Das mechanische Herz
regten sich weitere Flaggen im starken Wind, bestätigten die Nachrichten, die unten gegeben wurden.
Drahtfähre abgestürzt. Mit Passagieren an Bord.
Geschickt folgte Taya hoch in der Luft den Drehungen und Wendungen der eingestürzten Verbindung.
Drähte hingen schlaff in der Luft, wurden vom Wind gegen die Felsen gedrückt. Zwei Drahtfährentürme waren deformiert, die Klippe durch die Explosion geschwärzt. Überall auf den Felsen verteilt lagen Wrackteile.
Taya wurde ganz übel bei diesem Anblick. Vorsichtig ließ sie sich hinabsinken. Einer der anderen Ikarier winkte ihr mit den Flügeln einen Gruß zu: Cassi.
Die beiden Frauen schlossen sich zu einem Team zusammen und suchten im Zickzack fliegend die zerstörte Strecke ab. Andere Ikarier taten es ihnen gleich, während jeweils ein Team um die beschädigten Türme flog, um danach zu Boden zu gehen und den Arbeitern dort Bericht zu erstatten. Bei den Landebahnen der Ikarier wurden in aller Eile Trainingsflügel zurechtgemacht, um Signalgeber und Ingenieure hinauf zu den zerstörten Teilen der Drahtfähre zu befördern. Andere Ikarier, das wusste Taya von den Übungen her, hatten inzwischen höchstwahrscheinlich schon mit der Evakuierung des Turmes begonnen. Jetzt, da die Drahtfähre ausfiel, kam man dort nur noch mit Flügeln hinauf beziehungsweise hinunter.
Ein schrilles Pfeifen: das Signal dafür, dass etwas Wichtiges entdeckt worden war.
Die Luft über dem Bergrücken hatte sich in eine einzige, silberne, wirbelnde Masse aus Ikariern verwandelt. Taya schloss sich ihnen an, hielt sich niedrig, um nachzusehen, was gefunden worden war. Als sie wieder in die Höhe trieb, war ihr elend zumute.
Von der Drahtfährengondel war kaum mehr etwas übrig.
Taya ließ sich von einem Aufwind hoch in die Luft katapultieren. Sobald sie den aktiven Luftraum verlassen hatte, schloss sie einen Moment lang die Augen.
Das da unten hätten Viera und Ariq sein können.
Herrin! Wer sagte, dass es nicht Viera und Ariq waren? Bestürzt riss Taya die Augen auf, suchte nach den Signalgebern auf dem Turm. Die ließen gerade die Flaggen kreisen – es gab Neues zu berichten.
Zwei Passagiere.
Abwartend kreiste Taya über dem Turm. Bald hatten sich ihr erst drei, dann sechs weitere Ikarier angeschlossen, die wie sie gebannt auf die Flaggen starrten. Die zuckten hin und her, immer neue kamen hinzu. Tayas Herz tat einen Satz, als sie die Hausinsignien erkannte, die gerade an einem Signalmast hochgezogen wurden.
Octavus. Forlore.
Mit einem schrillen Schrei klappte Taya die Flügel zusammen, legte sie eng an und stürzte sich im freien Fall hinunter nach Primus.
***
Liktoren riefen Warnungen und sprangen hastig zur Seite, als Taya in letzter Sekunde die Flügel ausbreitete. Wild rückwärts schlagend, kam sie gefährlich nah an der Mauer des Anwesens auf, setzte mit einigen ungeschickten, hastigen Sprüngen über das Kopfsteinpflaster und kam zum Stehen. Man hatte die Straße vor dem Haus in ein Krisenzentrum verwandelt. Überall stand schweres Bergungs- und Wartungsgerät, ständig schleppten Drahtfähren und Lieferwagen neue Gerätschaften heran. Ingenieure hatten auf dem Boden einen Plan der Fährenverbindung zum Turm ausgebreitet, über den sie sich jetzt beugten, wobei sie alle Hände voll damit zu tun hatten, die Karte am Fortfliegen zu hindern. Nach wie vor fegte der Herbstwind in scharfen Böen. Signalgeber entzifferten die Nachrichten, die von weiter oben kamen, und gaben sie an die Liktoren und Handwerker weiter. Soldaten hatten ein Seil über die Straße gespannt, das sie nun bewachten, um die zahlreichen Gaffer in Schach zu halten.
„Was gibt es?“, erkundigte sich ein Liktor, der an Taya herangetreten war, während sie ihre Flügel hoch über dem Kopf einrasten ließ. „Eine weitere Leiche?“
„Ich weiß, wer die Bombe gelegt hat!“ Taya bebte vor Wut und Anspannung. „Ich weiß, wer die beiden getötet hat! Cristof Forlore, Alisters Bruder. Er ist der Mörder!“
„Der Erhabene?“ Auf dem Gesicht des Liktors zeichnete sich tiefe Verblüffung ab. „Aber das ist unmöglich!“
„Von wegen unmöglich! Der Mann hat Pins getötet! Alister hatte das herausgefunden, deswegen hat sein Bruder ihn umgebracht, damit man ihm nicht auf die Schliche kommt.“
„Aber der Erhabene Forlore ist hier bei uns.“ Der Liktor blickte Taya an, als hätte sie den Verstand verloren. Er deutete auf jemanden hinter ihr.
Taya wirbelte herum. Eine Sekunde lang wollte ihr das
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