Das mechanische Herz
ziemlich eilig zu haben, aber er konnte wohl der Versuchung nicht widerstehen, Auskünfte über dich einzuholen.“
„Über mich?“
„Über dich! Zehn Minuten lang hat er mich gelöchert, wobei er die ganze Zeit unruhig auf seinem Stuhl hin und her gerutscht ist, und zum Schluss schoss er aus der Tür, ohne sich zu verabschieden. Magst du ihn?“
„Was soll das heißen, er hat dich gelöchert? Was wollte er denn wissen?“
„Das Übliche: welche Blumen du magst, wie viele feste Freunde du schon hattest, was deine Lieblingsfarbe ist, wieviel feste Freunde du schon hattest, welchen Schmuck du magst, wie viele feste Freunde du schon hattest ...“
Ächzend vergrub Taya das Gesicht in den Händen.
„Ich glaube, der Mann ist prüde!“, schloss Cassi munter. „Er sieht jedenfalls aus wie einer, der prüde ist.“
„Er ist nicht prüde! Na ja, vielleicht doch. Was hast du ihm denn erzählt?“
„Dass du Iris magst, dass Blau dir gut steht und dass du kaum Schmuck trägst.“
Taya ließ die Hände sinken und versetzte ihrer Freundin einen Schlag auf den Kopf.
„Die Freunde! Was hast du ihm über Freunde gesagt?“
Cassi lachte.
„Ich habe ihm erzählt, dass dich jeder Mann im Horst anbetet und es ihn überhaupt nichts angeht, wie viele feste Freunde du schon hattest, denn wenn er dich nicht so respektiert, wie du bist, dann verdient er dich nicht.“
Taya starrte die Freundin eine ganze Weile lang stumm an, ehe sie einen tiefen Seufzer ausstieß.
„Ich liebe dich.“
„Das ist mir klar.“ Cassi klang zufrieden. „Merk dir die Antwort bitte für den Fall, dass dich mal jemand über mich aushorcht.“
„Das mache ich!“, versprach Taya mit Inbrunst.
„Also? Magst du ihn?“
„Er war eine ziemliche Nervensäge, aber ...“
„Das nehme ich als Ja.“
„Nimm es als ‚Die Sache ist nicht hoffnungslos ‘ . Wir hatten ja keine ruhige Minute zusammen. Ich mache mir große Sorgen, wie er es verarbeitet, wenn sie seinen Bruder wirklich exekutieren. Er gehört zu den Männern, die sich lieber in ihr Schneckenhaus verkriechen, als sich anderen gegenüber zu öffnen.“
„So sind Männer nun mal, das machen die alle.“ Cassi tätschelte Tayas Arm. „He, bloß nicht zuviel grübeln! Aller guten Dinge sind drei – so sagt man doch.“
Taya schnitt eine Grimasse.
„Das will ich doch hoffen. Du mochtest die beiden letzten Typen, mit denen es mir ernst war, ja nicht leiden. Was hältst du von Cris?“
„Er ist klug, strahlt eine ungeheure Intensität aus. Wirkt eigentlich immer gestresst.“
Taya nickte.
„Hässlich ist er nicht“, fuhr Cassi fort, „aber bei weitem nicht so hübsch wie die beiden anderen. Was an und für sich gut ist! Der verlässt sich bestimmt nicht darauf, dass ihm sein hübsches Gesicht schon verschafft, was er will.“
„Ich glaube, er rechnet überhaupt nicht damit, irgend etwas auf die leichte Tour zu bekommen.“
„Das mag daran liegen, dass er außerhalb seiner Kaste lebt. Dieses Kastenzeichen so nackt in aller Öffentlichkeit zu sehen ist schon eine merkwürdige Sache. Irgendwie unheimlich.“
„Die Maske legt er auf keinen Fall wieder an, hat er gesagt.“
„Um so besser für dich, und es ist ein gutes Zeichen, dass er sich nach Verflossenen erkundigt. Wäre er nur an einer Mätresse interessiert, könnte ihm das alles doch egal sein, oder?“
„Findest du?“
„Deine Freundin hat recht, ja, das hat sie!“ Das kam von Gregor oben auf dem Kutschbock. Die beiden Freundinnen zuckten zusammen. Der Kutscher erntete entrüstete Blicke, die er mit einem entschuldigenden Achselzucken quittierte. „Ich wollte gewiss nicht horchen, aber eins kann ich euch sagen: Kein Mann der Welt schert sich um die Vergangenheit einer Frau, wenn er nicht vorhat, sie Teil seiner Zukunft werden zu lassen. Erst wenn man darüber nachdenkt, fängt man an, sich Gedanken um Ruf und Verlässlichkeit einer Frau zu machen. Das sage ich dazu.“
„Du kannst also unbesorgt sein“, fasste Cassi zusammen, „und überhaupt: Ich würde mir an seiner Stelle mehr Gedanken um meinen eigenen Ruf machen als um seinen! Der Typ ist ein Uhrmacher, der seine Kaste verlassen hat, und es gibt zwei Mörder in seiner Familie. Da muss er als Freund schon ziemlich süß sein, damit es sich für dich lohnt.“
„Er arbeitet daran“, meinte Taya mit schiefem Lächeln.
„Womit er gut beraten ist!“
„Wie dem auch sei: Eigentlich kann man zu uns beiden noch überhaupt nichts sagen, dazu ist
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