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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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immer lauter.
    Taya lehnte sich an Cristofs Rücken.
    „Jetzt geht Ihr in die Hocke und springt so weit nach vorn, wie Ihr könnt. Haltet die Flügel geschlossen. Ein paar Sekunden lang fallen wir, dann sorge ich dafür, dass wir nicht weiter stürzen. Nicht mit den Flügeln schlagen. Haltet sie fest geschlossen. Wenn Ihr in Panik geratet und sie ausbreitet, verheddern wir uns, und es wird ein ziemlich kurzer Flug.“
    „Verstehe.“
    „Bei drei springt Ihr. Eins. Zwei. Drei.“
    Cristof sprang.
    Taya schmiegte sich an seinen Rücken, ihre Flügel bewegten sich mit aller Kraft nach unten. Kurz sackten die beiden ab, ehe sie hoch und nach vorn gerissen wurden. Taya vermochte kaum etwas zu sehen, hastig schob sie sich weiter an Cristofs Rücken hinauf, schlang ihre Beine um seine Taille, hakte die Füße hinter seinen Hüften fest, bis sie beide wie zusammengeschweißt waren.
    Natürlich zog die Extralast seines Körpers an ihr, was sie auch deutlich spürte, als sie mit den Flügeln schlug, aber sie hatte für ausreichend Ausgleichsgewichte gesorgt. So gelang es ihr, sie beide über die Dächer der Stadt hinweg in den farblosen Himmel hinaufzuziehen. Sobald sie die Landebahn und die Drahtfährentürme Secundus ’ hinter sich gelassen hatten, streckte sie ein Bein aus, um etwas unbeholfen die Schwanzfedern an Cristofs Rüstung nach unten zu treten.
    „Die Beine hoch an den Körper ziehen“, schrie sie ihm ins Ohr, während sie sich wieder auf seinen Rücken hockte. Einen Moment lang hüpften sie abenteuerlich in der Luft herum, während Christof versuchte, mit den Füßen die Querstrebe unter seinem Schwanzansatz zu finden. Dann spürte Taya, wie sich ein Gleichgewicht herstellte: Es war ihm gelungen, die Füße unter die Strebe zu schieben, und nun glichen die Schwanzfedern aus Ondium das Gewicht seiner Beine aus. Bis sie es wagen konnte, sich von Cristof zu lösen, musste sein Schwanz auch als ihrer fungieren.
    Einen Moment flog sie schweigend, konzentrierte sich auf die Luftströme. Cristofs kurzes Haar wehte ihr ins Gesicht. Sie rutschte noch höher seinen Rücken hinauf, bis sie ihm den Mund ans Ohr legen konnte.
    „Gut gemacht!“
    „Sind wir jetzt in Sicherheit?“
    „Alles bestes. Es ist ein wunderschöner Morgen, perfekt zum Fliegen.“
    „Gut.“
    Cristof klang völlig verängstigt.
    „Ihr schaut doch nicht etwa runter?“
    „Ich schaue nirgendwohin.“
    „Aber Ihr habt die Augen offen?“
    „Nein.“
    „Was? Schrott, macht sofort die Augen auf. Ihr könnt doch nicht blind fliegen!“
    Einen Augenblick später hörte sie ein lautes Stöhnen und spürte, wie sich die Muskeln unter ihren Schenkeln verspannten.
    „Was?“, erkundigte sie sich besorgt.
    „Der Boden!“
    „Cristof! Macht die Augen auf, haltet sie offen, und jetzt bloß nicht in Panik geraten! Ihr müsst sehen, wo Ihr hinfliegt!“
    „Nein.“ Cristofs Stimme klang schwach und zittrig. „Ich vertraue dir.“
    „Augen auf!“ Sie bohrte ihm die Stiefel in die Rippen.
    „Oh, Herrin ...“ Seine Stimme wurde immer leiser, bis nur noch ein schwaches Murmeln zu hören war, das wie ein Gebet klang. Erneut spürte Taya, wie sich seine Muskeln verspannten.
    „Atmen. Lange, tiefe Atemzüge. Euch passiert nichts, wir sind hier völlig sicher. Richtet die Augen geradeaus, damit Ihr seht, wohin wir fliegen.“
    Es war sehr anstrengend, zwei Menschen durch die Lüfte zu steuern, und Taya merkte, wie sie ermüdete. Aber es gelang ihr, sie beide weiter emporzulenken, bis sich Cristofs Rücken entspannte. Sie spürte einen Aufwind und kippte sich und ihre Last so, dass sie ihn fangen konnte. Einen Augenblick lang leistete Cristofs Körper Widerstand, aber dann riss der Erhabene sich zusammen und überließ sich Tayas Führung. Sie legte den Kopf an sein Ohr.
    „Ist jetzt alles in Ordnung?“
    „Nein.“
    Taya zog die Brauen hoch: Immerhin stand er jetzt zu seinen Gefühlen, hatte aufgehört, sie zu verbergen. Das war doch schon mal ein Fortschritt.
    „Jetzt die Flügel ausrasten, ausbreiten und in der Gleitposition wieder einrasten lassen.“
    Folgsam breitete er die Arme aus. Taya verlagerte ihr Gewicht und drückte ihr Schlüsselbein gegen seine Schultern, bis ihrer beider Flügel direkt übereinander lagen. Als sich ihre Unterarme berührten, klapperten die Metallstangen ihrer Harnische gegeneinander. Ondiumfedern raschelten im Wind.
    Arm an Arm, Wange an Wange schossen sie in die Höhe. Tayas Herz tat einen kleinen Sprung beim Anblick

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