Das mechanische Herz
dieser Gewaltbeziehungen verhindern kann, dann ist es die Zeit wert, die ich hineingesteckt habe.“
Taya war betroffen. So erregt hatte sie Alister noch nie erlebt. Vielleicht bestand er ja doch nicht nur aus einem hübschen Gesicht und einem beträchtlichen Talent zum Flirten.
„Wie wollt Ihr feststellen, ob das Programm funktioniert?“
Er holte tief Luft.
„Einfach wird das nicht. Bisher haben wir nur Simulationen laufen lassen, auf der Basis früherer Fallstudien. Was wir, sollte der Rat zustimmen, als nächstes planen, ist ein Freiwilligenprogramm. Paare können sich melden, wir lassen ihre Lochkarten durchlaufen und überwachen ein, zwei Jahre lang ihre Beziehungen. Die Erfolge beziehungsweise Misserfolge der am Experiment beteiligten Paare vergleichen wir dann mit denen einer Kontrollgruppe, die ohne den Rat der Maschine auskommen musste. Sollten wir feststellen, dass es einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen gibt, der beweist, dass der Rat der Maschine eine positive Auswirkung auf Zustandekommen und Verlauf einer Ehe hat, dann können wir uns daranmachen, das Programm zu verfeinern und ausreifen zu lassen. Noch läuft das mechanische Herz schleppend. Aber mit der Zeit – und besonders dann, wenn der neue Maschinenprototyp sich bewährt – sollten wir eigentlich in der Lage sein, die Daten eines Paares innerhalb weniger Stunden zu verarbeiten.“
Taya schüttelte den Kopf.
„Was, wenn die Maschine mir sagt, dass die Ehe zwischen mir und meinem Liebsten nicht funktionieren kann, dieser Mensch aber derjenige ist, den die Herrin für mich bestimmt hat?“
Alister lachte. Er wirkte jetzt sichtlich entspannter.
„Gegen die Herrin der Schmiede kommt ein einfacher Mensch natürlich nicht an. Wenn eine Ehe geschlossen werden soll, dann wird sie geschlossen werden, ganz gleich, was das mechanische Herz in seiner rechnerischen Strenge dazu zu sagen hat. Es steht jedem frei, den Rat der Maschine in den Wind zu schlagen, wenn ihm das lieber ist.“
„Ihr meint wirklich, so etwas könnte funktionieren?“
„Ja.“ Alister reckte das Kinn. „Das glaube ich! Ich habe bei diesem Programm mein Bestes gegeben, habe es auf jede erdenkliche Weise getestet und glaube, dass es wirklich etwas bewirken kann. Natürlich muss es erst noch weiterentwickelt werden, aber wenn der Rat mir die Chance gibt, dann werden wir noch zu unseren Lebzeiten erleben dürfen, dass unglückliche Ehen und gebrochene Herzen ein Ding der Vergangenheit sind.“
Taya nickte, auch wenn es ihr nicht gelang, gewisse Vorbehalte aus ihrem Kopf zu verbannen. Wie konnte eine Maschine die Unwägbarkeiten des menschlichen Herzens vorhersagen?
„Wie dem auch sei!“ Alister beugte sich vor. „Jetzt verstehst du sicher, warum das Programm so heftig diskutiert wird. Das mechanische Herz ist ein kompliziertes Programm, es nimmt viel Zeit in Anspruch, es laufen zu lassen, und es wird noch einige Zeit vergehen, ehe die Stadt einen Nutzen davon hat. Einige Dekaturen finden es nicht wichtig genug, um eine Weiterentwicklung zu betreiben. Caster ging es auch so, bis ich ihm ein paar Daten vorlegte: über die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen, die es mit sich bringt, wenn Beziehungen zerbrechen und Kinder allein gelassen werden. Jetzt hat er seine Meinung geändert. Starke Ehen sorgen für eine stabile Gesellschaft, das ist eine Tatsache. Caster hat sich bereit erklärt, dem Testlauf zuzustimmen und unsere Daten nach einem Jahr noch einmal zu begutachten.“
„Könnten die Zerrissenen Karten seinen Meinungswechsel mitbekommen haben?“
„Möglich wäre es. Ihnen würde dieses Programm auf keinen Fall gefallen. Ihnen gefällt überhaupt nichts, was die Große Maschine tut.“ Alister schnaubte verdrießlich. „Wenn sie den Eindruck hatten, Caster würde in dieser Frage von ihrer Ansicht abweichen, dann wäre ihnen ein Mordversuch zuzutrauen. Allein schon, damit er nicht auch noch andere Dekaturen auf seine Seite zieht.“
„Aber woher hätten sie wissen können, dass der Dekatur Octavus seine Meinung geändert hat und anders abzustimmen gedenkt?“
„Gute Frage.“ Alister schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, mit wie vielen Menschen Caster über diese Sache gesprochen hat.“
„Er würde doch aber nur mit einem anderen Dekatur darüber reden, oder?“
„Jeder seiner Sekretäre könnte davon gewusst haben, oder eine Wache hat vielleicht mitgehört, als er sich über die Abstimmung unterhielt. Wenn er
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