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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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sein, dann konnte das Alisters Stellung als Ratsmitglied gefährden.
    „Taya Ikara?“ Caster Octavus war in die Eingangshalle getreten. „Viera sagt mir, dass du dich verabschieden willst?“
    Taya hatte Mühe, ihre Gedanken auf etwas anderes zu richten als das, was ihr durch den Kopf ging. Rasch verneigte sie sich, die Hand an der Stirn.
    „Ich muss mich bei Euch entschuldigen, Erhabener, dass ich jetzt schon aufbreche, aber wir Ikarier stehen früh auf.“
    „Das verstehe ich. Ich danke dir sehr für deinen Besuch und möchte mich noch einmal für deine tapfere Rettung bedanken.“ Er griff mit beiden Händen nach ihrer Rechten. „Die Familie Octavus steht in deiner Schuld. Wir werden das nicht vergessen.“
    „Ich betrachte die Schuld längst als beglichen!“, protestierte Taya. „Das Fest heute abend – ich hätte mir nie träumen lassen, zu so etwas einmal geladen zu sein.“
    „Sei nicht albern. Heute abend war nur unser öffentlicher Dank an dich.“
    Taya sah ihn an. Der weißhaarige Dekatur hielt immer noch ihre Hand fest und wirkte so, als sei es ihm ganz ernst mit seinen Worten. Hier, wurde ihr klar, ging es um mehr als gute Manieren. Der Erhabene Octavus gab ihr ein Versprechen.
    Sie entzog ihm ihre Hand, um sie sich in einer erneuten Verbeugung an die Stirn zu legen.
    „Ich danke Euch, Erhabener.“
    Zu ihrer Überraschung erwiderte er ihre Verneigung, kaum hatte sie sich aufgerichtet.
    „Sicheren Flug, Ikarierin.“
    „Ja, aber nicht heute nacht“, fügte Viera hinzu, die gerade ebenfalls die Eingangshalle betreten hatte. „Unsere Droschke wartet draußen.“ Ein Diener war ihr gefolgt, Tayas geborgtes Samtcape und einen schweren Pelzumhang über dem Arm. „Ein Mantel aus Federn wäre angemessener, dürfte allerdings kaum praktisch sein. Ich möchte dir den Pelz hier schenken, in der Hoffnung, er möge dich jetzt und in noch vielen kommenden Wintern warmhalten.“
    Tayas Finger versanken förmlich in den dicken Streifen aus Biberfell, jeder einzelne mehr wert als der Monatslohn eines Ikariers. Sie hatte schon den Mund geöffnet, um zu protestieren, schloss ihn aber wieder, als sie den Ausdruck in Vieras Gesicht sah.
    „Du gestattest?“ Alister nahm ihr den Umhang ab, um ihn ihr umzulegen. Der Pelz war mit weichem Hirschleder gefüttert, das sich auf ihrer Haut wunderbar warm anfühlte. Alister betrachtete das Ganze mit gespieltem Missfallen. „Es stimmt schon, Cousinchen, das Braun passt phantastisch zu Tayas Haar, aber dem Kleid verhilft dein Umhang nun gerade nicht zur Geltung. Taya sieht ja aus wie ein demikanischer Häuptling, gar nicht mehr wie meine Schwanenkönigin.“
    Taya schenkte dem Spott einfach keine Beachtung. Begeistert streichelte sie mit beiden Händen die warmen Felle. Wahrscheinlich stammten sie wirklich aus Demikus!
    „Wie wunderschön er ist!“, stammelte sie überwältigt. „Ich weiß gar nicht, zu welcher Gelegenheit ich ihn tragen kann.“
    „Trag ihn, wenn du auf den Markt gehst, und überallhin sonst.“ Viera streckte die Hand aus, um liebevoll den Kragen am Hals zu schließen. Taya schielte nach dem Verschluss: Er trug die Insignien der Familie Octavus. „Gute Nacht, Taya Ikara“, verabschiedete sich Viera, „und immer sicheren Flug.“
    „Gute Nacht, Erhabene.“ Taya ließ sich das Samtcape, in dem sie gekommen war, über den Arm legen. Der Pelz lastete schwer auf ihren Schultern, aber es war ein warmes, beruhigendes Gefühl.
    Die Erhabenen begleiteten sie noch bis zur Kutsche und winkten, als sie davonfuhr. Taya sah aus dem Fenster, bis die Lichter des großen Anwesens hinter einer Kurve verschwunden waren, ehe sie den Vorhang fallen ließ und sich fest in den neuen Mantel hüllte.
    Pins . Der Name wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Nachdenklich starrte sie ins Dunkel der Kutsche. „Morgen früh suche ich nach dieser Pins, und ich werde auch versuchen, die Zerrissenen Karten aufzuspüren. Für die Familie Octavus – und für Alister.“
    ***
    „Pins?“ Pyke ließ die Zeitung sinken und musterte Taya mit zusammengekniffenen Augen. „Warum willst du das wissen?“
    „Gestern auf der Feier hat jemand etwas erworben, das von ihr stammte, und ich wüsste gern, was es war.“ Taya wärmte sich die Hände an einem Becher Tee. Es war schon der zweite an diesem Morgen. Cassi, die auf sie gewartet hatte, als sie nach Hause kam, hatte sie eine Stunde lang mit Fragen nach der Feier bombardiert, begierig, auch noch die kleinste Einzelheit zu

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