Das mechanische Herz
immerhin geht es um Ermittlungen in einem Fall, bei dem wir zu den Hauptverdächtigen gehören.“
„Hast du einen guten Grund, uns auszuschließen?“, verlangte Victor aufbrausend zu wissen.
„Sieh zu, dass du mich nicht zu sehr provozierst, Mr. Kiernan! Du hast allen Grund, dich zurückzuhalten.“
Besorgt sah Taya zu, wie Pyke und Victor rasche Blicke wechselten. Woher kannten sich die beiden? Was trieben sie so, wenn sie zusammen waren?
„Ich könnte dir eine größere Hilfe sein, als du vielleicht ahnst“, sagte Victor.
„Wir alle hier wissen doch, was los ist.“ Cassi schob furchtlos das Kinn vor. „Wir wollen alle das Ihr-wisst-schon-was zurückhaben. Warum dürfen wir da nicht behilflich sein? Dagegen ist doch wirklich nichts einzuwenden. Sonst lungern wir eben vor der Wache herum und folgen euch auf Schritt und Tritt.“
„Daran kann ich euch nicht hindern“, musste Amcathra zugeben. „Aber wenn es erst einmal dunkel und kalt ist, vergeht euch vielleicht die Lust darauf.“
„Niemals die Hoffnung aufgeben, was?“, spottete Isobel, woraufhin Amcathra ihr einen ungnädigen Blick zuwarf, ehe er in Anerkennung ihres gemeinsamen Erbes den Kopf neigte. Seine nächsten Worte allerdings richtete er ausschließlich an Taya.
„Komm, wenn du uns begleiten möchtest.“
„Auf jeden Fall!“ Taya band ihren Harnisch los und ließ den Kiel über ihrer Brust einrasten, die Riemen am Geschirr festgezogen. „Gregor erwartet uns.“
„Den haben wir dir abgeworben.“ Victor warf Taya einen vielsagenden Blick zu, den sie allerdings nicht verstand. „Ich bezahle dir eine andere Kutsche, wenn du eine brauchst.“
„Lass nur, darum kümmere ich mich“, meinte Cristof missmutig. Taya hätte gern gewusst, was gespielt wurde, aber Pykes und Victors versteinerte Mienen hießen sie schweigen. Die beiden führten etwas im Schilde, in das sie Gregor mit hineingezogen hatten. Das war klar, mehr brauchte sie wohl auch nicht zu wissen. Seufzend schnappte sie sich ihre Krücken und den Pelzumhang.
Jetzt, da das Ondium ihrer Flügel einen Teil ihres Gewichts trug, fiel ihr das Laufen wesentlich leichter. In der von Cristof eilig herbeigerufenen Droschke setzte sie sich aber doch lieber oben zum Kutscher auf den Bock, mochte gar nicht erst versuchen, sich samt Flügeln und zwei erwachsenen Männern ins Kutscheninnere zu zwängen. Nach zwanzig Minuten hatten sie das Hauptquartier der Liktoren in Sekundus erreicht, vor dem Pyke und Cassi schon auf der Rücklehne einer eisernen Bank hockten und auf sie warteten. Das Gaslicht der Straßenlaternen brach sich in ihren silbernen Schwingen.
„Angeber!“, brummte Taya und streckte den beiden die Zunge heraus. Cassi zwinkerte ihr zu.
„Wie geht es Viera?“ Cristof hielt Taya die Tür auf, damit sie sich mit den Flügeln hindurchducken konnte. Amcathra war bereits zu Hauptmann Scarios durchgegangen, dem er ein amtlich wirkendes Dokument überreichte.
„Sie ist immer noch unversöhnlich.“ Taya stellte eine Krücke neben der Tür ab. Jetzt, da sie den Harnisch trug, reichte eine. „Habt ihr irgend etwas über die Kisten und den Wagen herausfinden können?“
„Ein schweres Fahrzeug passierte kurz vor Mitternacht den Erstsemesterring, das haben wir in Erfahrung bringen können, und wir sind uns ziemlich sicher, dass der Wagen heute morgen um ungefähr zehn Uhr durch ein Sektorentor zwischen Sekundus und Tertius fuhr. Die Hunde konnten die Spur des Wagens bis zum Tor der Hochschule verfolgen, haben sie danach aber verloren. Wir lassen die Straßen um die Stadt von Militärikariern überwachen, für den Fall, dass der Wagen die Stadt bereits verlassen hat. Aber die Sicherheitsvorkehrungen waren seit der Explosion in der Turmfähre sehr streng, weshalb wir eher davon ausgehen, dass sich die Diebe irgendwo versteckt halten.“
„Riskant“, entgegnete Taya. „Jemand könnte sie finden.“
„Sie gehen so oder so ein Risiko ein. Sie können sich ja denken, dass wir die Straßen überwachen lassen, sobald der Raub entdeckt wurde. Das Wetter ist auf unserer Seite, was immer gut ist. Die Räuber müssen Ondinium innerhalb der nächsten beiden Monate verlassen, weil dann die Pässe geschlossen werden. Bis dahin können wir die Überwachung und die strengen Sicherheitsvorkehrungen noch verstärken.“
„Aber was wird dann aus Kyle?“
Cristof rückte die Brille zurecht und warf einen unruhigen Blick auf die beiden Liktoren Amcathra und Scarios, die anscheinend noch
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