred.
    Als ich dann langsam zu mir kam, war ich zuerst entsetzt von den Bildern, die ich soeben heraufbeschworen hatte. Dann überflutete mich eine Woge von Traurigkeit.
    Mit Tränen in den Augen sank ich zurück auf das Kissen. Aber nun hörte ich tatsächlich Stimmen aus dem Wohnzimmer. Ich lauschte eine Weile, um sicherzugehen… Deirdre und ein Mann im Gespräch… sie zornig, er insistierend. Ich sah auf die Uhr. Ich hatte weniger als eine Stunde geschlafen.
    Die beiden gingen hinaus auf die Terrasse, wo ich sie nicht mehr hören konnte. Aber der Traum von Manfred hatte mich aufgewühlt, und ich würde wahrscheinlich sowieso nicht wieder einschlafen können. Ich kroch aus dem Bett und duschte rasch. Dann zog ich einen Bademantel über und trat mit noch nassen Haaren auf die Terrasse hinaus.

28
    Captain Sanchez saß unter der palapa, ihm gegenüber hatte Deirdre in einem Stuhl Platz genommen und sagte gerade etwas zu Alfredo, der offenbar aus dem Laden heraufgekommen war. Als ich die Terrasse betrat, blickten alle drei in meine Richtung und begannen gleichzeitig zu reden.
    »Ich habe dem Captain gesagt, dass du Schlaf brauchst -«
    »Ihr Vater kommt -«
    »Senorita Madison, wo waren Sie letzte -«
    »Halt, halt«, protestierte ich. »einer nach dem anderen, bitte. Du zuerst, Alfredo.«
    Alfredo warf sich in die Brust, stolz, dass er als Erster zum Reden aufgefordert wurde. »Ihre Mutter hat angerufen, als Sie gerade unter der Dusche waren. Sie sagte, es täte ihr Leid wegen Ihrem Boss. Ihr Vater fliegt heute nach Cancun.«
    »Cancun, nicht Cozumel?«
    »Ich bin mir sicher, sie sagte Cancun.«
    Es klang, als wolle mein Vater in der Bekundung seines Mitgefühls nicht ganz bis ans Ende gehen und mir zu verstehen geben, dass ich den letzten Schritt tun

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