Das mechanische Herz
nicht nur prüde“, sagte Cassi mit deutlich vernehmbarer Stimme, „er ist auch noch herrschsüchtig!“ Herausfordernd funkelte sie Cristof an.
Der presste die Lippen aufeinander, während Taya mit wachsendem Unbehagen feststellen musste, wie sie zum Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit geworden war. Nicht nur die Leute an ihrem eigenen Tisch starrten sie an, auch von den anderen Tischen her sahen Programmierer neugierig zu ihr herüber.
Einen Augenblick lang lieferten Cristof und Cassi einander ein wortloses Blickgefecht, dann gab Cristof einen leisen, verärgerten Laut von sich, der Taya von früheren Auseinandersetzungen mit ihm nur zu vertraut war.
„Außerdem nerve ich bis in die Schwanzspitzen und bin nur äußerst selten nett. Hast du ein Problem damit, Ikarierin?“
„Selten nett!“, korrigierte Taya hastig, „Ihr habt Euch zu ‚selten nett ‘ hochgearbeitet, schon vergessen?“
Damit war die Spannung gebrochen. Cassi verdrehte die Augen, alle anderen kicherten.
„Lieb ist eine Seite an Euch, die Ihr mir erst noch zeigen müsst, Erhabener“, kommentierte Leutnant Amcathra mit unbewegter Miene. „Die anderen drei Eigenschaften waren mir dagegen auch schon ins Auge gefallen.“
„Dann ist er also wirklich prüde!“, rief Cassi triumphierend.
Cristof beugte sich vor und warf Taya ein schwaches, schiefes Lächeln zu.
„Wie geht es dir?“, erkundigte er sich leise, während Isobel dem Leutnant ein Glas von dem Schnaps aus Tizier anbot, das der Demikaner allerdings dankend ablehnte.
„Ganz gut“, sagte Taya. „Wir haben Neuigkeiten und vielleicht sogar ein oder zwei Hinweise, denen es sich nachzugehen lohnt.“
„Wir auch. Warum hält mich deine Freundin für prüde?“
„Weil Ihr Euch nach meinen früheren Männerbekanntschaften erkundigt habt.“
„Ach so.“ Er warf Cassi einen ernsten Blick zu. „Ich hätte wissen sollen, dass sie nicht dichthält.“
„Nicht alle Gerüchte über Ikarier entsprechen den Tatsachen, müsst Ihr wissen.“
„Ich wollte doch bloß erfahren, auf wie viele eifersüchtige Exfreunde ich mich einzustellen habe.“
Taya wurde rot. Sollte sie sich geschmeichelt fühlen oder eher beleidigt sein? „Die einzige, um die Ihr Euch Gedanken machen müsst, ist Cassi. Die macht Euch das Leben zur Hölle, wenn sie beschließt, Euch nicht leiden zu können.“
„Möge die Herrin mir beistehen!“ Er fuhr ihr mit dem Finger über die Wange und richtete sich dann aber rasch wieder auf, als Lars zwei weitere Stühle an den Tisch trug. Die übrigen Gäste der Bar wurden mehr und mehr an den Rand gedrängt.
Amcathra mochte sich nicht setzen. „Wir bleiben nicht lange“, sagte er. „Eigentlich sind wir nur gekommen, um Taya abzuholen.“
„Der Rat ist bereit, Alisters Strafe zu mildern“, sagte Cristof, die Stimme ganz heiser vor Erregung. „So schnell habe ich die Dekaturen noch nie reagieren sehen.“
„Cris!“ Taya strahlte, ein Lächeln der reinen, freudigen Erleichterung. Viera würde total empört sein, und wahrscheinlich verdiente Alister es wirklich nicht, am Leben zu bleiben, aber sie konnte nicht anders, sie freute sich für Cristof. So sehr, dass ihr Herz einen kleinen Sprung tat. „Das ist ja wunderbar!“
„Eine mildere Strafe?“, fragte Isobel. „Welche denn?“
„Blenden und Exil“, erwiderte Leutnant Amcathra. „Für manche Leute wäre das schlimmer als der Tod.“
„Für Alister nicht.“ Taya strich Cristof über den Arm.
Lars seufzte. „Dann kann man das wohl als gute Nachricht bezeichnen.“
„Auf jeden Fall ist sie gut!“, befand Victor. „Eine Menge Bürger werden darin allerdings eine Bevorzugung sehen.“
Pyke schnaubte verächtlich. „Klar ist es eine Bevorzugung. Anscheinend haben sie ja noch nicht einmal lange beraten müssen. Hoffen wir nur, dass der Rat auch bereit ist, die Konsequenzen zu tragen.“
„Hat Alister Euch gesagt, was Ihr wissen wolltet?“, mischte Taya sich ein, rasch, ehe Cristof seiner Verärgerung Luft machen konnte.
„Wir sind gerade auf dem Weg zu ihm“, sagte Cristof mit einem Missbilligenden Blick auf Pyke. „Ich dachte, du würdest bestimmt dabeisein wollen.“
„Wir auch!“ Lars stand auf. „Wir sind seine Freunde.“
„Wir besuchen den Erhabenen im Rahmen einer kriminalistischen Ermittlung, nicht, um mit ihm zu feiern, dass er erfolgreich den Rat erpresst hat.“ Amcathras Stimme klang frostig.
„Das ist mir schon klar“, antwortete Lars friedlich. „Aber
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