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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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befahl Cassis Neffe mit stählerner Stimme. Der junge Mann hatte sich, das fertige Gewand über dem Arm, zu den beiden Frauen gesellt. „Dir bleibt keine Wahl. Cassi, ich nähe sie in das Kleid ein. Du musst sie heute nacht wieder rausschneiden. Nimm die rückwärtige Naht.“
    „Also keine Verführung durch einen wunderschönen Dekatur!“ Cassi mimte tiefe Trauer.
    Taya wurde knallrot.
    „Wenn du aus dem Kleid erst mal draußen bist, kommst du nicht wieder rein.“ Jayce dachte einen Augenblick lang angestrengt nach. „Allerdings ... wenn du in meinem Kleid einen Dekatur verführst, wäre das echt toll fürs Geschäft. Gut, du hast meine Erlaubnis! Aber für den Nachhauseweg musst du dir dann von ihm etwas zum Anziehen borgen, denn dein Kleid fällt wie gesagt aus, und um der Herrin willen: Bring mir sämtliche Reste mit, die du noch retten kannst!“
    „Ich habe nicht vor, irgend jemanden zu verführen!“ Taya spürte genau, wie ihre Wangen immer heißer wurden.
    „Ich schlafe heute in deinem Bett“, warnte Cassi sie. „Ich kriege mit, wenn du nicht heimkommst, und dann will ich jedes Detail hören.“
    „Für wen hältst du mich eigentlich?“
    „Für eine Frau, die schon lange ohne Sex auskommen muss“, bemerkte Cassi spitz. „Pyke und du, ihr seid doch in der Frage nicht weitergekommen.“
    Taya holte tief Luft. „Hast du das von ihm? Ich bringe den Kerl um!“
    „Aha! Aha! Dann stimmt es also?“
    „Cassi!“
    „Ich wollte nur auf Nummer Sicher gehen“, meinte ihre Freundin befriedigt. „Ich will nicht mit jemandem schlafen, mit dem du schon geschlafen hast. Das wäre irgendwie – billig, finde ich.“
    „Meine Damen!“, zischte Jayce. „Noch zwei Stunden bis zur Feier. Eure Affären könnt ihr durchhecheln, während ich nähe.“
    Eine Stunde vor Festbeginn stand Taya vor einem großen Spiegel und fürchtete sich mehr als während der gesamten Rettungsaktion hoch in den Lüften.
    „Ich wage nicht, mich zu rühren!“, stöhnte sie verzweifelt.
    Jayce und seine Leute hatten beschlossen, sie ganz in Lilienweiß und Gold zu hüllen. „Erhabene tragen alle Farben der Juwelen“, hatte Jayce befunden. „Ich will, dass du dich von ihnen abhebst.“ Die obere Hälfte des Kleides bestand aus einer engen, tief ausgeschnittenen Hülle, die sich einer zweiten Haut gleich um Tayas Brust und Taille spannte. Unterhalb der Hüfte wurde das Kleid weiter, um in einem geschlitzten Rock zu enden, der ihr genug Beinfreiheit zum Gehen ließ. Ein Korsett sorgte dafür, dass sie sich kerzengerade halten musste, und ließ ihre Taille um zwei Zentimeter schrumpfen. Die Brüste wurden nach oben und nach vorn gedrückt; beim ungewohnten Anblick des Ausschnitts musste Taya heftig blinzeln. Vielleicht war sie ja doch gar nicht so flachbrüstig, wie Jayce behauptete? Atmen kam jetzt natürlich nicht mehr in Frage, aber unter dem Strich, befand sie, war das eigentlich kein schlechter Tausch.
    Jayce hatte seine Kreation mit einem zarten, durchgehenden Streifen aus goldumrandeten weißen Federn bestickt, der sich um den unteren Saum schlängelte, um dann über eine Hüfte hinauf zwischen den Brüsten hindurch, bis hoch zur Schulter zu steigen. Die Träger des Kleides waren so dünn, wie er es trotz der Wunde auf ihrer Schulter hatte wagen können, und Tayas Arme waren nackt.
    Taya drehte sich um und bewunderte ihr Spiegelbild über die Schulter hinweg. Hinten wand sich die feine Linie aus Federn bis zur Taille, wo sie den Kreis um ihren Körper vollendete. Sobald Taya sich bewegte, bewegten sich auch die Federn, rieben sich aneinander, strichen ihr über den entblößten Arm. Ein seltsames, jedoch nicht unangenehmes Gefühl. Jayce hatte darauf bestanden, dass sie lange, weiße Handschuhe trug, damit man die Schürfwunden auf ihren Knöcheln nicht sah und damit die nackten Oberarme noch besser zur Geltung kamen. Es war ihm gelungen, hohe Schnürstiefel aus weichem Leder aufzutreiben, die auf elegante Weise an die weit profanere Fußbekleidung eines Ikarus denken ließen, und er hatte auch diese Stiefel seitlich mit einem feinen Streifen aus weißen Federn ausgestattet.
    „Ungewöhnlich! Ein bisschen kühn“, verkündete Jayce nun, als er die Stiefel an Tayas Füßen sah. „Man kann gut darin tanzen, und das Leder kaschiert deine Waden.“
    „Was ist denn jetzt mit ...“
    „Muskeln sind nicht damenhaft.“ Cassi verdrehte die Augen. „Scher dich nicht um unseren Jay-Jay, er mag seine Frauen rund und

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