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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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sehr, dein Schneider ist eine Frau.“
    Taya rückte von ihm ab, ehe sich seine Finger zu weit hinunterwagen konnten. „Nein. Aber er findet mich sowieso zu knabenhaft und gar nicht attraktiv.“
    „Nur ein Verrückter könnte dich als knabenhaft bezeichnen.“
    Taya strahlte – schön, das zu hören, selbst wenn es vielleicht nur Schmeichelei war. „Würdet Ihr mich einen Augenblick entschuldigen? Ich muss ... nach meiner Frisur sehen.“
    „Natürlich. Da drüben.“ Er zeigte ihr den Weg und verschwand in der Menge.
    Die große Eingangshalle war leer, wirkte aber mit ihren vielen Kerzen und der schier endlosen Zahl der Spiegel noch fast so belebt wie bei ihrer Ankunft. Die Vordertür stand offen. Taya warf einen raschen Blick auf die Tür zu dem Raum, in den Damen sich zurückziehen konnten, ehe sie sich rasch entschlossen umwandte, um das Haus zu verlassen. Eigentlich brauchte sie die Damentoilette gar nicht, sie wollte nur kurz allein sein, sich sammeln, ehe Alisters Annäherungsversuche noch indiskreter und konkreter wurden.
    Hohe Mauern und das große Eisentor schotteten das Grundstück der Familie Octavus gegen die hell erleuchtete Straße ab, aber um die breite Vorderveranda des Hauses zog sich ein Saum aus kleineren Laternen, die auch hier eine festliche Stimmung verbreiteten. Die kalte Nachtluft ließ Taya zittern. Sie lehnte sich gegen die Verandabrüstung. Schon bald spürte sie, wie die Spannung aus ihren Schultern wich. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie unsicher und angespannt sie sich trotz Alisters charmanter Bemühungen auf dem Fest gefühlt hatte.
    Oder vielleicht gerade wegen dieser Bemühungen ...
    Seufzend sah sie auf. Wie schön wäre es jetzt, hoch am Himmel, vor dem Hintergrund von Mond und Sternen, die Silhouette eines Ikariers zu entdecken! Aber der Nachthimmel blieb leer.
    „Das bin nicht ich“, dachte Taya, während sie mit leisem Bedauern zu den Sternen hochsah. „Ich bin nicht dazu bestimmt, elegante Kleider zu tragen und mit feschen Erhabenen zu flirten. Die Herrin hat mich geschmiedet, damit ich Leder und Ondium trage und den Wind reite.“
    Nichts, aber auch gar nichts hinderte sie daran, sich mit Alister Forlore zu vergnügen. Nichts außer ihrem eigenen Gefühl der Unsicherheit. „Liegt es daran, dass er so weit über mir steht?“ Das war eine Möglichkeit. Ganz gleich, was Cristof behauptete: Ikarier standen mitnichten vollkommen außerhalb der Kastenhierarchie. Nicht, solange Erhabene die Stadt regierten und ihnen die Flügel der Ikarier gehörten!
    Vielleicht sollte sie wirklich ein Flügelpaar ausleihen und Alister mit hinauf nehmen. Sobald sie sich in ihrem eigenen Element befand, spielten die Kastenunterschiede bestimmt keine Rolle mehr.
    „Vielleicht bin ich auch zu alt für flüchtige Affären.“ Taya hatte nie so sorglos geliebt wie Cassi und einige andere Ikarier ihrer Bekanntschaft. Deswegen hatte sie auch nicht mit Pyke schlafen wollen. Er war lieb und gut zu ihr gewesen, und doch schien es ihr nicht der Mühe wert, etwas anzufangen, was von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
    „... habe sie von Pins!“, flüsterte jemand heiser. Aufgeschreckt wandte Taya den Blick in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Drei Männer standen in den Schatten des tiefergelegenen Gartens neben einer niedrigen Marmorbank. Im schwachen Lampenlicht erkannte Taya ein kleines Päckchen aus Metall, das den Besitzer wechselte. Der Mann, der es entgegengenommen hatte, schob es sich hastig ins Sakko. Taya biss sich auf die Lippen, als sie die silbrigen Ringe um seine Augen erkannte.
    „Ihr hättet nicht kommen sollen. Ich hätte doch ...“ Cristof sprach nicht weiter, als einer der anderen beiden, der Taya entdeckt hatte, einen Warnlaut von sich gab.
    „Entschuldigt!“, sagte sie, indem sie von der Brüstung zurücktrat. „Ich wusste nicht, dass außer mir noch jemand hier ist. Ich wollte nur ein wenig frische Luft schnappen.“
    „Seht ihr!“, fuhr Cristof die beiden Männer leise an, ehe er sie mit einer verärgerten Geste fortscheuchte. Ehe sie verschwunden waren, erhaschte Taya noch einen Blick auf ihre Gesichter. Keiner der beiden trug eine Maske, es waren also keine Erhabenen, sondern Männer aus den unteren Kasten. Ein Kastenzeichen konnte sie nicht entdecken, dazu war es denn doch zu dunkel.
    Cristof sah zu ihr hoch. „Warte bitte einen Moment, Taya Ikara.“
    „Tut mir leid. Es ist sehr kalt!“ Taya wurde immer nervöser. „Ich gehe lieber wieder

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