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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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der Metropole, die unter ihr lag. Der Morgenhimmel hellte zusehends auf, golden glänzend reckten sich die rauhen Klippen der Morgensonne entgegen.
    „Schön!“, rief sie entzückt. „Ist das nicht einfach wunderschön?“
    Cristof schwieg. Taya seufzte – manche Leute hatten einfach keinen Sinn für die Schönheiten der Natur. Vielleicht würden ein paar kurze Lektionen ihm helfen, das alles eher zu genießen.
    Sie drückte die Beine zusammen, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    „Spürt Ihr mich?“, wollte sie wissen.
    „Ich ... ja.“
    „Ihr kriegt jetzt von mir auf die Schnelle ein bisschen Flugunterricht. Entspannt Euch und lasst Euch einfach führen.“ Sein Räuspern fühlte sie eher, als dass sie es hörte.
    „Ist es notwendig, dass ich dabei die Augen offenhalte?“
    „Ja.“ Ein paar Augenblicke lang manövrierte sie ungeschickt in der Luft herum, dann war es ihr gelungen, den eigenen Schwanzteil herunterzutreten. Jetzt konnte sie die Füße hinter der Verriegelung einhaken und sich flach auf Cristof ausstrecken. Ein perfektes Paar gaben sie nicht ab, dazu war er zu groß, aber es würde gehen. Bein an Bein, Arm an Arm, Magen auf Rücken, Wange an Wange lag sie auf ihm.
    „So, wir fliegen eine Rechtskurve. Dabei geht der rechte Flügel nach unten, der linke nach oben, die Aufwärtsbewegung links muss stärker sein als die rechte Abwärtsbewegung. Achtet einfach darauf, wie ich mich bewege, und macht es mir nach.“
    Ihm stockte der Atem, als sie seinen rechten Arm mit ihrem herunterdrückte und sich in den Wind kippen ließ. Sie bewegten sich langsamer, als Taya lieb war, aber der Aufwind, der aus der Stadt emporstieg, verhinderte zusammen mit den Ausgleichsgewichten aus Ondium in Cristofs Anzug, dass sie abschmierten.
    „Wunderbar! Lasst die Beine ausgestreckt. Wärt Ihr allein, würdet Ihr beim Abbiegen das linke Bein anwinkeln. Flügel, Schwanz und kippen. So steuern wir. Aber konzentriert Euch erst einmal auf die Flügel.“
    Kalter Wind pfiff ihnen um die Köpfe, als sie gemächlich einen weiten Kreis flogen. Unter ihnen breitete sich die Metropole mit ihren Bungalows und Fabrikanlagen aus. Cristofs Leib lag warm und kompakt unter Taya, blasses Licht brach sich an seinen Metallschwingen. Taya hob die Arme, spürte, wie seine Schultern der Bewegung folgten, wie er sich von ihr führen ließ.
    „Prima!“, lobte sie, während sie sich vom Aufwind in die Höhe heben ließen. „Ihr macht das genau richtig. Schnelle Abwärtsbewegung, gleichmäßig und fest.“
    Luft erfasste die Metallfedern, hob sie höher und immer höher. Taya bog den Rücken, damit die Schwänze höher kamen, sie noch schneller stiegen. Dann streckte sie sich aus und zeigte Cristof, wie man eine Linkskurve flog. Sie wichen den dunklen Klippen aus, schossen wieder hinaus in den bleichen Luftraum. Endlich spürte Taya, wie sich Cristofs Körper unter ihr mit immer mehr Zutrauen bewegte. Sie lächelte – es fühlte sich gut an, nicht mehr gegen ihn arbeiten zu müssen, nicht mehr mit ihm zu streiten.
    „Meint Ihr, Ihr habt es jetzt?“, fragte sie.
    „Ich glaube schon“, sagte er. Er klang ein wenig atemlos.
    „Denkt Ihr ans Atmen?“
    „Manchmal.“
    „Nicht vergessen, arbeitet dran. Ich gebe jetzt mehr Leine zwischen uns. Ich bin nach wie vor direkt über Euch, aber ihr müsst Euch gleich ohne meine Hilfe in der Luft halten.“
    „Warte! Nicht!“
    „Es geht nicht anders. Zusammen landen können wir nicht, dann verheddern sich unsere Flügel.“
    „Noch nicht! Ich bin noch nicht soweit.“
    „Natürlich seid ihr das. Augen auf und immer schön atmen!“
    „Nein – Taya – nicht. Bleib hier!“ Sie hörte echte Furcht in seiner Stimme, fast schon Panik. Cristofs Flügel kippten. Taya musste ihre zurückziehen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.
    „Nicht mit den Flügeln schlagen. Ich bin doch da. Kommt, wir sehen zu, dass wir wieder an Höhe gewinnen.“
    Eine Minute lang schraubten sie sich schweigend immer höher an den Klippen empor. Die Spitzen des Oporphyrturms glitzerten in den ersten Strahlen der Morgensonne, zeichneten sich scharf gegen den klaren Himmel ab. Taya spürte den Morgenwind beißender werden. War die Sonne erst einmal über die Bergspitzen geklettert, würde sich sofort der Diispirabemerkbar machen, und die Landung würde schwieriger.
    „Schaut nach vorn“, rief Taya. „Wir sind fast da.“
    „Wie ... wie landet man?“, fragte er mit zittriger Stimme.
    „Wir werden auf dem

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