Das mechanische Herz
es mit Viera diskutiert hat, könnten seine Hausdiener davon wissen. Ich will wirklich nicht die unteren Kasten für den Terrorismus verantwortlich machen, aber warum sollte ein Erhabener mit den Zerrissenen Karten zusammenarbeiten? Wir sind in unsere Kaste geboren, um Ondinium zu beschützen, nicht, um es zu zerstören, und die Große Maschine zu zerstören ist gleichbedeutend mit einer Zerstörung der Stadt.“
„Aber was ist, wenn ...“ Taya zögerte, mochte nicht weiterreden.
„Was ist, wenn ... was?“, drängte er nach einer Weile.
„Letzte Nacht auf dem Ball habe ich einige Männer reden hören, und sie haben den Namen Pins erwähnt. Sie sprachen zu einem Erhabenen.“
Alister sah sie fragend an.
„Zu wem?“
„Ich wollte nichts sagen, weil ich nicht wusste, ob etwas Unerfreuliches vor sich geht.“ Taya fühlte sich hundeelend. „Aber jetzt, wo Pins tot ist ... eventuell hat sie einer der Männer getötet, die ich sah. Ich weiß es nicht. Ich kann mich irren. Aber ich muss meinen Verdacht melden, oder?“
„Ja – ich glaube, das solltest du. Erzähl es mir, Taya, und ich verspreche dir, ich werde im stillen eine Untersuchung durchführen und deinen Namen heraushalten. Niemand wird etwas gegen dich unternehmen, falls du mit deinem Verdacht unrecht hattest.“
„Ich hoffe, ich habe mich geirrt!“ Sie holte tief Luft. „Denn die beiden haben sich mit Eurem Bruder unterhalten.“
„Cris?“
„Es hörte sich an, als hätte er das Sagen.“ Die Nacht, als in der Raffinerie die Sprengladung hochging, wollte sie lieber nicht erwähnen. Auch nicht die Pläne der Drahtfähre, die sie in Cristofs Geschäft gesehen hatte. Gut – sie hatte bei beiden Dingen einen Verdacht gehegt, aber Cristofs Rechtfertigungen schienen einleuchtend zu sein. Diesmal jedoch ... Pins war tot. Sie selbst war Zeugin gewesen, als Cristof das Päckchen entgegennahm, und hatte in diesem Zusammenhang Pins Namen gehört. Das konnte sie nicht für sich behalten.
Sie beschrieb ganz genau, was sie auf dem Ball gesehen und gehört hatte.
„Es tut mir wirklich leid“, sagte sie abschließend mit leiser, bedrückter Stimme. „Vielleicht ist alles auch nur ein Zufall.“
Alister stand vollkommen reglos, sein schönes Gesicht so bar jeden Ausdrucks wie die Maske am Boden.
„Ich hätte nie gedacht, dass es mein Bruder sein könnte!“, sagte er endlich.
„Ich weiß nicht, ob er etwas mit dem Mord zu tun hat! Es könnte auch Zufall sein. Bestimmt hat er eine gute Erklärung für das Treffen!“
Wieder breitete sich tiefes Schweigen aus. Alisters reglose Miene wich langsam einem Ausdruck des Staunens.
„Ich wusste, er war zornig, als er nach Tertius zog, aber ich hätte es nie und nimmer für möglich gehalten, dass er zu so etwas fähig ist. Chronometer in Ordnung bringen – ja, das schon, das war immer seine Sache. Aber jahrelang so zu tun, als sei er etwas, was er gar nicht ist ...“
„Dann glaubt Ihr also, er war an den Attentaten beteiligt?“
Alister schien sich selbst wachrütteln zu müssen. „Nein. Nein, ich glaube nicht, dass er etwas damit zu tun hat. Ich rede mit ihm, Taya, er ist doch mein Bruder. Unsere Eltern sind tot, Cris und ich haben nur noch einander. Es muss ein Irrtum sein. Oder vielleicht ist ihm unklar, wo er da reingeraten ist. Cris ist in der Lage, sich so auf seine Arbeit zu konzentrieren, dass er gar nicht mitbekommt, was andere Menschen um ihn herum treiben. Er könnte völlig unschuldig in etwas verwickelt worden sein, das er gar nicht überblickt, und wenn er nicht unschuldig ist ...“ Alister starrte den Chronometer auf seinem Tisch an. „Dann muss ich es den Liktoren sagen. Taya?“
„Was?“
„Halte dich von ihm fern.“ Alister sah ihr direkt in die Augen. „Er weiß, dass du ihn gehört hast. Wenn er etwas mit den Zerrissenen Karten zu tun hat, dann droht dir vielleicht Gefahr. Ich will nicht, dass dir etwas zustößt. Das wäre das Einzige, was ich ihm nicht vergeben würde.“
Taya wurde ganz warm bei seinen Worten – ein Gefühl, für das sie sich sofort schuldig fühlte.
„Ich werde ihm aus dem Weg gehen“, versprach sie.
„Gut.“ Er griff nach ihrer Hand. Seine Finger waren zur Abwechslung einmal kalt, und sie meinte zu spüren, wie sie zitterten. „Danke, dass du mir alles erzählt hast und es mir überlässt, mich darum zu kümmern. Cris und ich haben unsere Differenzen, aber er bedeutet mit sehr viel.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Das
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