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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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stand! „Nein, nein, das ist doch gar nicht so, er ist nur höflich!“, schalt sich Taya. Aber stimmte das auch? Wie benahm sich ein Erhabener überhaupt als Privatmensch? Sie konnte keine Vergleiche anstellen, sie kannte niemanden aus dieser Kaste privat. Außer Cristof natürlich, aber der zählte nicht.
    Alister gab ihr das volle Glas. „Meine Zofe besorgt das Essen für uns und serviert auch. Ich habe ihr gesagt, sie soll ein wenig von allem bestellen, damit auf jeden Fall etwas dabei ist, was du magst.“
    „Müsst Ihr immer alles so sorgsam planen, wenn Ihr auswärts essen wollt?“, fragte Taya, während Alister das eigene Glas füllte und sich hinsetzte. Anders als Cristof ließ er sich nicht direkt seinem Gast gegenüber nieder, sondern am Tischende, im rechten Winkel zu Taya. Die Gasflammen brachten hier die reich geschmückte Kleidung sowie das Haar besonders gut zur Geltung.
    „Nein, nicht immer. Wir hätten auch in ein Restaurant gehen können, das Erhabenen vorbehalten ist. Aber da hätten die Leute dich angestarrt, und ich hatte Angst, das könnte dir unangenehm sein.“
    Taya nickte. „Das wäre mir sehr unangenehm gewesen. Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass ich sehr nervös bin, was das Fest der Erhabenen Octavus angeht. Werde ich mich dort sehr von allen anderen abheben? Gibt es Erhabene, die etwas dagegen haben, dass ich sie dort ohne Maske sehe?“
    „Natürlich nicht! Du bist der Ehrengast, und wir sind den Umgang mit Ikariern gewöhnt. Was für ein Glück du doch hast – es muss wunderbar sein, als Ikarierin zu leben und sich frei zwischen Tertius und Primus zu bewegen, ohne je einen Gedanken an Masken und angemessenes Benehmen zu verschwenden!“
    Taya starrte nachdenklich in ihren Wein. „Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken über angemessenes Benehmen, Erhabener. Wenn man mit allen Kasten arbeitet, wozu ja auch noch die Ausländer kommen, dann ist es nicht einfach, immer im Kopf zu behalten, welche Regel gerade gilt. Auch wenn man, wie ich vor kurzem, die Prüfung für den diplomatischen Dienst abgelegt hat. Nehmen wir diese Situation jetzt, zum Beispiel: Eine der Regeln, die man mir beigebracht hat, besagt, dass man einen Erhabenen nie anfassen darf.“
    „In der Öffentlichkeit gewiss nicht. Aber du glaubst doch nicht wirklich, dass Erhabene privat nie Menschen aus den unteren Kasten berühren oder von ihnen berührt werden?“
    „Na ja ...“ Taya wurde schon wieder rot. Natürlich war ihr bewusst, dass Erhabene Diener aus den unteren Kasten beschäftigten, die sie unmaskiert zu Gesicht bekamen und die ihnen beim Anziehen und Frisieren behilflich waren. Sicher existierten auch Freundschaften und sogar Liebschaften zwischen den Kasten. Aber das waren ganz spezielle, im Fall der Dienerschaft notwendige Ausnahmen. „Ich habe noch nie einen Erhabenen berührt.“
    „Lügnerin!“ Alisters Lächeln zog die Unterhaltung ins Spielerische. „Meine Cousine sagte, sie hätte sich im Fallen an dir festgeklammert wie ein Baby.“
    „Das ist nicht dasselbe!“ Das galt auch für Cristof, der ihre Blessur berührt hatte. „Dabei habe ich nicht an Kasten gedacht!“ Was stimmte – für beide Gelegenheiten.
    „Aber jetzt denkst du daran? Das ist verständlich, aber kannst du nicht versuchen, deine Hemmungen für ein paar Stunden ad acta zu legen? Ich hätte bis zu Vieras Feier warten können, um mit dir zu sprechen, aber ich wollte dich gern vorher schon kennenlernen. Es ist doch angenehmer, auf dem Ball gleich einen Freund zu wissen, findest du nicht?“
    Taya warf ihm ein ängstliches Lächeln zu. „Ich glaube, Ihr könntet jeden glauben machen, er sei Euer Freund, Erhabener.“
    „Alister. Nenn mich bitte Alister – aber tu dir keinen Zwang an und lobe mich, soviel du willst, denn ich liebe Komplimente.“ Seine grünlichen Augen zwinkerten. „Hat man dir beigebracht, dass Diplomaten Erhabenen schmeicheln sollten?“
    „Nein, und ich bin auch noch keine Diplomatin. Ich habe meine Prüfung erst vor wenigen Wochen abgelegt. Vielleicht nehmen sie mich gar nicht.“
    „Dann wartest du also noch auf die Entscheidung der Auswahlkommission.“ Alister nickte verständnisvoll. „Wie ich es auf der Uni immer gehasst habe, auf die Examensnoten zu warten! Ich kann es nicht leiden, wenn eine Situation nicht klar umrissen ist. Ich hasse alles, was sich in der Schwebe befindet. Deshalb wollte ich dich auch kennenlernen. Mag sich ganz Primus fragen, was für ein Mensch du

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